Haribo-Erpresser vor Gericht "Ich hatte nur noch 3,41 Euro im Portemonnaie"

Bonn · Er hatte nur noch wenige Euro in der Tasche - da beschloss er, sich auf kriminelle Weise Geld zu beschaffen. Nun ist der Rentner wegen Erpressung angeklagt. Eines seiner Opfer: der Gummibärchen-Hersteller Haribo. Vor Gericht legte der Mann ein Geständnis ab.

 Seit Donnerstag muss sich der Rentner (l.) vor Gericht verantworten.

Seit Donnerstag muss sich der Rentner (l.) vor Gericht verantworten.

Foto: dpa, hka wst

Er drohte, Gummibärchen oder Tiefkühlpizza zu vergiften und er wollte sich sogar Zyankali beschaffen: Ein 74 Jahre alter Rentner hat vor dem Bonner Landgericht die versuchte Erpressung von Haribo, Lidl und Kaufland gestanden. Er habe aus Geldnot gehandelt, sagte der Dortmunder am Donnerstag. Seine Rente habe nicht zum Leben gereicht.

Auf der Anklagebank sitzt ein Mann mit schlohweißem Haar. Sein Mandant wisse, dass es sich bei den Vorwürfen um kein Kavaliersdelikt handele und wolle reinen Tisch machen, kündigt sein Verteidiger gleich zu Beginn der Verhandlung an.

Und so schildert der gelernte Kaufmann, wie er im vergangenen Jahr zunächst vergeblich versuchte, den Discounter Lidl per E-Mail zu erpressen. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, verteilte er in mehreren Lidl-Filialen mit einer Spritzflasche Buttersäure in Kühltheken. Doch das Unternehmen reagierte nicht auf seine Mails. "Die dachten wohl, das ist ein Spinner", meint der Angeklagte.

Darum nahm er stattdessen den Bonner Süßwarenhersteller Haribo und den Lebensmittelhändler Kaufland ins Visier. Per Einschreiben gingen dort Erpresserbriefe ein: Eine Million Euro in der Internet-Währung Bitcoins - ansonsten würden Waren der Unternehmen mit Zyankali vergiftet.

Mit fester Stimme berichtet der Angeklagte, wie er einige Produkte präpariert habe: In Gummibärchen- und Pommestüten sowie eine Pizza-Packung habe er mit einem Strohhalm ein Loch gebohrt. Auf die Verpackung klebte er eine Warnung: "Vorsicht Gift!" Dann platzierte er die Sachen in Verkaufsregalen.

"Es war nirgendwo auch nur ein Milligramm Gift drin. Ich hatte nie die Absicht, jemanden zu verletzen", beteuert der Angeklagte. Allerdings hatte er im Darknet, einem abgeschotteten Bereich des Internet, für 60 Euro Zyankali bestellt - dieses jedoch nicht erhalten. "Ich wollte das nicht einsetzen, sondern nur eine kleine Menge davon an die Unternehmen schicken, damit sie zahlen."

Das taten die Firmen jedoch nicht, sondern alarmierten die Polizei. Am Heiligabend 2016 klickten die Handschellen: Die Ermittler waren durch die Droh-Mails an die IP-Adresse des Rentners gekommen. Außerdem zeigten Videobilder aus einer Postfiliale ihn beim Aufgeben der Erpresser-Briefe.

"Warum haben Sie das alles gemacht?", will der Richter wissen. Nach mehreren Gelegenheitsjobs und einem Alkohol-Entzug habe er am Ende hohe Schulden gehabt und nur eine Rente von 180 Euro erhalten, sagt der Angeklagte. Damit es zum Überleben reichte, hielt er sich unter anderem mit Kurierfahrten über Wasser. Doch eines Tages sei er nach einem Arztbesuch nicht mal in der Lage gewesen, die Rezeptgebühr zu bezahlen: "Ich hatte nur noch 3,41 Euro im Portemonnaie." So sei er auf die Idee mit den Erpressungen gekommen.

Das Urteil soll voraussichtlich Mitte Juli fallen.

(lsa/lnw)
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