Serie "Unser Rhein" Die Geschichten unserer Leser

Düsseldorf · Zu unserer Serie über den Rhein haben wir die Leser um ihre Geschichten gebeten. Die Resonanz war überwältigend. Heute liefern wir vor allem Historisches – Berichte und Bilder vom zugefrorenen Strom, vom Fluss als Urlaubsziel und von der Freude, auf dem Wasser unterwegs zu sein.

Unser Rhein: Die Fotos unserer Leser
10 Bilder

Unser Rhein: Die Fotos unserer Leser

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Zu unserer Serie über den Rhein haben wir die Leser um ihre Geschichten gebeten. Die Resonanz war überwältigend. Heute liefern wir vor allem Historisches — Berichte und Bilder vom zugefrorenen Strom, vom Fluss als Urlaubsziel und von der Freude, auf dem Wasser unterwegs zu sein.

Ein Spaziergang von einem Ufer zum anderen

Zum Jahresbeginn 1947 lebten wir mit unserer wiedervereinten Familie auf einem Schiff in Duisburg. Im Januar wurde es sehr kalt, und der Rhein fror zu. Unser Schiff lag, mit vier anderen Schiffen, geborgen in einem kleinen Baggerloch unterhalb von Xanten, linksrheinisch. Ein wenig flussabwärts verkehrte normalerweise eine Fähre. Jetzt benutzten die Menschen diese Strecke, um zu Fuß ans andere Ufer zu kommen. Und es waren viele Leute, die den Rhein überquerten. Auf der anderen Seite lag nämlich die Stadt Rees. Viele der Fußgänger erhofften sich, Dinge zu finden, die sie für Haus und Hof benötigten und die es wegen der Kriegswirren nirgendwo zu kaufen gab. Wolle war damals zum Beispiel ein begehrter Artikel.

Auch meine Eltern machten sich auf den Weg, um nach Rees zu laufen. So stapften wir durch den Schnee bis zur Anlegestelle der Fähre. Ich erinnere mich noch sehr gut an das Bild, das der Rhein bot. Ein Fluss mit so viel Kraft lag plötzlich machtlos in seinem Bett. Eisschollen hatten sich übereinander geschoben, Schnee hatte alles ein wenig egalisiert. Ich sah die Menschen, die sich auf dem Eis bewegten, aber ich gebe zu, dass ich mit ängstlichen Gefühlen vorsichtig hinter meinen Eltern herging. Es war mir unverständlich, wie es möglich war, unbeschadet den Fluss zu überqueren. Aber wir kamen gut in Rees an. Was meine Mutter damals kaufte, weiß ich nicht mehr. Mein Vater war glücklich, er hatte seinen Pfeifentabak gefunden. Kurz danach setzte Tauwetter ein. Das Eis knackte und krachte, Eisbrecher lockerten den Rest. Der Winterzauber war vorbei.
Ingeborg Hubatsch, Nettetal

Darum ist es am Rhein so schön...

In den 50er Jahren erstanden wir unser erstes Auto, und unsere Eltern packten uns drei Kinder hinten in den Wagen, zwischen uns die Koffer und die Gepäckstücke. Es ging über die Osterferien in ein Hotel nach St. Goarshausen, Bingen oder Boppard. Während der Fahrt sangen wir sämtliche uns bekannten Rheinlieder, die wir zu Hause bei vielen Festen gehört hatten. Wir sangen "O, du wunderschöner deutscher Rhein" und "Warum ist es am Rhein so schön". Auf engen, sich schlängelnden Straßen ging es am schönen Rhein entlang, über uns Felsgestein mit Steinschlaggefahr, vorbei an der "Bunten Kuh". Im Hotel angekommen, zeigte man uns auch die Kellerräume, in denen wie fast jedes Jahr das Hochwasser stand. Wenn wir Glück hatten, gehörte zum Hotel eine Aussichtsterrasse mit Blick auf den Rhein und seine Berge und auf die weißen Ausflugsdampfer mit bunten Fahnen, mit denen wir auch diverse Fahrten unternahmen. In den Andenkenläden erstand ich dann immer eine Ansteckbrosche für mein grünes Wanderkäppchen, zum Beispiel ein Edelweiß oder einen kleinen Weinpokal. Auch ein Wetterhäuschen durfte ich mir aussuchen und eine Schneekugel mit Burgruine und Gondel. Am Ostersonntag erklangen von überall her die Kirchenglocken.

Beladen mit — damals ziemlich saurem oder zuckersüßem — Rheinwein ging es bald wieder nach Hause, wo sich die Großeltern über den "guten Tropfen" freuten. Bis heute sind mir diese Jahre am schönen Rhein mit seinen Burgen und Schlössern, den vielen lieblichen Orten mit ihrer heiteren Atmosphäre und der unverwechselbar würzige Geruch dieses imposanten Stroms in liebevoller Erinnerung.
Christel Hahn, Grevenbroich

Lebensmittel-Schmuggel mit dem Paddelboot

Nach dem Krieg kaufte mein Vater für mich ein Paddelboot, ein Einer ohne Steuer. Das kam uns sehr gelegen. Jetzt konnten wir uns nicht nur sonnen und paddeln, sondern auch Essen schmuggeln. Es war die Zeit nach dem Krieg, als wir alle hungerten. Hamstern oder auf dem Schwarzmarkt Lebensmittel kaufen war verboten und wurde, wenn die Polizei einen erwischte, bestraft. Meine Eltern fuhren hin und wieder zum Niederrhein zu Freunden, die etwas Landwirtschaft hatten. Der Übergang von den Brücken wurde von Militärposten kontrolliert. Die durchsuchten die Taschen und nahmen uns alles mühsam Erworbene ab. Aber wir hatten ja ein Paddelboot. Fernab von den Brücken schmuggelten wir mit dem Boot alles über den Rhein. Als wir nach dem Krieg wieder motorisiert sein durften, schraubte mein Vater sein Motorrad wieder zusammen. Damit fuhren wir am Wochenende am Rhein entlang und besichtigten alle Burgen.
Ruth Riegel, Düsseldorf

Das Glück als Freizeit-Kapitän

Im Jahr 1966 zogen wir ins schöne Städtchen Voerde. Hier haben wir den Rhein vor der Haustür und kommen nicht von ihm los, er hat uns fest im Griff. Später genügten uns nicht nur die Spaziergänge, wir wollten auch mit einem Boot fahren. Ich hatte als junger Mann viele Jahre mit dem Paddelboot in einem Verein den Rhein erobert, und nun wollte ich mit einem Kajütboot, mit Frau Paula und Sohn Frank, den Rhein befahren. Wir kauften uns ein Boot mit 55 PS-Motorleistung und planten unsere Touren. Am 15. August 1978 begann die erste größere Urlaubstour bei Stromkilometer 818 an der Gravinsel in Wesel-Flüren, hier war unser Boots-Liegeplatz. Ein wenig aufgeregt war ich schon, denn die Tour sollte bis nach Heumen in Holland gehen. Ehefrau Paula und Sohn Frank hatten Vertrauen zu ihrem neuen Kapitän. Paula sorgte für den Reiseproviant, ich für Wasser und Treibstoff. Jeder an Bord wusste, wo er anzupacken hat.

Die Fahrt ging über den Rhein bis nach Holland, von dort in den Maas-Waal-Kanal. Hier musste ich zum ersten Mal eine Schleuse passieren. Mitten zwischen den anderen Rheinschiffen lag unsere Nussschale, und mir war ein wenig mulmig zumute, da ich einen Schleusengang nur von der Bootsschule kannte. Nach einigen Rügen vom Schleusenwärter konnte die Fahrt über die Maas im Yachthafen in Heumen beendet werden. Die Heimfahrt war für uns dann ein leichtes Spiel. Wir reagierten gekonnt auf die starke Strömung, auf die hohen Seitenwellen und auf das hohe Schiffsaufkommen. Wir sind noch oft den Rhein entlang geschippert, die Wellen schlugen gegen die Bootswand, sogar große Schiffe haben uns oft mit dem Schiffshorn begrüßt. Mit jedem Tag waren wir dem Rhein enger verbunden und lernten, uns sicher zu bewegen. Auch Frau Paula oder Sohn Frank führten oft das Ruder, es war eine schöne Zeit. Später musste ich aus Zeitgründen das Boot verkaufen. Noch heute träumen wir von unseren Bootstouren. Der Rhein ist für uns ein Gottes-Geschenk.
Hans Hausmann, Voerde

Niederrhein

Pappeln stehen an Feld und Flur Kopfweiden säumen Flüsse und Bäche Der Raps blüht, leuchtet goldgelb Die Saat der Felder wiegt sich im Wind Niederrhein Auen und Deiche halten den Strom in seiner Bahn Offen und flach liegt das Land Bauernhöfe, Orte fügen sich malerisch ein Niederrhein Die Jahreszeiten werden von Sonne, Regen, Gewitter begleitet Wolken ziehen ruhelos dahin Das ist das Land, in dem ich zu Hause bin
Ute Schrör, Krefeld

Radfahrer — Erleben

Auf begrüntem Deich mit fröhlichem Pedaltritt, was kostet die Welt. Lange Schiffsschlangen folgen den Rheinwindungen, leuchtende Farben. Hoher Dom so nah, Trennung durch den breiten Strom, Licht ungebrochen. Auf der schaukelnden Fähre "Keer tröch" ein Sprung zum anderen Ufer. Fließendes Leuchten vertieft Weite der Landschaft, nicht endender Blick. Fahrt durch die Natur, Kühe baden ihre Bäuche, Ruhe auf dem Land.
Dirk Bunje, Wesel

Mein Rhein

Du entspannst mich, an Deinen Ufern kann ich durchatmen, mich besinnen. Du erinnerst mich an meine Kindheit. Deine Wiesen locken zum Verweilen. Du bist mein Lieblingsfluss, Du bist wie das Leben. Du weißt alles, denn Du bist schon immer da. Du wirst bestaunt voller Respekt von mir — einem Rheinkind.
Irmgard Kaiser, Düsseldorf

(RP)
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