Falschmeldungen bei Polizeieinsätzen Panikmache im Netz

Düsseldorf · Wer mit Falschmeldungen via Twitter oder Facebook einen Polizeieinsatz auslöst oder Fotos von Einsätzen veröffentlicht, muss mit hohen Strafen rechnen. Für die Ermittler werden solche Meldungen zunehmend zum Problem.

 Beamte eines Spezialeinsatzkommandos

Beamte eines Spezialeinsatzkommandos

Foto: dpa, mb htf olg

Großeinsatz der Polizei am Dienstag in Mechernich: Ein Mann verschanzt sich mit seinen beiden Kindern in der Wohnung und droht damit, sich das Leben zu nehmen. Einsatzkräfte eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) dringen in die Wohnung ein, überwältigen den 31-Jährigen, niemand wird verletzt. Noch während des Einsatzes verbreitet sich in den sozialen Medien das Gerücht, es gebe eine Geiselnahme in einem Kindergarten. Die Polizei wendet sich später an die Öffentlichkeit mit der Bitte, die Arbeit der Ermittler nicht durch Panikmache und Falschmeldungen zu behindern.

"Jeder kann heutzutage mit seinem Handy schnell ein Foto schießen und das Bild öffentlich machen und verbreiten — für die Polizei wird das zunehmend zum Problem", sagt Frank Scheulen vom Landeskriminalamt NRW.

In Köln-Nippes filmte vor einigen Monaten ein Anwohner SEK-Beamte aus seinem Küchenfenster. Die Beamten waren kurz davor, die Wohnung eines Drogenhändlers zu stürmen. Die Ermittler mussten davon ausgehen, dass der Mann bewaffnet ist. Noch vor dem Einsatz stellte der Nachbar seine Fotos in die Facebook-Gruppe "Nippes" — verbunden mit der Frage, was denn da in seiner Straße los sei. Da ein Täter solche Fotos möglicherweise auch sieht, können sie einen kompletten Einsatz gefährden.

"Wenn so etwas bei einem Banküberfall mit Geiselnahme passiert, kann dadurch auch ganz schnell das Leben der Geiseln gefährdet werden", sagt LKA-Sprecher Scheulen. Konsequenz sei, dass die Absperrungen an den Einsatzorten immer größer würden, um Neugierige fernzuhalten. "Für die Medien und deren Berichterstattung ist das natürlich schlecht, weil auch Journalisten dann nicht mehr nah rankommen."

Die Münchner Polizei hatte nach dem Amoklauf eines 18-Jährigen am Olympia-Einkaufszentrum (OEZ), der im vergangenen Sommer zehn Menschen tötete, auf Facebook eine "Warnung an alle Trittbrettfahrer" veröffentlicht. Damals war während des Einsatzes schnell von weiteren Attentätern und Tatorten die Rede, via Twitter verbreitete sich etwa die Meldung, am Stachus in der Münchener Innenstadt seien ebenfalls Schüsse gefallen.

In ihrer Warnung schrieb die Polizei: "Wer absichtlich und grundlos einen Polizeieinsatz auslöst, muss die Kosten dafür übernehmen. Es gibt dabei keine finanzielle Obergrenze." Pro eingesetztem Beamten und Stunde würden 54 Euro anfallen, "kommt ein Hubschrauber zum Einsatz, werden 3460 Euro pro Stunde in Rechnung gestellt." Weiter heißt es: "Werden mehrere Hundertschaften samt Hubschrauber eingesetzt, kommt sehr schnell ein Betrag zusammen, den derjenige dann ein ganzes Leben lang abbezahlen muss."

Die Warnung richtete sich ausschließlich an Menschen, die absichtlich eine Falschmeldung in die Welt setzen und so einen Polizeieinsatz provozieren. "Wer nach bestem Wissen und Gewissen den Polizeinotruf verständigt, muss sich keine Sorgen machen", hieß es.

Auf das "Vortäuschen einer Straftat", wie es im Strafgesetzbuch heißt, steht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Die Kriminalstatistik weist für das vergangene Jahr für Nordrhein-Westfalen 2398 Fälle auf, in denen Menschen "wider besseres Wissen vorgetäuscht haben, dass eine rechtswidrige Tat begangen worden ist oder die Verwirklichung einer Tat bevorsteht", wie es sinngemäß heißt. Die Statistik weist nicht explizit aus, wie viele dieser fast 2400 Fälle Falschmeldungen im Internet waren. In fast allen Fällen konnten die Ermittler die Täter aber identifizieren. "Die Aufklärungsquote liegt in diesem Bereich bei fast 99 Prozent", sagt LKA-Sprecher Scheulen.

"Wir appellieren einfach an den gesunden Menschenverstand. Bevor man ein Foto ins Netz stellt, sollte man sich fragen, ob das sinnvoll ist und ob das, was da verbreitet wird, tatsächlich eine wahre Geschichte ist."

(hsr)
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