NRW Das bedeutet die Geheimsprache der Einbrecher
Essen · Trotz moderner Kommunikationsmittel markieren Kriminelle immer noch Häuser mit Kreidezeichen. Die sogenannten Gaunerzinken verraten etwa, was in der Wohnung an Beute zu holen ist. Sie warnen aber auch vor bissigen Hunden.
Anfangs hatte sich Beate Döring nichts bei dem Kreuz gedacht, das jemand mit weißer Kreide auf ihre Jalousie gezeichnet hatte. "Das war plötzlich da", berichtet die 41 Jahre alte Frau, die in einer Erdgeschosswohnung in Essen wohnt. Sie nahm an, dass es Kinder waren. Ein harmloser Streich vielleicht. Sie wischte das Zeichen ab. Doch dann, etwa eine Woche später, war das gleiche Kreuz wieder da, und Beate Döring wurde misstrauisch. Sie informierte die Polizei, die ihr erklärte, dass es sich bei dem Kreuz um einen sogenannten Gaunerzinken handeln könnte. In ihrem Fall bedeute das Kreuz sehr wahrscheinlich: "Hier ist etwas zu holen." Gemeint waren damit Wertgegenstände in ihrer Wohnung.
Beim "Gaunerzinken" handelt es sich um eine Jahrhunderte alte Geheimsprache im kriminellen Milieu, die trotz moderner Kommunikationsmittel bis heute nicht aus der Mode gekommen ist, wenn auch deutlich weniger angewandt wird als früher. Welche Gaunerzinken es gibt und was sie bedeuten, sehen Sie hier. "Dabei markieren Einbrecher mit unterschiedlichen Zeichen Häuser und Wohnungen, in die sie eingestiegen sind oder in die sie einsteigen wollen", erklärt Wolfgang Spies, stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW. Dabei schreiben die Kriminellen ihre Botschaften nicht nur an betroffene Gebäude, sondern markieren auch Bürgersteine sowie Straßenzüge mit den Kreidezeichen. Sie weisen damit neben möglicher Beute in Wohnungen auch auf teure Autos hin.
Die Zeichen gehen auf das Rotwelsch zurück, eine aus dem 12. Jahrhundert stammende geheime Zeichensprache der Nichtsesshaften. Der Begriff Zinken kam erst im 18. Jahrhundert auf. Zinken stechen bedeutet demnach Zeichen geben.
Das Polizeipräsidium Essen hat jetzt eine Grafik mit den 26 gängigsten "Gaunerzinken" veröffentlicht, um die Bürger auf die meist unbemerkte Gefahr hinzuweisen. "Mit den Zeichen werden Warnungen, Empfehlungen und Beschreibungen zu den Anwohnern und der Beute gegeben", erklärt ein Sprecher der Polizei Essen. So bedeuten einige der Symbole zum Beispiel, dass es in dem Haus einen bissigen Hund gibt, dass dort arme oder alte Leute wohnen, ob es sich lohnt, dort einzubrechen oder nicht. Andere Zeichen warnen, dass das Haus immer bewohnt ist und dass die Polizei in dem Viertel häufig Streife läuft.
In den meisten Fällen bleiben die kriminellen Codes unentdeckt; viele fallen allein schon der Witterung zum Opfer. "In den meisten Fällen werden sie aber schlicht und einfach nicht als Gaunerzinken erkannt", so der Polizeisprecher. Deshalb könne die Polizei nicht sagen, wie viele Einbrüche im Zusammenhang mit diesen Symbolen verübt werden. Die Kriminellen achteten einerseits darauf, die Markierungen so aufzutragen, dass sie groß genug sind, um von Einbrecherkollegen gesehen zu werden, gleichzeitig müssten sie aber auch dezent gestaltet sein, um Unbeteiligten nicht direkt ins Auge zu springen, erklärt der Polizeisprecher.
Wer sie bemerkt, sollte diese sofort wegwischen, Nachbarn informieren und die Polizei verständigen, raten die Ermittler.