Trauer in Haltern "Plötzlich sind die Kinder nicht mehr da"

Haltern · Nach dem Flugzeugabsturz in Südfrankreich trauert die Kleinstadt Haltern um ihre Opfer. 16 Schüler und 2 Lehrerinnen sind von einer Austauschreise nicht zurückgekehrt. Die Schule ist zum Ort des Gedenkens geworden.

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Haltern trauert um 16 Schüler und zwei Lehrerinnen

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Foto: afp, bb

An Unterricht ist an diesem Tag der Trauer nicht zu denken: Schüler, Eltern und Lehrer des Gymnasiums in der westfälischen Stadt Haltern beklagen ihre 18 Toten. Auf den Stufen vor der Schule flackern schon seit gestern dutzende Kerzen, es werden mehr und mehr. Die Schüler sind nicht zum Büffeln gekommen, sondern um Blumen niederzulegen, das Unfassbare irgendwie zu verarbeiten.

Die sonst so beschauliche Stadt am Rande des nördlichen Ruhrgebiets ist zu einem Ort geworden, in den der Flugzeugabsturz über den französischen Alpen besonders tiefe Wunden gerissen hat: 16 Schüler und zwei Lehrerinnen kehrten von einer achttätigen Austauschreise nach Spanien nicht zurück.

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Die Stadt stehe unter Schock, ein Ausnahmezustand, schildert Polizeisprecherin Ramona Hörst die Stimmung in Haltern am See. "Es ist eine große Traurigkeit in der Stadt, die Schüler sind sehr betroffen und schweigsam", sagt sie.

Am Dienstagnachmittag war der Unterricht abgebrochen worden, am Morgen danach ist die Schule der Ort, an dem Schüler und Lehrer zusammenkommen. Mit bleichen Gesichtern betreten sie das Schulgelände, vorbei an den Kamerateams aus dem In- und Ausland, die über Nacht angerollt sind.

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Foto: Twitter/DFB

Schon kurz nach Bekanntwerden des schrecklichen Unglücks hatte sich die Nachricht wie eine lähmende Decke über das Städtchen gelegt. An der Kirche in der Innenstadt lagen sich Trauernde in den Armen, nur das Schluchzen eines Mädchens durchbrach die Stille.

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Foto: dpa, sh

Die Fassungslosigkeit weicht auch am Morgen danach nicht. "Jeder zweite, an dem man vorbeikommt, weint. Die Stadt ist klein, alle wissen bescheid und können es nicht begreifen", sagt Laura Jungblut. Die 22-Jährige arbeitet ganz in der Nähe der Schule, kommt jeden Morgen am Joseph-König-Gymnasium vorbei. Heute ist alles anders.

Auch für Karin Keysselitz: "Das ist ganz unfassbar. Von jetzt auf gleich sind die Kinder nicht mehr da. Und die Lehrerinnen auch nicht", sagt sie. Die 45-Jährige ist selbst Mutter eines Schülers des trauernden Joseph-König-Gymnasiums, eine der verunglückten Lehrerinnen unterrichtete ihn. "Wenn man sonst von solchen Unglücken hört, ist das soweit weg. Jetzt ist es hier in unserem Haltern".

Wie zahlreichen seiner Mitschüler sei es auch ihrem Sohn wichtig gewesen, an diesem Tag in der Schule zu sein. Reden, das sei jetzt wichtig. Sie selbst will mit einer Freundin weiße Tulpen niederlegen. Als die beiden Frauen vor dem Bahnhof zusammentreffen, gibt es nur Tränen. Arm in Arm gehen sie zur Schule.

Die Schule soll an diesem Tag zu einem Ort des Gespräches werden. Seelsorgerteams sind vor Ort und suchen das Gespräch. Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) ist zur Trauerfeier in die Aula gekommen, sie ist sichtlich tief bestürzt. Zum großen Schmerz der Betroffenen sagt sie: "Wir können ihn nur teilen, und aus dem gemeinsamen Teilen kann ein wenig Trost erwachsen."

Am Vormittag treten immer wieder schweigend Schülergruppen vor die Schule, lassen das Lichtermeer für ihre Mitschüler und Lehrerinnen auf den Stufen wachsen, fassungslos über die Lücke in ihrer Mitte.

(dpa)
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