Anschlagspläne auf CentrO in Oberhausen Polizei nimmt Terrorverdächtige in Duisburg fest

Oberhausen · Spezialeinheiten haben in den Duisburger Stadtteilen Marxloh und Bruckhausen Wohnungen durchsucht und zwei Männer festgenommen. Sie werden verdächtigt, einen Anschlag auf das CentrO in Oberhausen geplant zu haben. Am Donnerstagabend hatte es einen Großeinsatz der Polizei an dem Einkaufszentrum gegeben.

Anschlag befürchtet: Polizeieinsatz im CentrO Oberhausen
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Polizeieinsatz im CentrO Oberhausen - Anschlag befürchtet

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Bei den beiden festgenommenen Männern handelt es sich um ein Brüderpaar, das im Kosovo geboren wurde. Die Männer sind 28 und 31 Jahre alt und stehen im Verdacht, einen Anschlag auf das CentrO in Oberhausen vorbereitet zu haben. Die beiden wurden am Freitag gegen 00.45 Uhr in Duisburg-Marxloh in Gewahrsam genommen. Weitere Einzelheiten zu den Männern konnte die Polizei zunächst nicht machen.

Nach Informationen unseres Reporters Christian Schwerdtfeger hatten Beamte im Duisburger Stadtteil Marxloh zwei Autos und eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus durchsucht und im Stadtteil Bruckhausen ebenfalls eine Wohnung. Dabei sollen, wie der Rechercheverbund WDR, NDR und "Süddeutsche Zeitung" berichtet, zahlreiche Datenträger beschlagnahmt worden sein.

Hinweis aus Sicherheitskreisen

Die Polizei geht nach ihren ersten Ermittlungen nicht davon aus, dass ein Anschlag unmittelbar geplant war. Der Staatsschutz der Essener Polizei ermittelt nach Angaben der Polizei mit Hochdruck, wie weit die Vorbereitungen für einen möglichen Anschlag schon vorangeschritten waren und ob weitere Personen daran beteiligt sind. Dabei werden sie von Kriminalbeamten unterstützt. Es gebe einen Anfangsverdacht, dem man nun nachgehe, sagte ein Sprecher der Polizei Essen am Freitagmorgen unserer Redaktion. Sollte sich dieser erhärten, werde die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

Die Brüder befänden sich in Gewahrsam und würden vernommen. Die Ermittler prüfen, ob sie Haftbefehle beantragen. Wie die Polizei mitteilte, bleiben die beiden mit Beschluss ds zuständigen Richters zunächst bis Samstag in Gewahrsam.

Der Rechercheverbund von WDR, NDR und "Süddeutsche Zeitung" berichtet derweil, die Verdachtsmomente gegen die beiden Brüder seien gravierend, der Bundesverfassungsschutz habe deren Telefongespräche abgehört. Die Ermittler hätten offenbar eine so schwere Bedrohung konstatiert, dass sie ein sofortiges Eingreifen für erforderlich hielten. Beide Männer hätten sich in den salafistischen Kreise von Duisburg bewegt.

Anwohner Markus Hockenbrink, der in dem Haus in Marxloh wohnt, sagte unserem Reporter, er habe in der Nacht noch mit einem Kollegen Musik in seiner Wohnung gehört, als er draußen Krach bemerkt habe. Beim Blick aus dem Fenster habe er Polizei und SEK-Einsatzkräfte gesehen.

Als er anschließend in den Hausflur gegangen sei, seien ihm die Beamten entgegengekommen und hätten ihn zurück in die Wohnung geschickt. Zu den beiden Verdächtigen konnte er nicht viel sagen, außer dass es mit der betreffenden Familie "immer wieder Ärger" gegeben habe. Er beschreibt sie als Muslime.

