Streiks in NRW Die Zwei-Klassen-Gesellschaft im Lehrerzimmer

Düsseldorf · Etwa jeder fünfte Lehrer in NRW ist angestellt. Die meisten von ihnen sind Quereinsteiger. Zwischen ihrem Gehalt und dem verbeamteter Kollegen liegen mehrere Hundert Euro im Monat.

 Renate Aust (65) ist verbeamtete Lehrerin, aber sie unterstützt ihre angestellten Kollegen beim Streik.

Renate Aust (65) ist verbeamtete Lehrerin, aber sie unterstützt ihre angestellten Kollegen beim Streik.

Foto: Endermann, Andreas

Bis zur dritten Stunde gibt Renate Aust heute am Immanuel-Kant-Gymnasium in Heiligenhaus Unterricht. Danach wird die Englischlehrerin und Personalrätin ihre Kollegen in Düsseldorf besuchen, die für einen Tag die Arbeit niedergelegt haben und für eine Anpassung der Bezüge kämpfen.

 Stephan Jacobs (51) ist angestellter Lehrer an einer Realschule in Düsseldorf und streikt heute.

Stephan Jacobs (51) ist angestellter Lehrer an einer Realschule in Düsseldorf und streikt heute.

Foto: Endermann, Andreas

Aust ist Beamtin und darf nicht streiken, doch sie unterstützt die angestellten Lehrer. "Es ist unverständlich, dass zwischen dem Netto-Verdienst eines verbeamteten und dem eines angestellten Lehrers mehrere Hundert Euro liegen", sagt die 65-Jährige, die die Besoldungsgruppe A 14 (rund 5000 Euro brutto) hat. Ein angestellter Lehrer verdiene etwa 500 Euro netto weniger. "Ihnen entgeht viel Geld. Davon ließe sich über die Jahre ein Haus finanzieren."

Die meisten angestellten Lehrer sind Quereinsteiger

Etwa jeder fünfte Lehrer in NRW ist angestellt. Die meisten von ihnen sind Quereinsteiger, die mit 40 Jahren oder älter in den Schuldienst gewechselt sind und dann nicht mehr verbeamtet werden konnten. Seit 2006 macht sich die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) für einen gemeinsamen Einstiegstarifvertrag der angestellten Lehrer in Deutschland stark, bislang gehen die Konditionen in den Bundesländern stark auseinander. Zudem fordert die GEW 5,5 Prozent mehr Gehalt (mindestens jedoch 175 Euro monatlich) für angestellte Lehrer.

Ein Quereinsteiger ist auch Stephan Jacobs, Chemie- und Mathematiklehrer in Düsseldorf. Seit 2008 unterrichtet der 51-Jährige an der Freiherr-vom-Stein-Realschule, zuvor arbeitete er als Chemiker. Er ist in E 11 eingruppiert, was rund 4300 Euro brutto entspricht. Seine verbeamteten Kollegen bekommen netto zwischen 500 und 800 Euro mehr. "Ich leiste die gleiche Arbeit, bekomme aber nicht das gleiche Geld." Er hofft auf eine Angleichung seines Gehalts zur Stufe A 12 sowie keine Kürzung bei der Betriebsrente.

Eltern, die kein Verständnis dafür aufbringen, dass wegen des Streiks einige Unterrichtsstunden ausfallen könnten, antwortet Jacobs: "Es ist keine überzogene, sondern eine berechtigte Forderung, der wir durch den Streik Nachdruck verleihen wollen. Es kann sich gerne jeder vor die Klasse stellen und sich selbst ein Bild von dem machen, was wir leisten." Überwiegend zeigten Kollegen, Schüler und Eltern aber Verständnis für die Situation der angestellten Lehrer, sagt Jacobs.

(RP)
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