Psychische Folgen Was die Opfer von Wohnungseinbrüchen durchmachen

Düsseldorf · Wenn Fremde in die vermeintlich sichere Wohnung eindringen, kann das für die Opfer traumatisierend sein. Mancher muss sogar ausziehen, um mit seinen Ängsten klarzukommen. Karl-Heinz Schayen vom "Weißen Ring" erklärt, wie Einbruchsopfer die psychischen Folgen der Straftat bewältigen können.

Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist in NRW so hoch wie nie. 2015 wurden 62.262 Fälle gemeldet. Nur in jedem siebten Fall wird der Täter überführt. Für die Opfer kann das zur Qual werden: Sie leben mit der Angst, dass jederzeit wieder jemand in ihr Heim eindringen könnte. Karl-Heinz Schayen ist ehemaliger Polizeidirektor. Als stellvertretender Leiter der Hilfsorganisation "Weißer Ring" NRW/Rheinland weiß er, was die Opfer durchmachen - und wie man in so einer Situation die Kontrolle zurückbekommt.

Was macht ein Einbruch mit den Opfern?
Karl-Heinz Schayen Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt Menschen, die das gut wegstecken und sagen, dass das die Lebenswirklichkeit ist. Andere verkraften es nicht gut, dass Eindringlinge ihre Privatsphäre verletzt haben. Diese Menschen müssen sich manchmal auch professionelle Hilfe suchen. Manchen bleibt nur der Auszug.

Welche Ängste löst ein Einbruch aus?
Schayen Das Opfer lebt danach völlig anders: Es beobachtet seine Umgebung viel genauer, erwartet vielleicht eine neue Tat — obwohl das eher unwahrscheinlich ist. Wenn ein Einbrecher die Wohnung leergeräumt hat, kommt er danach in der Regel so schnell nicht wieder. Eine große Angst ist aber auch, zu Hause zu sein, wenn jemand einbricht.

Gibt es Menschen, die besser oder schlechter mit so einer Situation umgehen können?
Schayen Dafür gibt es keine Regel, aber ältere Menschen haben vermutlich größere Probleme. Wer lange in einer Wohnung oder in einem Haus gelebt hat und jetzt merkt, dass es dort nicht sicher ist, dem setzt das sehr zu.

Was sollte man nach einem Einbruch als erstes tun? Die verwüstete Wohnung aufräumen?
Schayen Die Einbrecher verwüsten die Wohnung eigentlich nur selten — das sind Leute, die das häufiger machen und wissen, wo sie was finden.

Also besser die Wohnung einbruchssicher machen?
Schayen Es gibt keine einbruchssicheren Wohnungen. Man kann sogar in Fort Knox einbrechen, wenn man weiß wie. Aber man kann die Sicherheit verbessern und es den Tätern damit schwer machen. Man sagt: Je länger ein Einbrecher braucht, um in eine Wohnung zu kommen, desto eher gibt er auf, aus Angst, erwischt zu werden.

Welche Sicherheitsmaßnahmen sollte man ergreifen — sowohl vor als auch nach einem Einbruch?
Schayen Die Polizei hat sehr gute Tipps. Dazu gehören sichere Schlösser und Fenstersicherungen, eventuell auch eine Alarmanlage.

Und wenn ich mich dann noch immer unwohl fühle in meinen eigenen vier Wänden?
Schayen Räumen Sie Ihre Wohnung um, verrücken Sie Möbel, damit beim Hereinkommen nicht der gleiche Eindruck entsteht wie nach dem Einbruch. Das kann durchaus helfen.

Und wie kann man als Angehöriger oder Freund helfen?
Schayen Man kann anbieten, beim Opfer zu übernachten, damit es sich etwas sicherer fühlt. Es kann auch helfen, für ein paar Tage auszuziehen, um den Druck zu verringern. In letzter Konsequenz hilft es manchen Menschen aber auch erst, wenn sie ganz ausgezogen sind oder ihr Haus verkauft haben.

Wann sollte man sich professionelle Hilfe holen?
Schayen Sobald man sich unwohl fühlt. Das kann bei manchen Opfern sofort sein, bei anderen erst nach einer Woche oder nach einem Jahr. Letztere kommen zunächst damit klar, dann aber plötzlich doch nicht mehr.

(jnar)
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