Zusätzliche Einsatzkräfte am CentrO

Die Einsatzleitung der Polizei in Essen hatte am Donnerstag einen entsprechenden Hinweis aus Sicherheitskreisen erhalten. Einen Bericht der "Bild"-Zeitung, wonach der Hinweis vom Verfassungsschutz kam, wollte der Polizeisprecher nicht kommentieren.

Gegen 18 Uhr wurden zusätzliche Polizeikräfte im Bereich des CentrO Oberhausen und des angrenzenden Weihnachtsmarktes zur Gefahrenabwehr aufgeboten. In ziviler Kleidung und in Uniform kontrollierten sie im Umfeld, deutlich sichtbar für Besucher und Kunden.

Das CentrO ist eines der größten Einkaufs- und Freizeitzentren Europas. Auf zwei Etagen sind dort rund 250 Geschäfte vertreten. Wegen des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in Berlin sind die Sicherheitskräfte in Deutschland, aber auch in anderen westlichen Ländern in besonderer Alarmbereitschaft.

Zu den Gründen des Polizeieinsatzes in Oberhausen hatte sich die Polizei am Abend — vor den Festnahmen — noch nicht äußern wollen. Auf Anfrage unserer Redaktion sprach die Essener Polizei noch allgemein von einer "angespannten Sicherheitslage". Auch bei Twitter nahm die Polizei allgemein Bezug auf eine geänderte Sicherheitslage nach dem Anschlag von Berlin.

Die Polizei lief in Sechser- und Achtergruppen mit Maschinenpistolen auf dem Weihnachtsmarkt Streife und befragte Passanten. Die Besucher des Weihnachtsmarkts verhielten sich ruhig und normal.

Nach 22 Uhr begann die Polizei damit, ihre Kräfte vor Ort sichtbar zu reduzieren.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) lobte das Vorgehen der Polizei an den beiden Schauplätzen. "Die NRW-Polizei hat gestern in Duisburg und Oberhausen schnell und entschlossen gehandelt. Jetzt müssen die Ermittlungen mit Hochdruck vorangetrieben werden, um alles über die Pläne der Festgenommenen und mögliche Hintermänner herauszufinden", teilte Jäger in Düsseldorf mit.

Oberbürgermeister Sören Link will sich auf Anfrage unserer Redaktion vorerst nicht zu den Festnahmen äußern. Der CDU-Ratsvorsitzende und Rechtsanwalt Rainer Enzweiler, der eine Kanzlei in Marxloh hat, sagte unserer Redaktion: "Ich war von dieser Nachricht erschüttert. Im Fernsehen sieht man immer die Bilder, und dann werden direkt vor meiner Haustür Terrorverdächtige verhaftet."

Als nach den Anschlägen in Paris ein Hassprediger in einer Hinterhofmoschee auftreten sollte, "was wir mit unserem Protest ja noch rechtzeitig verhindern konnten", das sei für ihn schon erschreckend gewesen. "Aber dass zwei Duisburger geplant haben sollen, im CentrO einen Anschlag zu verüben, das ist einfach unfassbar."

Keine Verbindung zur Fahndung nach Anis Amri

Der Duisburger Bundestagsabgeordnete Thomas Mahlberg (CDU) ist der Ansicht, "dass wir zunächst mal abwarten sollten, was die Polizei über die beiden Festgenommenen herausfindet". Sollten die Ermittlungen ergeben, dass die Brüder tatsächlich einen Terroranschlag im CentrO verüben wollten, "dann gilt den Ermittlungsbehörden Lob, weil sie das verhindert haben". Leider habe sich hier aber wieder einmal gezeigt, dass "Marxloh ein Problemstadtteil ist. Und zwar in vielfacher Hinsicht".

Die Festnahmen in Duisburg stehen nach Polizeiangaben nicht in Verbindung zum Fall Amri. "Es gibt keinen Zusammenhang außer dem terroristischen Hintergrund", sagt ein Sprecher der Polizei in Essen der Nachrichtenagentur Reuters.

mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters.

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