Flüchtlinge in NRW Land sucht verzweifelt neue Asylunterkünfte

Krefeld/Düsseldorf · Tausende Flüchtlinge könnten in den nächsten Tagen in NRW ankommen. Doch es mangelt an geeigneten Unterkünften. Das Land bittet die Kommunen um dringende Hilfe. In Krefeld wird ein Schullandheim kurzfristig umfunktioniert.

Kosten für Flüchtlinge: Die wichtigsten Antworten
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Foto: dpa, rwe lof

Die Bezirksregierung Düsseldorf rechnet mit 5000 neuen Flüchtlingen, die dem Land NRW allein an diesem Wochenende zugewiesen werden. Regierungspräsidentin Anne Lütkes hat deshalb einen dringenden Hilferuf an die Kommunen gerichtet, für die Aufnahme von Flüchtlingen weitere Gebäude bereitzustellen.

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Krefeld: Schullandheim wird zum Flüchtlingsheim

Kathstede berief einen Krisengipfel ein, an dem er auf die dringende Notwendigkeit, weiteren Platz zur Verfügung zu stellen, aufmerksam machte. Nach aktuellem Stand leben 918 Flüchtlinge in Krefeld. Erst in den vergangenen fünf Tagen hatte die Stadtverwaltung begonnen, eine Turnhalle so umzubauen, dass dort 32 Flüchtlinge leben können; abgetrennt durch Spinde und mit Folie behangenen Bauzäunen leben die Flüchtlinge dort künftig dicht auf dicht. Die Stadt will nun weitere freie Schulgebäude oder Verwaltungsbauten als Flüchtlingsheime umrüsten. Auch ein ehemaliges Seniorenheim an der Westparkstraße könnte künftig ein Flüchtlingsheim werden.

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Foto: dpa, jst fdt

Wie schnell das Schullandheim belegt wird, ist noch völlig offen. Eigentlich sollten an diesem Wochenende die ersten Flüchtlinge nach Herongen kommen - so war es der Stadt Krefeld mitgeteilt worden. Klaus Friedrich, Leiter des Krefelder Schullandheims, teilte aber am Freitag mit, dass er bis dato durch die Bezirksregierung nicht informiert worden sei. Er fühle sich "überrumpelt", verstehe aber, dass die Flüchtlinge "alle Hilfe" bräuchten.

Leiter des Schullandheims: "Musste Urlaubern absagen"

Er hat vier Urlauber-Gruppen, die bereits für die Herbstferien gebucht hatten, wieder absagen müssen. "Die waren enttäuscht, zeigten aber Verständnis." Die Bezirksregierung ersetzt der Stadt Krefeld zwar alle Kosten. Zuletzt hatte die im Nothaushalt befindliche Stadt Krefeld über eine Schließung des Heimes nachgedacht, weil die Buchungen ausblieben.

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Foto: dpa, fg jhe

Kritik gibt es auch an den spontanen Zuweisungen vom Land an die Kommunen. Der Krefelder Sozialamtsleiter, Wolfram Gottschalk, hat in den vergangenen Wochen oft erst kurzfristig erfahren, dass neue Flüchtlinge untergebracht werden müssen - oft freitags nachmittags, wenn viele Kollegen schon im Feierabend waren. "Ich habe bei der Bezirksregierung nachgefragt. Es hieß, das ginge nicht anders."

Kritik an Versagen der Politik

Zuletzt gab es nach dem Bekanntwerden von Gewaltanwendung gegen Flüchtlinge durch Sicherheitskräfte große Kritik an der Unterbringung in NRW. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hatte zuletzt im Landtag Fehler eingeräumt. Die Kontrolle der Unterkünfte sei nicht ausreichend gewesen. Angesichts des Flüchtlingsstroms "sind wir nicht in der Lage gewesen, die Qualitätsstandards, die vorgegeben sind, einzuhalten". Dafür trage die Landesregierung die politische Verantwortung. Für die Übergriffe von Sicherheitskräften auf Asylbewerber schäme sie sich.

CDU-Landeschef Armin Laschet ging mit Innenminister Ralf Jäger (SPD) hart ins Gericht. Dieser habe mit Sicherheitsdiensten kooperiert, "die Kriminelle eingestellt haben". Der Minister habe alle Warnungen aus den Kommunen vor der sich zuspitzenden Unterbringungssituation in den Wind geschlagen: "Sie gucken nicht danach, was in den Flüchtlingsheimen los ist."

Kraft und Jäger gestehen Fehler ein

FDP-Chef Christian Lindner forderte den Rücktritt des Ministers. "Wenn Sie noch einen Funken Ehre im Leib haben, dann stellen Sie Ihr Amt zur Verfügung", rief er Jäger zu. Lindner attackierte auch die Regierungschefin wegen der Missstände in den Flüchtlingsunterkünften: "Die soziale Fassade der Hannelore Kraft - sie ist gefallen."

Neben Hannelore Kraft gab auch Ralf Jäger Fehler zu. "Wir haben die Einhaltung von Standards aus den Augen verloren. Das war im Rückblick ein Fehler", sagte er. Erneut bekräftigte er, dass lückenlos aufgeklärt werde. Im WDR-Fernsehen lehnte Jäger einen Rücktritt aber vehement ab.

Auf die Frage nach den persönlichen Konsequenzen aus den Übergriffen gegen Flüchtlinge sagte er am Freitag in der "Aktuellen Stunde": "Es geht doch nicht um mich persönlich, es geht um viele Flüchtlinge, die nach Nordrhein-Westfalen kommen und denen wir eine sichere Unterkunft bieten müssen."

(RP)
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