Islamisten in Deutschland Verfassungsschutz-Präsident mahnt Bürger zur Wachsamkeit

Mönchengladbach · In einer alten Lagerhalle in Mönchengladbach sollen Sechs- bis 18-Jährige von Männern aus der Dschihadistenszene im Kampfsport ausgebildet worden sein. Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen mahnt zu mehr Aufmerksamkeit.

 Hans-Georg Maaßen mahnt zur Wachsamkeit.

Hans-Georg Maaßen mahnt zur Wachsamkeit.

Foto: dpa, tba tmk htf

"Time out" nennt sich die Kampfsportschule an der Giesenkirchener Straße in Mönchengladbach. Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 18 Jahren wurden dort von Salafisten in "Mixed Martial Arts" unterrichtet, einer besonders harten Kampfsportart, die auch Tritte zulässt und bei der oft Blut fließt. Die Schule ist mittlerweile geschlossen.

Nach Hinweisen aus der Bevölkerung hatte der Staatsschutz die Kampfsportschule, die sich in einer alten Lagerhalle befindet, beobachtet. Dabei konnte ermittelt werden, dass sich unter den Trainern und Verantwortlichen Personen befinden, von denen man weiß, dass sie seit Jahren der bekannten Dschihadistenszene angehören. Zum Teil waren sie bereits im mittlerweile aufgelösten Salafisten-Verein "Einladung zum Paradies" aktiv, der in Mönchengladbach-Eicken eine Islamschule plante.

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, mahnt die Bevölkerung deshalb zu mehr Aufmerksamkeit. "Es handelt sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem", sagte Maaßen unserer Zeitung. "Dieses perfide Treiben selbst ernannter Gotteskrieger kann auf Dauer nur eingedämmt werden, wenn Mitbürger aufmerksam hinschauen und Hinweise an Polizei und Verfassungsschutz geben."

 In dieser Halle an der Giesenkirchener Straße in Mönchengladbach trainierten Dschihadisten Kinder und Jugendliche.

In dieser Halle an der Giesenkirchener Straße in Mönchengladbach trainierten Dschihadisten Kinder und Jugendliche.

Foto: Ilgner Detlef

Auch Mustafa C. (26), der sich in Syrien einer terroristischen Vereinigung angeschlossen haben soll, hielt sich nach Ermittlungen des Staatsschutzes bis zu seiner Inhaftierung regelmäßig in den Aufenthalts- und Trainingsräumen auf. Mustafa C. war auf Anordnung des Generalbundesanwalts im Januar von SEK-Leuten in seiner Wohnung in Mönchengladbach-Rheydt festgenommen worden. Augenzeugen berichten, dass sie auch den Salafisten-Prediger Sven Lau öfter in der Kampfsportschule gesehen haben. Sven Lau war Vorsitzender des "Vereins Einladung zum Paradies" und machte zuletzt mit seiner Scharia-Polizei Schlagzeilen.

Peter Biesenbach, Sicherheitsexperte und stellvertretender Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion, forderte Innenminister Ralf Jäger (SPD) auf, härter gegen die islamistische Szene in NRW vorzugehen. "Dass polizeibekannte Dschihadisten offenbar über längere Zeit hinweg ungestört eine Kampfsportschule für Kinder und Jugendliche betreiben konnten, macht deutlich, wie gering der Beobachtungsdruck auf die Szene ist", sagte Biesenbach unserer Zeitung. Augenscheinlich fühlen sich Islamisten in NRW nicht nur pudelwohl, sondern werben inzwischen auch immer unverhohlener um Nachwuchs. "Jäger, in dessen Amtszeit sich die Zahl der Salafisten in NRW fast vervierfacht hat, ist mit dieser Entwicklung offensichtlich heillos überfordert." Der Staatsschutz hatte die Kampfsportschule seit mehreren Monaten im Visier, sammelte Erkenntnisse, wer dort ein- und ausgeht. Tätig wurden Polizei und städtische Behörden schließlich, um einer eventuell möglichen Radikalisierung der Kinder und Jugendlichen frühzeitig entgegenwirken zu können. Die Stadtverwaltung überprüfte die Räumlichkeiten und stellte fest, dass die Betreiber verschiedene rechtliche Vorschriften zum Betrieb einer Sportschule nicht beachtet hatten. Die Verantwortlichen schlossen daraufhin die Schule.

Die Polizei ist sich sicher, dass die Salafisten erneut versuchen werden, Jugendliche mit Freizeitangeboten für ihre Ziele zu begeistern. Sie hat schon seit mehreren Jahren etliche Personen im Visier, die der Dschihadistenszene angehören und zum Teil schon in Syrien waren.

Joachim Stamp, stellvertretender Vorsitzender und integrationspolitischer Sprecher der FDP- Landtagsfraktion, warf dem Innenminister vor, die Lage zu unterschätzen. "Ich fordere seit über einem Jahr vom Innenminister einen Leitfaden für die Kommunen, wie sie Werbeveranstaltungen von Salafisten unterbinden können", so Stamp. Gerade für Städte mit wenig Erfahrung im Umgang mit salafistischer Propaganda wäre dies eine wertvolle Hilfe." Das sieht Arnold Plickert, NRW-Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, ähnlich. Auch für ihn deute vieles darauf hin, dass das Kampfsporttraining eine Werbeveranstaltung gewesen sei. "Die Islamisten gehen knallhart bis an die Grenzen des rechtsstaatlich Möglichen, um zu provozieren. Das ist unerträglich", betonte Plickert.

(RP)
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