Prozess in Wuppertal Enkel soll Großeltern ermordet haben

Wuppertal · Christa und Enno Springmann waren in Wuppertal ein geschätztes Unternehmer-Paar. Als Mäzene unterstützten sie junge Künstler. Vor einem Jahr wurden beide in ihrer Villa erdrosselt. Nun hat der Prozess begonnen.

Der Angeklagte (2.v.l.) zwischen seinen Anwälten.

Der Angeklagte (2.v.l.) zwischen seinen Anwälten.

Foto: dpa, hka axs

Vier Verteidiger fährt der Hauptangeklagte auf, zwei der mutmaßliche Mittäter. Für beide steht viel auf dem Spiel im Prozess um den Doppelmord an Enno und Christa Springmann, einem wohlhabenden Unternehmer-Ehepaar aus Wuppertal. Der 91-Jährige und seine 88-jährige Frau waren vor einem Jahr in ihrer Villa getötet worden, die Tat hatte über die Grenzen der Stadt hinaus für Entsetzen gesorgt. Als Mäzene und Sponsoren hatten die Springmanns viele Jahre lang in Wuppertal Künstler und Kunst unterstützt, sogar mit einer eigenen Stiftung. Als Täter vermutet die Staatsanwaltschaft den 26-jährigen Enkel der Springmanns sowie einen 46-jährigen Kompagnon. Beide müssen sich nun vor dem Wuppertaler Landgericht verantworten.

Das Verlesen der Anklageschrift brachte Details zum vermeintlichen Ablauf der Tat und zu möglichen Motiven ans Licht. Demnach soll der Enkel einen Streit mit dem Großvater und seine Enterbung befürchtet haben. Enno Springmann habe in wirtschaftlichen Dingen Zuverlässigkeit gefordert, und die habe sein Enkel nicht liefern können. Das geschenkte Geld habe dieser hingegen für Autos und Luxusgüter ausgegeben; außerdem habe er damit rechnen müssen, dass der Großvater vom Abbruch seines Studiums erfahre. Der Mitangeklagte wiederum wurde vom Enkel finanziell mit monatlichen Zuwendungen bedacht. Wofür, sei unklar.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, Enno Springmann aus Habgier getötet zu haben und dessen Frau, um die Tat zu vertuschen. Demnach sollen die beiden Männer am Nachmittag des 19. März erst den Großvater im Schlafzimmer auf den Kopf geschlagen und erdrosselt haben. Währenddessen saß dessen Ehefrau nichtsahnend im Arbeitszimmer in einem Sessel. Laut Anklage wandten sich die Angeklagten dann der Frau zu und schlugen ihren Kopf auf einen Schreibtisch. Zunächst sollen sie ihr Opfer irrtümlicherweise für tot gehalten haben. Die Täter verwüsteten die Wohnung, um einen Einbruch vorzutäuschen, und sollen dann auch Christa Springmann mit einem Schal erdrosselt haben.

Erst Tage später wurden die Leichen entdeckt. Es begann eine wochenlange Spurensuche: Spezialisten zweier Landeskriminalämter und des Bundeskriminalamtes untersuchten "Quadratzentimeter für Quadratzentimeter", hatte es geheißen. Eine Drohne lieferte Luftbilder des großen Anwesens.

Der Enkel bestreitet die Tat. Er habe seine Großeltern "innig geliebt", sagte Verteidiger Klaus Bernsmann am Freitag. Die Anklage kanzelte er als "tatsachenarm" ab. So sei der Todeszeitpunkt der betagten Opfer doch sehr fraglich und sein Mandant vermutlich längst nicht mehr in deren Villa gewesen, als sie starben. Wie jeden Sonntag sei er dort zum Kaffee eingeladen gewesen und habe nach gut einer Stunde das Anwesen verlassen.

Als Nebenkläger tritt der Sohn der Mordopfer auf - der zugleich der Vater des mutmaßlichen Doppelmörders ist. Der Bremer Rechtsanwalt Udo Würtz vertritt ihn im Gerichtssaal: "Er will sich Klarheit verschaffen, was passiert ist", sagte Würtz im Vorfeld. "Er will die Wahrheit erfahren." Es sei eine "fürchterliche Vorstellung" für den Vater, dass der eigene Sohn seine Eltern umgebracht haben könnte. Für ihn sei der Prozess, bei dem nun sein Sohn auf der Anklagebank sitzt, eine ungeheure Belastung. Der Vater hatte nach dem Doppelmord eine Belohnung in Höhe von 100.000 Euro für Hinweise zur Ergreifung der Täter ausgesetzt. Sollte der Enkel als Täter vom rechtmäßigen Erbe ausgeschlossen werden, wird wohl auch dessen Vater nichts erben. Enno Springmann und sein Sohn sollen sich bereits seit langem überworfen haben. Das Millionenerbe würde dann an die Enno-und-Christa-Springmann-Stiftung gehen.

Die Anklage stützt sich auf DNA-Spuren, Faserfunde und Telekommunikationsdaten. 76 Zeugen und acht Sachverständige wurden benannt. Die ersten neun Zeugen, allesamt Verwandte der beiden Angeklagten, verweigerten am Freitag die Aussage. Das Gericht hat für den Indizienprozess bis September zunächst 35 Verhandlungstage angesetzt. Den Angeklagten droht lebenslange Haft. Der Prozess wird am 9. April fortgesetzt.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort