Urteil im Doppelmord-Prozess von Herne Lebenslang für zwei Menschenleben

In Bochum ist der Prozess gegen Marcel H. zu Ende gegangen. Das Gericht hat den 20-Jährigen zu lebenslanger Haft verurteilt. Möglicherweise kommt er nie wieder frei. Das triste Ende eines langen Prozesses.

Doppelmord-Prozess von Herne: Urteil gegen Marcel H.
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Urteil gegen Marcel H. in Bochum

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Foto: Bernd Thissen/dpa

Ein letztes Mal wird Marcel H. am Mittwoch in den Gerichtssaal im Bochumer Landgericht geführt, zum ersten Mal trägt er Hemd und Jackett. Ein Justizbeamter nimmt dem 20-Jährigen die Handschellen ab, er setzt sich, die Kameras klicken. Dann verkündet der Vorsitzende Richter Stefan Culemann das Urteil im sogenannten Doppelmord-Prozess von Herne: Marcel H. muss für die Morde an seinem neunjährigen Nachbarn Jaden und Christopher W. (22) lebenslang in Haft, die Kammer stellt zudem die besondere Schwere der Schuld fest. "Die Sicherungsverwahrung wird vorbehalten", sagt Culemann.

Der Angeklagte ist zu jung, als dass diese Zusatzstrafe, die über die 15 Jahre einer lebenslangen Haft hinausgeht, schon jetzt ohne die Möglichkeit der Überprüfung verhängt werden könnte. Marcel H. soll seine Strafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung verbüßen - unter den Freunden und Verwandten der Opfer sorgt das kurz für Empörung. Ein Justizbeamter mahnt zur Ruhe.

Fall ist einzigartig

Die Anwältin von Christopher W.s Mutter, Nicola Skorbene, wird später sagen, dass die Strafe angemessen ist. Sie hält es für angebracht, dass H. dauerhaft unter psychologischer Betreuung steht und nicht einfach weggesperrt wird. Sie hält den Fall für einzigartig, weil Marcel H. so jung bereits zwei grausame Morde begangen hat.

Richter Culemann verzichtet in seiner Urteilsbegründung auf eine erneute Schilderung der Taten. "Der Staatsanwalt hat sie ausführlich dargestellt und sämtliche Beweise gewürdigt." Culemann erläutert aber, warum die Kammer den jungen und bisher nie mit dem Gesetz in Konflikt geratenen Angeklagten wie einen Erwachsenen bestraft - mit dem höchsten Strafmaß, dass in Deutschland möglich ist.

"Von einer Jugendverfehlung kann hier keine Rede sein", sagt er. Es gebe viele Beispiele dafür, dass Marcel H. eine ausgereifte Persönlichkeitsstörung habe. Sein Narzissmus habe sich schon im Kindergarten bemerkbar gemacht. Marcel H. hatte einer psychiatrischen Gutachterin erzählt, er habe sich den "Gleichaltrigen in ihren Windeln" immer überlegen gefühlt. H. quälte als Kind immer wieder Tiere - für die Kammer ein Zeichen seiner Gefühllosigkeit.

Tötung in Herne: Polizei sucht nach Marcel H.
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Tötung in Herne: Polizei sucht tagelang nach Marcel H.

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Foto: Christoph Reichwein

Schmerzensgeld für Familien

Ein "Gefühl des Bedauerns" kam im fünf Monate dauernden Prozess nur einmal auf - in einem Brief des Angeklagten an seine Mutter. Sinngemäß schrieb er, er verstehe erst allmählich, was er angerichtet habe. Staatsanwalt Danyal Maibaum hatte diesen Brief als reine Taktik bezeichnet. Richter Culemann sagt: "Die Kammer vermag nicht zu beurteilen, ob er wahre Reue empfindet."

Weil H. den Nachbarsjungen Jaden "völlig ohne Anlass" getötet habe und auch in der Untersuchungshaft noch Tötungsphantasien hat, hält das Gericht ihn für gefährlich und behält sich deshalb eine Sicherungsverwahrung vor.

Jadens Familie bekommt 40.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen, Christophers Eltern 50.000 Euro - "das Gesetz zwingt uns zu einer Unterscheidung", sagt Culemann. Christopher W. starb erst nach minutenlangem Todeskampf.

Michael Emde, der Marcel H. verteidigt hat, sagt nach dem Prozess: "Mein Mandant hat mir gesagt, dass er das Urteil akzeptieren will."

(hsr/heif)
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