Aachen Herman van Rompuy mit Karlspreis ausgezeichnet

Aachen · Arzeni Jazenjuk genoss den Karlspreis auf seine Weise. Nach der Zeremonie kaufte sich der ukrainische Übergangspremier eine Portion Pommes beim Bürgerfest auf dem Aachener Katschhof.

Aachen: Herman van Rompuy mit Karlspreis ausgezeichnet
Foto: ap

Kurz zuvor noch mahnte er im Krönungsaal des Rathauses an die Adresse Russlands: Niemand habe das Recht, "die UN-Charta zu verletzen und in Europa neue Grenzen zu ziehen und neue Mauern zu errichten”. Sein Land müsse für Frieden und Freiheit kämpfen - "mit allen Mitteln und Werkzeugen". Während er dies sagte, pfiffen draußen lautstark pro-russische Demonstranten.

Auch Preisträger Herman van Rompuy kritisierte Moskau scharf. "Destabilisierung durch unseren gemeinsamen Nachbarn Russland ist nicht akzeptabel", sagte der amtierende EU-Ratspräsident in seiner Dankesrede. Das Vorgehen Russlands sei umso bedauerlicher, als das Land "vollständig zur europäischen Zivilisation, zur europäischen Kultur" gehöre. In Europa gebe es keine Grenzansprüche zu Lasten der Nachbarn. "Wir müssen mit anderen Staaten zusammenarbeiten, um Probleme zu lösen.”

Jazenjuk dankte Van Rompuy für dessen Unterstützung. Der EU-Ratspräsident habe "alles unternommen, um Blutvergießen in meinem Land zu verhindern". Das ukrainische Volk vertraue ihm ganz persönlich.

Der Belgier lächelte bei diesem Lob. Auf seinen Wunsch war der Karlspreis diesmal anders. Van Rompuy entschloss sich inmitten des Konflikts mit Russland, die Regierungschefs der Ukraine, der Republik Moldau und Georgiens als Laudatoren einzuladen. Nicht damit sie über ihn, sondern über ihr Verhältnis zu Europa sprechen. Ein mutiges politisches Zeichen, das glückte.

Der Premier der Republik Moldau Iurie Leanca sagte: "Sie fragen, was Europa für uns bedeutet: Eine Zukunft.” Die Gemeinschaft stehe für "Offenheit, Pluralität, einen Raum der Freiheit und des Wohlstands - verbunden durch die Solidarität zwischen Nationen statt der Dominanz übereinander.” Seit ihrer Unabhängigkeit habe die Ex-Sowjetrepublik Moldau 20 Jahre lang Niedergang und Stagnation erlebt. „Die europäische Integration ist nichts weniger als eine Existenzfrage“, sagte Leanca.

Die Idee, seine Person für die Sache zurückzustellen, passt ganz und gar zum Preisträger. Herman van Rompuy ist kein eitler Selbstdarsteller, sondern ein effektiver Arbeiter hinter den Kulissen. Er bekam den Preis für seine Verdienste als "Mittler, Konsensbildner und Impulsgeber für die europäische Einigung”. Der Belgier ist seit 2009 der erste hauptamtliche Ratpräsident der EU. Er bekam den Top-Posten - auch weil er als belgischer Premier im eigenen Land erfolgreich Brücken zwischen den zerstrittenen Sprachgruppen baute. Als Gipfelmanager und Moderator im Kreis der 28 EU-Staats- und Regierungschefs sorgte er entscheidend mit dafür, dass die Rettung des Euro gelang. Dabei zog er Strippen im Hintergrund, stahl den Alpha Tieren aus den Hauptstädten nie die Schau. Er habe seine Rolle immer darin gesehen, als "Hüter des Vertrauens” unter den "EU-Chef” zu agieren. "Vertrauen ist die Basis für schwierige Entshcheidungen.”

Van Rompuy plädierte in seiner Karlspreis-Rede für eine EU, die wieder stärker als Schutz denn als Bedrohung wahrgenommen wird. Die EU müsse sich da zurückhalten, wo die nationalen Behörden am besten in der Lage seien, Abhilfe zu schaffen. Die Gemeinschaft solle Vertrautes respektieren: Im Sozialbereich, bei regionalen Traditionen und Identitäten. "Die Menschen müssen sich in unserer Union zu Hause fühlen. Europa darf nicht nur ein großer Raum der Freizügigkeit und Freiheiten sein, sondern es muss auch ein Ort sein, der Heimat ist.” Zu wissen, wann man als Union zu handeln habe und wann nicht, sei ein schwieriger Balanceakt.

Es sei "für die Union entscheidend, auch auf der schützenden Seite zu stehen”.

Die gemeinsame Aufgabe, der sich alle Institutionen und alle Regierungen stellen müssten, laute: "Mehr Stärke nach außen zeigen, und mehr Behutsamkeit nach innen.”

(jco)
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