Prozess in Aachen Hells Angels sollen Reemtsma-Lösegeld gewaschen haben

Aachen · Die verschwundene Millionen-Beute aus der Reemtsma-Entführung ist wieder ein Fall für die Aachener Richter, zumindest indirekt. Ein 62-Jähriger soll laut Anklage gewusst haben, dass zwei Rocker der Hells Angels aus dem Frankfurter Rotlichtmilieu einen Teil des Lösegelds gewaschen haben.

Rockergewalt in Deutschland - eine Chronik
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Die Rocker sollen ihm 80.000 Euro gezahlt haben, damit er mit seinem Wissen nicht zur Polizei geht - monatlich zwischen 2000 und 3000 Euro in den letzten sechs Jahren. Vom kommenden Mittwoch an muss sich der Mann wegen Erpressung in besonders schwerem Fall verantworten. Der Mann hat bisher zu den Vorwürfen geschwiegen.

Seine 59 Jahre alte Schwester wird der Beihilfe beschuldigt, bestreitet aber die Tat. Die Polizei hatte den 62-Jährigen auf Mallorca gefasst, die Frau in Aachen. Nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Spiegel" war bei Ermittlungen gegen hessische Hells Angels aufgefallen, dass sie monatlich Geld nach Brasilien überwiesen hatten. Außerdem hätten Ermittler Gespräche von dort abgehört, in denen der jetzt angeklagte Mann sich über säumige Zahlungen beklagt und mehr Geld gefordert habe.

Chronologie des Entführungsfalls Reemtsma
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Foto: dpa, Christian Charisius

Reemtsma-Entführung wirft weiterhin Fragen auf

Die Entführung des Hamburger Millionen-Erben Jan Philipp Reemtsma 1996 gilt als eines der spektakulärsten Verbrechen der deutschen Kriminalgeschichte. Sie dauerte fast fünf Wochen. Reemtsma kam gegen das mit 30 Millionen Mark bis dahin höchste bekannte Lösegeld in Deutschland frei. Zwar erhielten die Täter lange Haftstrafen, doch nur ein kleiner Teil der Beute wurde entdeckt. Immer wieder führten Spuren nach Aachen.

In einem ersten Prozess hatte ein Geldkurier umfassend ausgepackt und auch Namen der beiden Kontaktleute genannt, die nach ihm in Aachen verurteilt wurden. Der vor Gericht überraschend naiv wirkende Mann wurde 2002 wegen versuchten Mordes, Geldwäsche und Verstoßes gegen das Waffengesetz zu fünf Jahren Haft verurteilt.

2006 wurde in Aachen der Bruder des Reemtsma-Entführers wegen Geldwäsche zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt. Ein früherer Mitinsasse im Gefängnis und Freund des Entführers legte 2008 wiederum in Aachen ein umfassendes Geständnis ab. Er hatte dafür gesorgt, dass große Teile des Lösegeldes versteckt und weggeschafft wurden. Er wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt. Er glaube nicht, dass von dem Geld noch etwas übrig sei, hatte der Mann damals gesagt: "Ich denke, das ist alles verbraucht, irgendwo versickert, durch Fehlplanung und Fehlinvestition."

Die Staatsanwaltschaft Aachen hat sich vor dem Prozess nicht auf die Frage eingelassen, ob es jetzt Chancen gibt, dem Lösegeld auf die Spur zu kommen. Als Zeugen sind nach Angaben des Gerichts auch die Rocker vorgeladen, die den Mann monatlich fürs Schweigen bezahlt haben sollen. Kaum vorstellbar allerdings, dass sie auspacken. Das Urteil wird für den 28. Oktober erwartet.

(dpa)
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