Verkehrskontrollen in NRW Minister Jäger wehrt sich gegen Kritik an neuem Blitzmarathon

Düsseldorf · Für die Ankündigung, im April erneut am europaweiten Blitzmarathon teilzunehmen, erntet NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) heftige Kritik. Opposition und Gewerkschaften bezweifeln die Nachhaltigkeit der Aktion und wähnen die Polizeibeamten bereits am Rande ihrer Leistungsfähigkeit.

 Minister Jäger wehrt sich gegen Kritik an seiner Entscheidung.

Minister Jäger wehrt sich gegen Kritik an seiner Entscheidung.

Foto: dpa, mjh cul fg

Bei einer Pressekonferenz am Dienstagmorgen sah sich Innenminister Ralf Jäger bestätigt. "Nach dem jüngsten Blitzmarathon war die Durchschnittsgeschwindigkeit an den Messpunkten zwei bis drei Stundenkilometer niedriger, das entspricht einem Rückgang von etwa 15 Prozent bei den Verkehrstoten", sagte Jäger und berief sich dabei auf eine Auswertung der RWTH Aachen, die am Dienstagvormittag vorgestellt wurde.

Dieser Effekt halte nach einem Blitzmarathon bis zu drei Wochen an. Das Institut für Straßenwesen hatte im Auftrag des Innenministeriums vor, während und nach dem vergangenen Blitzmarathon im April das Verhalten von Autofahrern an mehreren Messpunkten im Kölner Stadtgebiet untersucht.

Daher kündigte Jäger umgehend auch an, auch am nächsten europäischen Blitzmarathon, der am 21. oder 22. April 2016 stattfinden soll, wieder teilnehmen zu wollen.

Dafür erntet er aus Reihen der Opposition allerdings heftige Kritik. "Der Blitzmarathon war immer PR-Show des Innenministers und dient eher zur Selbstvermarktung als zur Erhöhung der Verkehrssicherheit", sagte CDU-Politiker und Mitglied des Innenausschusses, Gregor Golland. "Die Polizeibeamten in NRW sind aufgrund der aktuellen Bedrohungslage jetzt schon am Limit ihrer Leistungsfähigkeit angelangt. Ein Blitzmarathon würde zusätzlich noch einmal enorme Kräfte bündeln. Das steht in keinem Verhältnis zum Ertrag der Aktion."

Jäger hält dagegen: "Kritiker sagen, in Zeiten der Flüchtlingskrise hätten wir wichtigere Dinge zu tun, aber ich sage: Wir müssen beides stemmen." Die Zahl der Unfalltoten in Deutschland sei deutlich höher als in anderen Industrienationen. Sein Fernziel: "Wir müssen hier zu derselben gesellschaftlichen Ächtung von Raserei kommen, wie wir das inzwischen auch beim Thema Alkohol am Steuer hinbekommen haben." Auch beim Thema Trunkenheitsfahrten habe die Gesellschaft vor etwa 25 Jahren erst einen Lernprozess durchleben müssen, bevor die gesellschaftliche Akzeptanz dafür verschwunden sei.

Doch auch aus Reihen der Polizeigewerkschaften gibt es kritische Töne für die Pläne des Ministers. "Aus unserer Sicht ist entscheidend, wie nachhaltig derartige Aktionen sind", bemerkt Stephan Hegger, Sprecher der NRW-Landesgruppe der Gewerkschaft der Polizei (GdP). "Daher sind die vorgelegten Studienergebnisse auch ziemlich dünn, bei einem Effekt von zwei Wochen würden wir nicht von Nachhaltigkeit sprechen." Zudem seien vom Minister bislang keine belastbaren Zahlen zur landesweiten Auswirkung eines Blitzmarathons vorgelegt worden. Allerdings dürfe man Geschwindigkeitskontrollen aufgrund von Personalengpässen nicht grundsätzlich in Frage stellen. "Dennoch stellen wir eine solche Aktion in Frage und plädieren für permanente Kontrollen."

Und auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) möchte Jägers Ankündigung nicht kommentarlos hinnehmen. Zwar unterstütze man grundsätzlich alle zielgerichteten Maßnahmen, die einer Erhöhung der Verkehrssicherheit dienen. "Das gilt grundsätzlich auch für den Blitzmarathon, der eine Sicherheitsmaßnahme von vielen ist", sagt der DPolG-Landesvorsitzende Erich Rettinghaus. Doch insbesondere vor dem Hintergrund der derzeitigen Belastung der Polizistinnen und Polizisten, müsse eine solche Entscheidung kritisch hinterfragt werden.

"Der Blitzmarathon ist ein Baustein unserer Strategie zur Verhinderung von Verkehrsunfällen. Und Geschwindigkeitskontrollen sind eine Kernaufgabe der Polizei", entgegnet Ministeriumssprecher Wolfgang Beus. "Daher braucht sich der Minister für die Entscheidung, am europäischen Blitzmarathon teilnehmen zu wollen, auch nicht rechtfertigen." Das Argument, die Aktion würde zu einer erheblichen Mehrbelastung der sowieso schon am Limit arbeitenden Polizeibeamten führen, lässt Beus ebenfalls nicht gelten. "Den Marathon führen sowieso diejenigen durch, die immer dafür zuständig sind - in dem Fall dann halt 24 Stunden am Stück."

(p-m)
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