Vogelgrippe Geflügelbauern drohen große Verluste

Hilden/Solingen · Die Geflügelpest zwingt einige Landwirte zur vorgezogenen Schlachtung ihrer Gänse. Somit könnten die Weihnachtsgänse in diesem Jahr kleiner ausfallen. Heute teilt das Land mit, in welchen Regionen die Stallpflicht gilt.

 Vier Wochen vor dem eigentlichen Termin muss Julia Höffken die rund 60 Gänse, die sie auf ihrem Bio-Geflügelhof in Solingen hält, wegen der drohenden Vogelgrippe schlachten lassen. Die Tiere haben dann noch nicht ihr Schlachtgewicht erreicht, was für Höffken wirtschaftliche Abstriche bedeutet.

Vier Wochen vor dem eigentlichen Termin muss Julia Höffken die rund 60 Gänse, die sie auf ihrem Bio-Geflügelhof in Solingen hält, wegen der drohenden Vogelgrippe schlachten lassen. Die Tiere haben dann noch nicht ihr Schlachtgewicht erreicht, was für Höffken wirtschaftliche Abstriche bedeutet.

Foto: Hans-Jürgen bauer

Auf dem Bio-Geflügelhof von Julia Höffken in Solingen müssen die Gänse wegen der aktuellen Lage vier Wochen früher geschlachtet werden. "Der Betrieb, der das für uns macht, möchte bald keine fremden Tiere mehr auf dem Hof haben, um mögliche Ansteckungsquellen auszuschließen", erklärt Julia Höffken.

Eine Woche hat sie nun Zeit, ihre 60 Gänse und einige Dutzend Hühner schlachten zu lassen - vier Wochen vor dem eigentlichen Termin. "Für uns bedeutet das nicht nur einen großen logistischen Aufwand, wir müssen auch den Kunden erklären, dass sie ihre Weihnachtsgans nicht frisch geschlachtet, sondern tiefgefroren bekommen", sagt Höffken. Positiv sei, dass man sich mit dem Thema Vogelgrippe dann nicht mehr befassen muss. Wirtschaftlich betrachtet müsse man aber Abstriche machen, denn viele Tiere haben nicht das volle Schlachtgewicht erreicht und sind dementsprechend kleiner.

Die schwierige Situation der Geflügelbauern dürfte sich in den kommenden Tagen weiter verschärfen. Ab heute soll in Teilen des Landes eine Stallpflicht gelten, sie betrifft konventionelle Höfe, Bio-Betriebe und private Halter von Hausgeflügel. Alle freilaufenden Legehennen, Masthühner und Puten, aber auch Enten und Gänse müssten in den betroffenen Regionen bis auf Weiteres in ihren Ställen bleiben, um einen direkten Kontakt zu Wildvögeln zu vermeiden.

Die Risikobewertung des Friedrich-Löffler-Instituts, die das Land in Auftrag gegeben hatte, liegt noch nicht vor. Auf dem Gutachten fußt die Entscheidung, ob Freiland-Geflügel in den Stall muss. Man sei gestern bei einer telefonischen Bund-Länder-Konferenz zu dem Entschluss gekommen, die Stallpflicht schnellstmöglich zu verhängen. "Es handelt sich um eine Vorsichtsmaßnahme," sagt der Sprecher des NRW-Umweltministeriums, Frank Seidlitz. Welche Regionen betroffen sind, will das Umweltministerium heute bekanntgeben. Die Stallpflicht gelte für "unbestimmte Zeit". Das Gutachten soll nach Angaben des Friedrich-Löffler-Instituts heute oder spätestens morgen vorliegen. "Die Empfehlung, die Tiere wegzusperren, ist sicher sinnvoll", sagt Elke Reinking. Das Aufstallungsgebot sei generell die sicherste Maßnahme, um eine Ausbreitung der Geflügelpest zu verhindern. "Wahrscheinlich wird unsere Einschätzung auch darauf hinauslaufen", sagt Reinking.

Gemeinsam mit Ornithologen und örtlichen Behörden werden die Gebiete ermittelt, in denen es eine Stallpflicht geben soll. Es handele sich um Regionen mit durchziehenden Wildvögeln. "Freiwillig sind die Geflügelhalter jetzt schon aufgefordert, ihre Tiere im Stall zu lassen", so Seidlitz. Übertragungen auf den Menschen seien unwahrscheinlich. In NRW ist noch kein Fall aufgetreten. In Deutschland ist die Geflügelpest in Mecklenburg-Vorpommern nachgewiesen. In den Niederlanden sind drei Betriebe betroffen.

Gefährliche Tierseuchen der Region
11 Bilder

Gefährliche Tierseuchen der Region

11 Bilder
Foto: AFP, AFP

Die Geflügelzüchter fürchten mögliche Umsatzeinbußen. "Bei vielen Bauern liegen die Nerven derzeit blank", sagt der Geschäftsführer des Geflügelwirtschaftsverbandes NRW, Heinrich Bußmann. Eine Stallpflicht sieht er mit gemischten Gefühlen: Unter der Prämisse, dass Wildvögel das Vogelgrippe-Virus H5N8 verbreiten, das bei Hühnern, Puten und Gänsen zu hochansteckenden Formen der Geflügelpest mutieren kann, befürwortet Bußmann eine Stallpflicht. Dies sei dann eine klare Schutzmaßnahme. Aber nur dann. "Tiere, die gewohnt sind, draußen zu leben, kann man nicht einfach einsperren", sagt der Geschäftsführer. Sie würden nach draußen drängen. Die logistischen Kapazitäten, das Geflügel in Ställen unterzubringen, seien in NRW aber grundsätzlich vorhanden. Weitere Maßnahmen wie Schutzkleidung und Desinfektionsmatten vor den Ställen seien bereits vielfach ergriffen worden.

Auch Bernhard Möller bereitet die Stallpflicht Sorgen. "Wir haben auf unserem Hof gut 4500 Freilandhühner. Sollte die Stallpflicht kommen, stellt sich uns die Frage, ob wir die Eier noch als Freilandeier verkaufen dürfen", sagt der Hildener Landwirt, der 4500 Hühner hält. Welches Etikett die Eier tragen, ist finanziell enorm wichtig für ihn: Ein Ei aus Bodenhaltung ist im Schnitt zwei bis drei Cent günstiger als eines aus Freilandhaltung. "Ich bekäme also weniger Geld, habe aber die höheren Kosten - etwa durch die Pacht für die Freilandfläche und die Geräte, die ich brauche." Generell aber ist Möller für eine präventive Stallpflicht. "Ich sehe ja selbst, wie die Wildvögel über unsere Höfe hinwegfliegen. Wenn ein mit Vogelgrippe infiziertes Tier einmal landet oder seinen Kot fallen lässt, dann hat man ein erhebliches Problem."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort