Trotz Kritik Essener Tafel hält vorerst an Aufnahmestopp für Ausländer fest

Essen · Die Essener Tafel zur Verteilung von Lebensmittelspenden an Bedürftige hält trotz heftiger bundesweiter Kritik an ihrem Aufnahmestopp für Ausländer fest. Das ist das Ergebnis einer Krisensitzung des Vorstands am Dienstagmittag.

 Jörg Sartor (l), Vorsitzender der Essener Tafel, und Peter Renzel, Essener Sozialdezernent, geben nach einer außerordentlichen Sitzung der Essener Tafel die Ergebnisse der Tagung bekannt.

Jörg Sartor (l), Vorsitzender der Essener Tafel, und Peter Renzel, Essener Sozialdezernent, geben nach einer außerordentlichen Sitzung der Essener Tafel die Ergebnisse der Tagung bekannt.

Foto: dpa, rwe fpt

Es werde innerhalb der nächsten zwei Wochen ein Runder Tisch gegründet, um über die künftige Lebensmittel-Verteilung nachzudenken, erklärte der Vorstand des Vereins am Dienstag nach einer außerordentlichen Sitzung. In dem Gremium sollen neben der Essener Tafel die Essener Wohlfahrtsverbände und der Verbund der Essener Migrantenselbstorganisationen vertreten sein. Es bestehe dabei aber weiter Einigkeit, dass Alleinerziehende, Senioren und Familien mit minderjährigen Kindern im Mittelpunkt stehen sollten, hieß es.

Die Essener Tafel hatte seit dem 10. Januar neue Berechtigungen zum Empfang von Lebensmitteln vorübergehend nur noch für Bürger mit deutschem Ausweis ausgestellt. Begründet wird dies mit einem angeblich zu hohen Anteil an Ausländern, weshalb sich etwa viele ältere Menschen und Alleinerziehende nicht mehr wohlfühlten und das Hilfsangebot nicht mehr wahrnähmen. Den Aufnahmestopp für Ausländer hatte unter anderem auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisiert.

Sie hatte in einem Interview gesagt, dass man keine solchen Kategorisierungen vornehmen solle. Das sei nicht gut. Dem widersprach CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: "Es ist richtig, dafür zu sorgen, dass es nicht zu einer Verdrängung kommt an der Tafel."

Die Nationale Armutskonferenz sprach von einem "Alarmsignal". Die Tafeln dürften nicht länger Ausputzer der Nation sein, erklärte die Diakoniedirektorin in Berlin-Brandenburg und Armutskonferenz-Sprecherin Barbara Eschen am Dienstag.

Die Entscheidung der Essener Tafel zeige überdeutlich, wie groß die Zahl derer ist, deren Existenzminimum nicht zum Leben reiche, erklärte Eschen. Es sei "unerträglich", dass von Armut Betroffene Menschen jetzt in Konkurrenz zueinander stünden. "Es kann nicht länger sein, dass staatliche Maßnahmen wie der Regelsatz das Auskommen nicht sichern und Ehrenamtliche einspringen sollen, die das an die Belastungsgrenze bringt."

Die Nationale Armutskonferenz ist ein Zusammenschluss aus Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege, dem Deutschen Gewerkschaftsbund und deutschlandweit tätigen Fachverbänden und Betroffeneninitiativen.

Der Bundesverband der Tafeln hatte die Entscheidung der Essener Einrichtung vergangene Woche kritisiert. "Den Essener Weg können wir so nicht nachvollziehen", hatte der Vorsitzende des Dachverbandes, Jochen Brühl, gesagt. "Für Tafeln zählt die Bedürftigkeit, nicht die Herkunft."

Sozialverbände, Politiker verschiedener Parteien und auch Tafeln anderer Bundesländer halten das Vorgehen der Essener Tafel für falsch. Nordrhein-Westfalens Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte bereits in der vergangenen Woche gefordert, bei großem Andrang müssten Kriterien gefunden werden, wie begrenzte Mittel verteilt werden könnten. "Ob die Staatsangehörigkeit hier das richtige Mittel ist, daran habe ich persönlich Zweifel", unterstrich Laumann.

Essens Sozialdezernent Peter Renzel hat vor der Krisensitzung der Essener Tafel am Dienstagmittag die Arbeit der ehrenamtlichen Tafel-Helfer noch einmal ausdrücklich gewürdigt. "Sie haben es verdient, dass wir gemeinsam und schnell an konstruktiven Lösungen arbeiten und die ganze Stadt sich hinter diese engagierten Männer und Frauen stellt", schrieb Renzel in einem Beitrag im sozialen Netzwerk Facebook.

(heif)
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