Fall aus Dortmund Verteilen Ordnungsämter wirklich Knöllchen an Obdachlose?

Dortmund/Düsseldorf · Ein Obdachloser soll in Dortmund zu einer Strafe von 20 Euro verdonnert worden sein, weil er unerlaubt an einem Kiosk übernachtete. Sind solche Strafen üblich? Nur in Ausnahmefällen, sagt die Stadt Dortmund.

 Ein Obdachloser schläft in einer Unterführung. (Archivbild)

Ein Obdachloser schläft in einer Unterführung. (Archivbild)

Foto: dpa, scg pat

Ein Obdachloser sollte im Herbst ein Bußgeld von 20 Euro bezahlen, weil er an einem Kiosk in Dortmund sein Nachtlager aufgeschlagen hatte — so berichtet es die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung". Offiziell ist es zwar verboten, "auf Straßen oder in Anlagen auf nicht besonders freigegebenen Flächen zu übernachten", wie es in der so genannten ordnungsbehördlichen Verordnung der Stadt steht. Doch ist es tatsächlich üblich, dass Mitarbeiter des Ordnugsamts Knöllchen an Obdachlose verteilen?

"Nein", sagt ein Sprecher der Stadt Dortmund. "Die Mitarbeiter weisen die Obdachlosen vielmehr auf die bestehenden Schlaf- und Hilfsangebote hin." Verwarnungen würden zwar ausgesprochen, nur "in vereinzelten Fällen" würde aber ein Bußgeldverfahren eingeleitet.

"Jeder Fall nach Ermessen beurteilen"

Im vergangenen Jahr haben Mitarbeiter des Dortmunder Ordnungsamts 407 Verstöße gegen "Lagern, Campieren und Übernachten auf öffentlichen Plätzen" festgestellt, wie der Sprecher sagt. Die Mitarbeiter müssten jeden Einzelfall "nach jeweiligem Ermessen bewerten". Dabei gehe es etwa darum, ob ein Obdachloser wiederholt aufgefordert werden müsse, an einem bestimmten Ort nicht zu schlafen oder ob er sich einsichtig zeige. "Aber in erster Linie wollen unsere Mitarbeiter Hilfestellung leisten." Und deshalb bleibe es in den meisten Fällen bei mündlichen Verwarnungen. Wie oft genau ein Bußgeld erhoben wurde, konnte der Sprecher nicht beziffern.

"Kein Mensch, der sich in einer Notsituation befindet, muss draußen schlafen", sagt er. Ein Argument, das in allen Großstädten zu hören ist. Die Realität sieht jedoch oft anders aus: Viele Obdachlose fühlen sich in den Notunterkünften unwohl, weil es unter den Wohnungslosen dort immer wieder zu Diebstählen kommt, es kaum Privatsphäre gibt, man mit Fremden in einem Raum schläft. Ein bekanntes Problem ist außerdem, dass in vielen Unterkünften keine Hunde erlaubt sind — sehr viele Obdachlose aber Hunde haben.

Keine Knöllchen in Düsseldorf

In Düsseldorf werden tagsüber zwar oft Platzverweise ausgesprochen, wie ein Sprecher sagt, "aber Knöllchen? Nein, bei uns bekommt kein Obdachloser ein Knöllchen." Die Mitarbeiter des Ordnungsamts stünden im engen Kontakt zu den Hilfsstellen. Weggeschickt werde nur, wer laut sei oder Müll liegen lasse.

Morgens gebe es allerdings eine "Weck-Runde", bei der Mitarbeiter der Stadt die Schlafenden im Bahnhof und dem Umfeld wecken und wegschicken würden. "Sie liegen oft in den Eingängen der Geschäfte oder auf Lüftungsschächten, wo es ein wenig wärmer ist", sagt der Stadt-Sprecher. Im Winter würde es in kalten Nächten vor allem darum gehen, die Obdachlosen auf die Not-Schlafplätze hinzuweisen, damit sie sich nicht selbst gefährden. "Ganz ehrlich: Bei Leuten, die auf der Straße leben, kommt man mit Knöllchen auch nicht weit — die haben ja nichts."

(hsr)
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