Debatte nach Zentralrat-Warnung Beleidigungen: Juden in NRW verstecken Kippa auf der Straße

Düsseldorf · Jüdische Gemeinden in Nordrhein-Westfalen bestätigen den Zentralrat der Juden: Das öffentliche Tragen einer Kippa kann gefährlich sein. Immer wieder gebe es Beleidigungen auf offener Straße. Deshalb verstecken die meisten Juden ihre Kippa unter einem Hut.

 Die Kippa wird von jüdischen Männern beim Gottesdienst in der Synagoge oder auf dem Friedhof getragen. Orthodoxe Juden tragen sie auch im Alltag.

Die Kippa wird von jüdischen Männern beim Gottesdienst in der Synagoge oder auf dem Friedhof getragen. Orthodoxe Juden tragen sie auch im Alltag.

Foto: dpa, skn fux vfd tmk

"In Wuppertal traut sich seit langem kein Mensch mehr, eine Kippa zu tragen", sagte der Vorsitzende der dortigen Jüdischen Gemeinde, Leonid Goldberg, am Freitag. "Unser Rabbiner ist mehrmals beleidigt und bespuckt worden. Der muslimische Antisemitismus hat stark zugenommen. "Jude" ist seit Jahren ein Schimpfwort muslimischer Jugendlicher auf den Schulhöfen."

Auch in Köln ist man skeptisch: "Das Zeigen der israelischen Fahne und das Tragen einer Kippa wird in Deutschland als Provokation empfunden", sagte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Köln, Mark Frenkel. Auch junge Deutsche äußerten sich aggressiv. "Ich habe das selbst erlebt", sagte Frenkel.

Wenn Muslime Kopftuch und Burka tragen, müsste es Juden dabei möglich sein, ihre Kippa zu tragen, sagte Frenkel. In Köln würden sich Juden meist dadurch behelfen, dass sie die Kippa unter einem Hut oder einer anderen Kopfbedeckung verstecken. So verhält man sich auch in Essen: "Wir ziehen etwas drüber", sagte der dortige Gemeindevorstand Jewgenij Budnizkij. Dies betreffe nicht nur Essen, sondern "eigentlich alle Städte".

Die Kippa wird von jüdischen Männern beim Gottesdienst in der Synagoge oder auf dem Friedhof getragen. Orthodoxe Juden tragen sie auch im Alltag.

"Hier in Düsseldorf haben wir diese Probleme nicht", sagte dagegen der Verwaltungschef der dortigen jüdischen Gemeinde, Michael Szentei-Heise. "Es hat hier noch keinen Vorfall wegen einer Kippa gegeben. Ich hätte in keinem Viertel Bedenken", sagte Szentei-Heise. "Es gibt aber durchaus Städte, in denen das anders ist."

Das Tragen einer Kippa sei in vielen deutschen Stadtvierteln mit hohem muslimischen Anteil gefährlich, hatte der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, gesagt. Es sei eine Entwicklung, die er so vor fünf Jahren nicht erwartet habe, und die ein wenig erschreckend sei.

Die Zahl antisemitischer Straftaten hat in Deutschland im vergangenen Jahr nach Informationen der Amadeu Antonio Stiftung um rund zehn Prozent zugenommen. 864 Fälle seien registriert worden nach 788 Fällen im Jahr 2013. Das Bundesinnenministerium vermutet, dass die Zahl noch darüber liegen wird.

(lnw)
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