Prozess in Dortmund Explosion in Wohnhaus — Angeklagter schweigt vor Gericht

Dortmund · Nach einer Gasexplosion mit einer Toten schweigt der Angeklagte vor Gericht. Der Rechtsmediziner sagt, das Opfer sei qualvoll erstickt. Die Details sind für die Mutter der Verstorbenen schwer zu ertragen.

 Der Angeklagte (hinten, M) neben seiner Anwältin auf der Anklagebank.

Der Angeklagte (hinten, M) neben seiner Anwältin auf der Anklagebank.

Foto: dpa, bt jai

Schon eine Stunde vor Verhandlungsbeginn waren sie da. Sieben Männer und Frauen stellten sich am Mittwoch mit roten Grabkerzen vor das Gebäude des Dortmunder Landgerichts und hielten eine Mahnwache ab. Ende März starb ihre Freundin bei einer verheerenden Gasexplosion in ihrem Mehrfamilienhaus in Dortmund. Ihr Nachbar aus dem Obergeschoss soll die Katastrophe absichtlich ausgelöst haben. Die Staatsanwaltschaft hat den 49-Jährigen unter anderem wegen Mordes angeklagt.

"Wir möchten einfach ein Zeichen setzen", sagte einer der Freunde der Toten. "Sie soll nicht vergessen sein." Seine Begleiterin hat in der Nacht vor dem Prozess schlecht geschlafen und ist "mit ganz viel Herzklopfen" zum Gericht gefahren. Die Frau hat sich vorgenommen, an jedem einzelnen der noch mindestens vier Verhandlungstage da zu sein. "Das mache ich alleine schon, um ihrer Familie eine Hilfe zu sein", sagt sie.

Als der Angeklagte wenig später in den Gerichtssaal geführt wurde, weinte die Mutter der Toten leise vor sich hin. Der 49-Jährige trug an beiden Händen medizinische Handschuhe. Er hatte bei der Explosion schwere Verbrennungen erlitten und danach lange Zeit auf der Intensivstation um sein Leben gekämpft. Zu den Vorwürfen will sich der Angeklagte frühstens am dritten Verhandlungstag äußern. Das ist so vorgesehen, weil dies der erste Tag ist, an dem auch der psychiatrische Sachverständige teilnehmen kann. Weil der Angeklagte als psychisch auffällig gilt, wird von dem Gutachten zur Frage der Schuldfähigkeit vieles abhängen.

Es war morgens gegen 08.45 Uhr, als am 31. März die Explosion das komplette Dach des Mehrfamilienhauses wegsprengte und die obere Etage einstürzen ließ. Die Trümmer flogen fast 60 Meter weit. Auf der Straße wurden Autos beschädigt, und auch die beiden unmittelbaren Nachbarhäuser waren anschließend für einige Zeit unbewohnbar. Erst am Tag nach der Explosion fanden die Rettungskräfte die Leiche der 36-Jährigen in ihrer Wohnung.

Rechtsmediziner Ralf Zweihoff ist sicher, dass die Frau qualvoll in ihrem Bett erstickt ist, weil ein schwerer Trümmerbrocken auf ihrer Brust ihre Atmung blockierte. Knochenbrüche oder schwere Quetschungen stellten die Ärzte nicht fest. "Man muss von einem sehr qualvollen Tod ausgehen", sagte der Rechtsmediziner.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft ist ausgeschlossen, dass es sich bei der Katastrophe um einen Unfall handelte. Dabei stützt sich die Anklage auf die Expertisen von zwei Sachverständigen, die festgestellt haben, dass am Gasherd in der Wohnung des 49-Jährigen ein Zuleitungsrohr absichtlich abgeknickt wurde. "Alles weist auf eine vorsätzliche Manipulation hin", sagte einer der Gutachter am Mittwoch. Durch das Leck im Rohr sei wahrscheinlich fast drei Stunden lang Gas ausgetreten. Dann sei eine Flamme entzündet worden.

Explosion in Wohnhaus in Dortmund - Suche nach Vermisster
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Suche nach vermisster Person in den Trümmern eines Wohnhaus

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Foto: dpa, bt hpl

Der Angeklagte soll sich schon vor der Explosion immer wieder auffällig verhalten haben. Die Polizei musste regelmäßig an der Adresse einschreiten, weil es zu Ruhestörungen gekommen war. Der Prozess wird mindesten bis Mitte November dauern.

(lsa)
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