Schiefergas-Förderung in den Niederlanden Haben wir bald Fracking in der Nachbarschaft?

Düsseldorf · Ohne mit der deutschen Politik zu sprechen, beginnt am Donnerstag ein Prüfungsverfahren, um entlang fast der ganzen Grenze zu Deutschland und in anderen Teilen der Niederlande Schiefergas zu fördern. Behörden wollen das nun prüfen.

Hannelore Kraft informiert sich in Kanada über Fracking
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Eine Annonce des niederländischen Wirtschaftsministeriums in einem Teil unserer Redaktion hat am Mittwoch für Verstimmung zwischen NRW und dem Nachbarland gesorgt. In der Anzeige verkündete die niederländische Regierung für heute die Veröffentlichung eines Entwurfs zur "Strukturvision Schiefergas". Das heißt nichts anderes als: Fracking. In dem Papier, das unserer Redaktion schon vorliegt, gehen die Niederlande von Schiefergasvorkommen in weiten Teilen des Landes aus und bekunden auch ihren Willen, diese mit der umstrittenen Fördertechnik Fracking zu erschließen. Die 72-seitige Studie bildet die Grundlage für eine Umweltverträglichkeitsprüfung

Über beides zusammen soll im niederländischen Parlament Anfang des kommenden Jahres abgestimmt werden. Sollten die Abgeordneten zustimmen, würden Probebohrungen und Fracking an der Grenze zu NRW möglich werden.

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Foto: afp, DM/jk

Die Methode ist deshalb so umstritten, weil nicht klar ist, welche Auswirkungen für Boden und Grundwasser bestehen. Die jetzt angestoßene Strukturvision soll genauere Erkenntnisse über geeignete Regionen und Methoden liefern, verzichtet nach Auskunft eines niederländischen Regierungssprechers aber auf Test-Bohrungen. Bis zum 9. Juli können Bürger Einwände und Bedenken anmelden - auch deutsche. Bemerkenswert ist: In Nordrhein-Westfalen weiß bisher kaum jemand etwas davon. In der Staatskanzlei wurde Anfang April dieses Jahres angefragt, welche Behörden und Kommunen auf deutscher Seite an dem Verfahren beteiligt werden müssen. Darin ist von der Absicht die Rede, einen "raumordnerischen Entwicklungsplan mit möglichen Standorten für die Gewinnung von Schiefergas in den Niederlanden zu erstellen".

Konkrete Unterlagen sind aber nicht übersandt worden. Im Umweltministerium wie im Wirtschaftsministerium sind auch noch keine Anfragen nach Stellungnahmen eingegangen. Laut einer gemeinsamen Erklärung über die Zusammenarbeit bei grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfungen zwischen dem niederländischen Staat und dem Land Nordrhein-Westfalen sind die Niederlande aber verpflichtet, grenzüberschreitende Konsultationen einzuholen.

Dafür erschien am Mittwoch die Zeitungsannonce, in der das niederländische Wirtschaftsministerium über das weitere Verfahren und über Beteiligungsmöglichkeiten informiert. In der Bezirksregierung Münster, die für Beziehungen zu den Niederlanden zuständig ist, ging vorab auch die Anfrage ein, wo man denn die Anzeige überall schalten müsse. Eine Stellungnahme zu dem Entwurf der "Strukturvision" wurde allerdings nicht erbeten. "Weil es derzeit keine Pläne über Bohrungen gibt, über die diskutiert werden müsste", sagte Bart Visser, Sprecher des niederländischen Wirtschaftsministeriums, unserer Zeitung. "Alle sind eingeladen, Meinungen und Bedenken jetzt mitzuteilen." Visser schloss Probebohrungen vor Abschluss der Studie aus. Das beauftragte wissenschaftliche Institut arbeite allein auf Grundlage des vorhandenen Wissens.

Der Landesverband NRW des Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) will gegen die Pläne der niederländischen Regierung vorgehen: "Wir werden versuchen, uns als Betroffene einzubringen. Die Probleme machen schließlich nicht vor der Grenze halt", sagt Geschäftsleiter Dirk Jansen. Die geographischen Voraussetzungen seien an beiden Seiten der Grenzen sehr ähnlich, die Risiken daher vergleichbar. Jansen fordert die Politik zum Handeln auf: "Wir erwarten, dass sich die Landesregierung zu dem Thema äußert."

(RP)
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