Landesgesetz soll Mängel beheben Gericht stoppt "Hygiene-Ampel" in NRW

Münster · Nebel statt Transparenz: Mit deutlicher Kritik haben NRWs oberste Verwaltungsrichter das Pilotprojekt für die "Hygiene-Ampel" in Gaststätten gestoppt. Landesweit soll sie auf neuer Basis trotzdem kommen.

Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat den bereits seit drei Jahren laufenden Test für die landesweit geplante "Hygiene-Ampel" zur Sauberkeit in Gaststätten gestoppt. Die bisherige Rechtslage erlaube keine pauschale Weitergabe der Ergebnisse von amtlichen Lebensmittelkontrollen, entschieden die Richter am Montag.
Die Veröffentlichung einer bloßen Punktwertung wie bei dem in Duisburg und Bielefeld erprobten und vom Verbraucherministerium geförderten "Gastro-Kontrollbarometer" schaffe keine Transparenz, sondern vernebele, lautete die deutliche Kritik des Senats.

Im Internet und in einer App der Verbraucherzentralen ist seit Start des Projektes ab Dezember 2013 in einer Farbskala abzulesen, wie die Restaurants und Imbisse in den Pilotstädten jeweils bei den Begehungen der Lebensmittelkontrolleure abgeschnitten haben. Grün zeigt dabei gute Ergebnisse an, Rot eine Vielzahl von Mängeln, Gelb liegt dazwischen.

Neun Gastronomen aus Duisburg und Bielefeld klagten nun erfolgreich gegen die Weitergabe ihrer Daten an die Verbraucherzentrale. Die Städte hatten sich dabei auf das bundesweit geltende Verbraucherinformationsgesetz gestützt. Nach diesem Gesetz hätten Verbraucher zwar Anrecht darauf, etwas über konkrete Verstöße zu erfahren, nicht jedoch die pauschalen Punktwerte, bemängelten die Richter. Denn was genau das Abschneiden auf der Farbskala im Einzelfall beeinflusst habe, erfahre der Gast nicht. Die Punktwertung setzt sich etwa durch Verstöße bei der Personalhygiene und beim Lebensmittelrecht, aber auch durch Mängel bei baulichen Beschaffenheiten oder der Dokumentationspflicht zusammen.

Am Plan ein solches Instrument im kommenden Jahr landesweit einzuführen, will Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) jedoch festhalten. Schließlich hätten die Erfahrungen im Pilotprojekt gezeigt, dass ein Kontrollbarometer das Hygieneniveau heben könne. Remmel sieht die Versäumnisse, die nun zum Aus für den Piloten geführt haben, allerdings beim Bund: "Die Bundesregierung hat es versäumt, eindeutige und effektive Regelungen zugunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher zu schaffen. Das werden wir jetzt als Land nachholen", teilte er zudem mit.

Das Gesetz soll Gastronomen und Lebensmittelbetriebe nach einer Übergangszeit von drei Jahren verpflichten, die Kontrollergebnisse als farblichen Aushang im Lokal sichtbar zu machen. Die rot-grüne Landesregierung benötigt für ihre Pläne noch die Zustimmung des Landtags.

Auch die Verbraucherzentrale NRW hofft auf eine landesweite Lösung: Die Erfahrungen aus Duisburg und Bielefeld hätten einerseits eine starke Nachfrage beim Verbraucher gezeigt, andererseits zu einer deutlichen Verbesserung der Betriebe geführt. Mehr als 70 Prozent der Gastronomie-Betriebe in den Teststädten hätten ihre Ergebnisse seit Einführung des Kontrollbarometers steigern können. In Duisburg und Bielefeld gebe es derzeit keine Betriebe mit einer Bewertung im roten Bereich. "Das Kontrollbarometer zeigt Wirkung und darum muss es doch gehen", betonte Bernhard Burdick, bei der Verbraucherzentrale NRW zuständig für den Bereich Lebensmittel.

Der nordrhein-westfälische Gaststätten-Verband Dehoga forderte dagegen ein generelles Aus für ein verpflichtendes Kontrollbarometer. Durch das Urteil fühlen sich die Verbandsvertreter in ihrer Rechtsauffassung bestätigt: "Der Gast wird mit einer Interpretation von Informationen, die mit dem Hygienezustand teilweise gar nichts zu tun haben, alleine gelassen", kritisierte Verbandspräsident von Dehoga-NRW, Bernd Niemeier, in einer Mitteilung. Dieses Problem der "Pseudotransparenz" löse auch das jetzt vorgesehene Instrument nicht.

(lnw)
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