NRW Die Geisterhäuser des Landesbaubetriebs

Düsseldorf · Hunderte Gebäude des landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetriebs stehen leer. Dadurch entgehen dem BLB jährlich Einnahmen von 50 Millionen Euro. Die Opposition wirft der Landesregierung chaotisches Flächenmanagement vor.

NRW: Die Geisterhäuser des Landesbaubetriebs
Foto: Montage: Markus Müller

Neben prominenten Bauskandalen wie dem Duisburger Landesarchiv fügt der landeseigene Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) dem Steuerzahler in NRW auch mit seinem Routinegeschäft einen jährlichen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe zu. Von den rund 4400 Gebäuden, die die Behörde im Auftrag des Landes bewirtschaftet, stehen 328 zumindest teilweise leer. Rund 200 davon sind reine Geisterhäuser ohne jegliche Nutzung - und das teilweise schon seit über fünf Jahren. Das erklärte der BLB auf Nachfrage unserer Redaktion.

Demnach beträgt die aktuell leerstehende Mietfläche insgesamt 477 386 Quadratmeter. Marktüblich bei solchen Büroflächen sind Quadratmeter-Mieten von neun bis zehn Euro pro Monat. Demnach entgehen dem BLB allein durch Leerstände rund 50 Millionen Euro pro Jahr.

Das schlechte Leerstandsmanagement beim BLB hat im vergangenen Jahr sogar schon den Landesrechnungshof auf den Plan gerufen. Zwischen den Jahren 2009 und 2012 sei es "zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen bei der Verwendung und Verwertung von leerstehenden Immobilien gekommen", monierten die Prüfer. Als Ursache machten sie Managementfehler aus. So sei "ein auf Veranlassung des Finanzministeriums [...] erarbeitetes Konzept zur Leerstandsminimierung bisher nur unzureichend umgesetzt worden".

Gebessert hat sich seither trotzdem wenig. Laut Landesrechnungshof stieg die Leerstandsquote (Verhältnis von leerstehender Fläche zu vermietbarer Fläche in Prozent) in den Jahren 2008 bis 2012 von 2,7 auf 4,4. Für das Jahr 2013 gab der BLB auf Nachfrage jetzt eine Leerstandsquote von 4,8 und für 2014 von 4,6 an. 2013 standen über eine halbe Million Quadratmeter Fläche beim BLB leer.

Die Opposition im Landtag hat dafür wenig Verständnis. Da die Kunden des BLB in aller Regel Landeseinrichtungen wie etwa die Polizei oder Ministerien sind, "ist der Bedarf viel besser vorhersehbar als auf dem freien Markt", meint FDP-Finanzexperte Ralf Witzel. BLB-Verträge hätten sehr lange Laufzeiten. Politische Entscheidungen, die bei einzelnen Landeseinrichtungen zu neuem Raumbedarf führen, hätten ebenfalls oft mehrere Jahre Vorlauf. Witzel: "Offensichtlich kann das BLB-Management diese Marktvorteile nicht annähernd nutzen." Sein Fachkollege von der CDU, Marcus Optendrenk, sieht eine Teilschuld allerdings auch bei der Landesregierung. "Das Land hat ein stellenweise chaotisches Flächenmanagement. Jedes Ministerium macht, was es will. Das macht den Gebäudebedarf der Landeseinrichtungen schwerer planbar, als es eigentlich sein müsste."

Der BLB selbst hält sich für erfolgreich und kritisiert die Berechnung. Vom "vermarktbaren Leerstand" sei der "sonstige Leerstand" zu trennen, der zum Beispiel wegen Instandsetzungsarbeiten nicht vermietbar sei. Andere Objekte stünden seit Jahren zum Verkauf, was aber auch mit Unterstützung freier Makler oft nicht gelänge. Auf der Basis "vermarktbarer Leerstand" berechnet der BLB seine Leerstandsquote mit aktuell 3,26 Prozent und meint: "Damit stehen der BLB NRW und das Land NRW auch im Marktvergleich sehr gut da."

Diese BLB-Berechnungsmethode hat der Landesrechnungshof in seinem Bericht jedoch nicht übernommen. Witzel sagt: "Würde man dem folgen, könnte der BLB ja beliebige Teile seines Leerstandes als renovierungsbedürftig definieren und damit vom eigenen Missmanagement ablenken." Der BLB hält aber auch die nach Landesrechnungshof-Methoden (also auf Basis aller Leerstände) berechnete Leerstandsquote von 4,6 Prozent für das Jahr 2014 für "im Marktvergleich sehr gut".

Das NRW-Finanzministerium sieht das ähnlich. In der Tat weisen private Gewerbeimmobilienvermittler oft noch höhere Leerstandsquoten auf. Ralf Witzel hält den Vergleich mit dem freien Markt aber für unzulässig: "Der BLB hat mit den Landeseinrichtungen einen zahlungskräftigen Stammkunden mit einem regelmäßig neuen Bedarf, der viel besser als der freie Markt kalkulierbar ist." Vergleichen lassen müsse der BLB sich deshalb mit seinen eigenen Ergebnissen aus den Vorjahren: "Und da wird das schlechte Management deutlich", sagt Witzel.

Im vergangenen Jahr kritisierten die zuständigen Landesrechnungsprüfer auch, dass die BLB-Zentrale über die Leerstände gar keinen Überblick habe. "An keiner Stelle im BLB liegen die zu den jeweiligen Leerstandsimmobilien benötigten Informationen und Sachkenntnisse zentral vor."

Für die Antwort auf die Frage unserer Redaktion nach den aktuellen Leerständen brauchte der BLB in dieser Woche 41 Stunden.

(RP)
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