Burbach Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Polizisten und Bedienstete der Bezirksregierung

Burbach/Siegen · Nach den Übergriffen auf Flüchtlinge in einer Notunterkunft in Burbach im Siegerland ermittelt die Staatsanwaltschaft inzwischen gegen mehr als 50 Beschuldigte. Der Kreis der Beschuldigten ist groß, darunter sind Polizisten und Mitarbeiter der Bezirksregierung in Arnsberg. Die Vorwürfe lauten Freiheitsberaubung, Körperverletzung und Nötigung.

Burbach: Flüchtlinge misshandelt: Ermittlungen gegen 50 Personen
Foto: Polizei

Die Ermittlungen werden von der Staatsanwaltschaft Siegen und der Ermittlungskommission (EK) "Heim" des Polizeipräsidiums Hagen geführt. "Wir ermitteln wegen des Vorwurfs der Freiheitsberaubung, Nötigung und Körperverletzung zum Nachteil von Bewohnern der Notaufnahmeeinrichtung Burbach (NAE Burbach) im Zeitraum September 2013 bis Ende September 2014", erklärte Oberstaatsanwalt Johannes Daheim.

Zu den Beschuldigten gehören Mitglieder des Wachdienstpersonals, von der Firma European Homecare (EHC) dort eingesetzte Sozialbetreuer, der ehemalige Heimleiter und sonstige Verantwortliche dieser Firma einschließlich deren Geschäftsführer.

Die Bezirksregierung Arnsberg bestätigte, dass gegen zwei Bedienstete ihrer Behörde ermittelt wird. "Wir haben großes Interesse daran, dass alle Fragen dazu nachhaltig aufgeklärt werden", sagte Sprecher Christoph Söbbeler unserer Redaktion.

Auch gegen Bedienstete der Bezirksregierung wird ermittelt

Darüber hinaus besteht ein Anfangsverdacht wegen Freiheitsberaubung und Nötigung durch Unterlassen gegen zwei Bedienstete der Bezirksregierung Arnsberg. Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen sollen diese Beschuldigten nicht gegen ihnen bekannt gewordene Übergriffe und rechtswidrige freiheitsentziehende Maßnahmen durch Wachleute und Sozialbetreuer eingeschritten sein. Auch Polizisten gehören zu den Beschuldigten.

Misshandlungs-Vorwürfe: das Flüchtlingsheim in Burbach
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Misshandlungs-Vorwürfe: das Flüchtlingsheim in Burbach

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Foto: dpa, fg jhe

Die Bezirksregierung Arnsberg bestätigte, dass gegen zwei Bedienstete ihrer Behörde ermittelt wird. "Wir haben großes Interesse daran, dass alle Fragen dazu nachhaltig aufgeklärt werden", sagte Sprecher Christoph Söbbeler unserer Redaktion. Wann die Ermittlungen abgeschlossen werden könnten, ist jedoch noch unklar. "Eine Anklage-Erhebung ist nicht in Sicht", sagte der Sprecher.

Ende September 2014 waren die Ermittlungen ins Rollen gekommen, als ein 27 Sekunden langes Video auftauchte. Es zeigt, wie ein Wachmann einen Asylbewerber zwang, sich auf eine Matratze mit Erbrochenem zu legen. Außerdem entdeckten die Ermittler Handy-Fotos, auf denen Wachleute mit ihren Opfern posierten.

In der Notunterkunft gab es ein "Problemzimmer", in das offenbar häufiger Flüchtlinge eingesperrt wurden. Hier fanden auch die dokumentierten Übergriffe statt. Von dem vergitterten Raum in der ehemaligen Kaserne wussten nicht nur die Wachleute, sondern offenbar auch Betreuer und Vorgesetzte der Heimbetreiber-Firma EHC.

Nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen sollen auch Polizisten vom Problemzimmer gewusst haben. "Wir ermitteln gegen namentlich noch nicht bekannte Beamte", bestätigte der Sprecher der Siegener Staatsanwaltschaft.

Grüne fordern Anlaufstelle für Bürger

Die Grünen fordern angesichts der Vorfälle eine unabhängige Anlaufstelle, an die sich Bürger bei Verdacht auf Straftaten der Polizei wenden können. Es gehe jetzt darum, Vorsorge zu treffen, "zum Beispiel indem man eine unabhängige Beschwerde- und Ermittlungsstelle einrichtet, weil bisher ermittelt Polizei gegen Polizei", sagte die Grünen-Vorsitzende Simone Peter am Montag in Berlin. "Ich glaube, es wäre sinnvoll, wenn man den Flüchtlingen eine Anlaufstelle bereitstellt, die ihren Anliegen Rechnung trägt."

Bei dem Fall in Hannover müsse die Bundespolizei nun umfassend aufklären, forderte Peter. "Wir befürchten, dass das hier nur die Spitze eines Eisberges ist und hoffen, dass sich dahinter keine Struktur verbirgt."

Mit Material von dpa.

(RP)
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