Einladung nach Rom Düsseldorfer Obdachlose pilgern zum Papst

Düsseldorf · Papst Franziskus hat 6000 Obdachlose und arme Menschen aus ganz Europa nach Rom eingeladen, um mit ihnen den Abschluss des Jahres der Barmherzigkeit zu feiern. Auch Düsseldorfer machen sich auf den Weg.

 Bruno John (l.) und Markus (seinen vollständigen Namen möchte er nicht nennen) mit ihrem Gepäck.

Bruno John (l.) und Markus (seinen vollständigen Namen möchte er nicht nennen) mit ihrem Gepäck.

Foto: Anne Orthen

Markus Mosert* hält seine Reisetasche fest in der Hand. Viel besitzt der 43-Jährige nicht. Das wenige, was er hat, trägt der Düsseldorfer bei sich. Vor allem auf einen Gegenstand passt er gut auf: Es ist ein Rosenkranz, den er von einem Freund bekommen hat. "Ich möchte den Papst bitten, dass er ihn segnet", sagt Mosert. "Vielleicht kann der Rosenkranz meinem Freund dann Kraft spenden, damit er auf der Straße gut klarkommt."

Zusammen mit einer Delegation von zehn Wohnungslosen macht sich Mosert auf den Weg von Düsseldorf zum Papst Franziskus nach Rom. Der Pontifex hat sie eingeladen: Er möchte den Abschluss des Jahres der Barmherzigkeit mit rund 6000 Obdachlosen und armen Menschen aus ganz Europa begehen. 600 Bedürftige werden aus Deutschland erwartet. "Papst Franziskus erinnert uns mit seiner Einladung daran, dass Arme, Schwache und an den Rand gedrängte Menschen nicht nur unter materieller Not, sondern auch an sozialer Ausgrenzung und an fehlender Zuneigung leiden", sagt der Mitorganisator der Wallfahrt, Andreas Sellner.

Auch Wolfgang Kluge* (60) hat sich lange ausgegrenzt gefühlt. Früher hatte er eine eigene Kanzlei, verdiente viel Geld und reiste viel. In Rom ist er schon zweimal gewesen. Dann jedoch verstarb seine Tochter, und Kluge driftete in eine Depression ab. Vier Jahre lang holte er sich keine Hilfe, vernachlässigte seine Arbeit, letztlich verließ ihn seine Frau. "Damit ging die Spirale weiter abwärts", erzählt Kluge. Zum Schluss landete er auf der Straße. "Ich suche zwar immer noch eine Wohnung, doch aus dem Loch bin ich wieder raus", sagt er.

Geholfen habe ihm dabei auch sein Glaube. Kluge betet jeden Abend, geht regelmäßig in die Kirche. Der Besuch beim Papst ist für ihn ein Schicksalstag: "Der Mann ist eine Persönlichkeit. Er tut der Kirche gut, vielleicht ja auch mir", erklärt Kluge. Was er dem Oberhaupt der katholischen Kirche sagen möchte, ist: "Mach weiter so!"

Der Papst empfängt die Pilger morgen in einer Audienz im Vatikan. Am Sonntag feiert er mit ihnen einen Gottesdienst im Petersdom.

Ein persönliches Gespräch erhofft sich Bruno John (53) erst gar nicht. Er weiß, dafür sind zu viele Menschen vor Ort. "Es wäre natürlich ein Traum, dem Papst die Hand schütteln zu dürfen", sagt er. "Doch allein die Möglichkeit, ihn zu sehen, schenkt einem viel Kraft." Über die Umstände, warum er auf die Straße gekommen ist, will John lieber nicht reden. Zwei Jahre lang war er obdachlos. Nun lebt er in der Düsseldorfer Einrichtung der Ordensgemeinschaft der Armen Brüder. "Es liegt an jedem selbst, wieder ins geregelte Leben zu finden", sagt John. Auch von einem Besuch beim Papst müsse man keine Wunder erwarten, ergänzt er. "Vielleicht hilft es aber manchen, nach vorne zu blicken."

Mosert blickt bereits positiv in die Zukunft. Seit diesem Monat hat er wieder eine eigene Wohnung. Seine fünf Jahre auf der Straße wird er aber niemals vergessen. Die Kälte, die Einsamkeit, die abschätzigen Blicke. Obwohl er sehr religiös ist, in der Jugend sogar viele Jahre Messdiener war, hat er sich als Wohnungsloser nicht in die Kirche getraut. "Wenn man auf der Straße lebt, hat man immer sein Gepäck dabei. Ich habe mich geschämt, so in die Kirche zu gehen." Deshalb hält er es für ein schönes Zeichen, wenn der Papst Obdachlose vom Rand der Gesellschaft in die Mitte rückt.

* Name geändert

(beaw)
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