Immer mehr scheitern in der Fahrschule "Bitte die nächste Möglichkeit rechts"

Düsseldorf · Immer mehr Fahrschüler in NRW fallen durch die theoretische und praktische Prüfung. Fahrlehrern zufolge liegt das vor allem an der Motivation: Es werde zu wenig gelernt, für viele sei der Führerschein zudem nicht mehr so wichtig.

 Ana Weigandt ist seit Oktober in der Fahrschule angemeldet und am Freitag zum ersten Mal Auto gefahren.

Ana Weigandt ist seit Oktober in der Fahrschule angemeldet und am Freitag zum ersten Mal Auto gefahren.

Foto: Anne Orthen

Ana Wiegandt ist erleichtert. Soeben ist sie zum ersten Mal Auto gefahren - und alles hat gut geklappt. Die Düsseldorferin macht gerade ihren Führerschein. Seit dem vergangenen Herbst ist sie bei der Fahrschule angemeldet, gestern fand die erste Fahrstunde statt. Die Theorieprüfung hat Wiegandt noch nicht abgelegt. Bis Oktober will sie den Führerschein in der Tasche haben. Schneller gehe das momentan einfach nicht, sagt die 21-Jährige: "Ich arbeite als Schichtleiterin in einem Restaurant, da habe ich nicht mehr Zeit fürs Lernen und für Fahrstunden."

Eigentlich könnte Wiegandt schon seit drei Jahren Auto fahren. "Im Abitur hatte ich für die Fahrschule aber keine Zeit." Und danach habe sie die Anmeldung immer wieder verschoben. Jetzt ist sie durch den Studienbeginn im Oktober voll motiviert - und will auf keinen Fall durchfallen. Die Sorge ist nicht unberechtigt: In Nordrhein-Westfalen scheitern laut Angaben des Kraftfahrtbundesamtes immer mehr Fahrschüler an der Führerscheinprüfung. 35 Prozent Durchfallquote waren es 2017 in der Theorie, knapp 29 Prozent in der Praxis. Beim Autoführerschein sind die Quoten sogar noch höher: Bundesweit fielen 2017 44 Prozent der Fahrschüler durch die theoretische und fast 40 Prozent durch die praktische Fahrprüfung.

"Es wird schlicht viel zu wenig gelernt"

Dass mangelnde Deutschkenntnisse für schlechte Ergebnisse in der Theorie verantwortlich sein sollen, glauben viele Fahrlehrer nicht. Quatsch, sagt zum Beispiel Heinz Krupp, der seit 42 Jahren als Fahrlehrer in Düsseldorf arbeitet. Die theoretische Prüfung könne in allen europäischen Sprachen plus Arabisch abgelegt werden. "Außerdem ist schon vor 30 Jahren ein Drittel der Fahrschüler durchgefallen." Ähnlich sieht das Michael Blandow von der Krefelder Fahrakademie Nilges. Er hat für die vielen gescheiterten Prüfungen eine einfache Erklärung: "Es wird schlicht viel zu wenig gelernt." Seit zehn Jahren unterrichtet Blandow Fahrschüler. "Denen sage ich: eine halbe Stunde pro Tag reicht, aber das Interesse muss da sein."

Genau dieses fehle aber bei vielen Fahrschülern. "Als ich 1994 den Führerschein gemacht habe, wollten den alle direkt mit 18 Jahren haben", sagt Blandow, "heute ist das anders, das Auto hat einen niedrigeren Stellenwert." Diese Erfahrung hat auch Frank Schulten, Inhaber einer Weseler Fahrschule, gemacht. Das falle nicht nur bei den Durchfallquoten auf, sondern auch bei der Geschwindigkeit, mit der die Fahrschüler ihre Stunden absolvierten. Viele Fahrschüler quälten sich regelrecht bis zum Führerschein, manche brauchten allein für die Theorie fast ein ganzes Jahr. "Da fehlen Drang und Lernmotivation."

"Auf den Schulterblick achten"

Bei der Praxis liegt es Schulten zufolge dagegen auch am Fahrlehrer, den Schüler möglichst gut auf die Prüfung vorzubereiten - und nicht zu früh zuzulassen. Viele Prüflinge überschätzten ihre Fähigkeiten, dazu kämen Konzentrationsschwierigkeiten und motorische Defizite. "Das schlägt sich in mehr Fahrstunden und einer hohen Durchfallquote nieder", so Schulten. Laut Heinz Krupp ist aber auch das nicht unbedingt neu: "Wer weniger Talent zum Fahren hat, muss eben mehr üben."

"Auf den Schulterblick achten", "Die Kupplung langsam kommen lassen" und "Bitte die nächste Möglichkeit rechts abbiegen" - solche Sätze wird Ana Wiegandt künftig häufiger hören. Nach ihrer ersten Fahrstunde ist die Düsseldorferin optimistisch und trotzdem besorgt. Denn viele Freunde hätten von schlechten Erfahrungen erzählt. Einige seien sogar durch beide Prüfungen gerasselt. Teils seien sie zu nervös gewesen, teils aber auch einfach zu faul. "Ich kenne Leute, die haben kaum gelernt und dachten, sie probieren das einfach mal aus", sagt die 21-Jährige. Das funktioniere aber nicht: "Das ist wie im Abitur, da muss man sich eben einfach mal hinsetzen und lernen."

(RP)
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