NRW Land streitet über Arcandor-Hilfe

NRW · Ministerpräsident Jürgen Rüttgers schließt staatliche Hilfen für die Karstadt-Mutter nicht aus. Die NRW-FDP ist strikt dagegen, Wirtschaftsverbände auch. Der Konzern hat 700.000 Unterschriften von Kunden gesammelt.

Karstadt-Mitarbeiter demonstrieren vor dem Landtag
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Der angeschlagene Handelskonzern Arcandor drängt immer stärker auf Hilfen vom Staat. Konzernchef Karl-Gerhard Eick hat gestern seine Forderung nach Bürgschaften in Höhe von 650 Millionen Euro bekräftigt und eine mögliche Arcandor-Pleite mit der Insolvenz der US-Bank Lehman Brothers verglichen. Der Konzern sammelte innerhalb einer Woche 700 000 Unterschriften von Kunden für den Erhalt der Warenhäuser.

"Ich halte die Forderungen des Arcandor-Managements nach Staatshilfen für dreist", sagte Gerhard Papke, Fraktionsvorsitzender der FDP im NRW-Landtag, unserer Zeitung. Die Probleme der Karstadt-Mutter seien Folgen von Missmanagement. Er forderte ein stärkeres Engagement der Arcandor-Eigentümer, der Familie Schickedanz und der Privatbank Sal. Oppenheim. "Die nagen nicht am Hungertuch", so Papke. Dagegen dürfe der Steuerzahler nicht für die Fehler haften. "Eine Bürgschaft für Arcandor würde vom Mittelstand als Schlag ins Gesicht empfunden", sagte der FDP-Politiker. "Wenn die Politik alle Großunternehmen vor der Pleite bewahren will, treibt das Land in Richtung Staatswirtschaft."

NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers dagegen hatte Hilfen für Arcandor nicht ausgeschlossen. "Wenn es für Karstadt eine Zukunft in der Deutschen Warenhaus AG gibt, kann es sinnvoll sein, dass der Staat dem Konzern über vorübergehende Schwierigkeiten hinweg hilft", hatte Rüttgers in der vergangenen Woche gesagt. Gestern kündigte er an, wie im Fall Opel Expertenwissen zu einer möglichen Staatsbürgschaft einzuholen.

Auch die Wirtschaft kritisierte die Forderungen von Arcandor scharf. "Das Problem bei Arcandor ist über lange Zeit entstanden und hat mit der aktuellen Krise nur bedingt zu tun", sagte Hans Heinrich Driftmann, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), unserer Zeitung. "Staatshilfen für Arcandor wären daher nach Opel ein weiterer politischer Tabubruch." Das habe er auch dem Bundeswirtschaftsminister deutlich gemacht.

Das Bankhaus Oppenheim will sich stärker als bisher für eine Arcandor-Rettung einsetzen. Dazu führe Oppenheim-Bankier und Arcandor-Aufsichtsratschef Friedrich Carl Janssen Gespräche mit Politikern, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Auch Madeleine Schickedanz wolle sich beteiligen.

Unterdessen zieht der Kreditversicherer Euler-Hermes bei Arcandor die Notbremse. Die Versicherung will bei einer Zahlungsunfähigkeit nur noch für 60 anstatt 85 Prozent der ausstehenden Rechnungssumme gerade stehen.

Heute wollen in Nürnberg Tausende Beschäftigte der Versandtochter Quelle für die Staatsbürgschaft auf die Straße gehen.

(RP)
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