Islamismus NRW-Verfassungsschutz schaut auf Kinder

Düsseldorf · Der NRW-Verfassungsschutz lotet Möglichkeiten aus, künftig auch radikalisierte Kinder unter 14 Jahren zu beobachten.

 Anhänger des radikal-islamischen Predigers Pierre Vogel im September 2013 während einer Demonstration in der Frankfurter Innenstadt.

Anhänger des radikal-islamischen Predigers Pierre Vogel im September 2013 während einer Demonstration in der Frankfurter Innenstadt.

Foto: dpa

Der NRW-Verfassungsschutz lotet Möglichkeiten aus, künftig auch radikalisierte Kinder unter 14 Jahren zu beobachten. In der islamistischen Szene beginne die Radikalisierung immer früher, heißt es zur Begründung. Das Thema birgt Konfliktpotenzial für die schwarz-gelbe Landesregierung.

"Wir prüfen in der Tat, ob wir die Altersgrenze senken können", sagte Burkhard Freier, Leiter des Landesverfassungsschutzes, im Düsseldorfer Landtag. In anderen Bundesländern, etwa in Hessen und Rheinland-Pfalz, werde dies zurzeit auch erwogen, in Bayern sei es bereits vorgesehen. Die Altersgrenze von 14 Jahren für die Speicherung personenbezogener Daten sei willkürlich und veraltet, weil die Radikalisierung insbesondere im islamistischen Umfeld immer früher beginne. Freier sprach sich zugleich dafür aus, die gespeicherten Daten an Jugendämter weiterzugeben, um den Kindern Unterstützung zukommen zu lassen.

Die große Koalition in Berlin hatte das Mindestalter für eine Überwachung erst 2016 von zuvor 16 auf 14 Jahre gesenkt. Auch in NRW war die Altersgrenze damals auf 14 Jahre gesenkt worden. Motiviert war dies unter anderem durch den Anschlag jugendlicher Islamisten auf einen Sikh-Tempel in Essen.

Das Thema birgt Konfliktpotenzial für die schwarz-gelbe Landesregierung. So bekräftigte CDU-Innenminister Herbert Reul am Freitag auf Anfrage: "Zurzeit dürfen wir Kinder unter 14 Jahren nicht beobachten. Wir brauchen daher Instrumente, um Kinder, von denen Gefahren ausgehen, im Blick halten zu können." Mädchen und Jungen, die aus Kriegsgebieten zurückkehrten, hätten in den vom IS besetzten Gebieten fürchterliche Gräueltaten erlebt. Ihre Hemmschwelle, Gewalt anzuwenden, sei mitunter gering.

FDP-Familienminister Joachim Stamp äußerte sich zurückhaltender: "Wir brauchen für den Umgang mit Kindern aus dem dschihadistischen Umfeld eine geeignete Gesamtstrategie. Kindeswohl und Sicherheitsinteressen müssen sorgfältig abgewogen werden. Wir werden diese Frage mit Experten erörtern."

Auch die Opposition bewertet das Thema unterschiedlich. Grünen-Innenexpertin Verena Schäffer sagte: "Eine Beobachtung von unter 14-Jährigen durch den Verfassungsschutz lehnen wir ab." Radikalisierte Kinder seien ein Fall für die Jugendhilfe und nicht für Nachrichtendienste. SPD-Experte Hartmut Ganzke konstatierte: "Es gibt in der Tat die erschreckende Entwicklung, dass gezielt versucht wird, auch bereits Kinder unter 14 Jahren zu radikalisieren." Entsprechende Vorfälle müssten beobachtet werden. Dies dürfe aber nicht zu einer Datensammelwut führen — vielmehr seien die Jugendschutz-Behörden gefragt.

(kib)
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