Wuppertaler Unternehmer-Ehepaar Angeklagter will Großeltern "innig geliebt" haben

Wuppertal · Zwei Männer stehen in Wuppertal vor Gericht, weil sie ein Unternehmer-Ehepaar im Stadtteil Ronsdorf getötet haben sollen. Einer der Angeklagten ist der Enkel des Paares. Er streitet die Vorwürfe ab.

Der Angeklagte Enkel der Mordopfer (2.v.l.) sitzt vor Beginn des Prozesses zwischen seinen Anwälten.

Der Angeklagte Enkel der Mordopfer (2.v.l.) sitzt vor Beginn des Prozesses zwischen seinen Anwälten.

Foto: dpa, hka axs

Christa und Enno Springmann waren in Wuppertal ein geschätztes Unternehmer-Paar. Als Mäzene unterstützten sie großzügig die Kunst und junge Künstler. Vor einem Jahr wurden beide in ihrer Villa erdrosselt. Nun steht ihr Enkel unter Mordverdacht vor Gericht.

Mit unbewegter Miene nimmt der Angeklagte im dunkelblauen Anzug auf der Anklagebank Platz, Typ seriöser Geschäftsmann. Im großen Saal des Wuppertaler Landgerichts wird er von vier Verteidigern flankiert. Zwei Anwälte links, zwei rechts. Sein mutmaßlicher Komplize ist dagegen eher vom Typ Türsteher, 45 Jahre alt, bullige Gestalt, zwei Verteidiger.

Ein Jahr nach dem Doppelmord am Wuppertaler Unternehmer-Ehepaar Springmann hat am Freitag der Mordprozess gegen dessen 26-jährigen Enkel und einen mutmaßlichen Mittäter am dortigen Landgericht begonnen.

"Er weint viel", verrät Star-Verteidiger Klaus Bernsmann am Rande des Prozesses über den Enkel. Die Anwälte hätten jedes Mal große Mühe, ihn wieder aufzubauen. Der 26-Jährige und sein mutmaßlicher Komplize sind wegen zweifachen Mordes angeklagt. Beide sollen die 91 und 88 Jahre alten Eheleute vor einem Jahr in deren Villa erst niedergeschlagen und dann erdrosselt haben.

Anwalt kritisiert Anklage

Doch der Enkel bestreitet die Tat. Er habe seine Großeltern "innig geliebt", sagt der Verteidiger. Die Anklage kanzelt er als "tatsachenarm" ab. So sei der Todeszeitpunkt der betagten Opfer doch sehr fraglich und sein Mandant vermutlich längst nicht mehr in deren Villa gewesen, als sie starben. Wie jeden Sonntag sei er dort zum Kaffee eingeladen gewesen und habe nach gut einer Stunde das Anwesen verlassen.

Die Staatsanwaltschaft hat ein etwas anderen Bild jenes Treffens. Das Verhältnis sei angespannt gewesen und der Spross der Fabrikantenfamilie habe befürchten müssen, dass der großzügige Geldfluss der Großeltern abreißt. Deren Geld habe er für teure Autos und Luxus ausgegeben. Er habe befürchtet, dass sein Großvater sich von ihm abwende, auch, weil er heimlich sein Studium abgebrochen habe.

Vom Versiegen der Geldquelle wäre auch der mitangeklagte 45-Jährige betroffen gewesen, dem der Enkel zwei Darlehen gewährt hatte.
Deswegen soll sich der 45-Jährige unbemerkt auf das Anwesen der Multimillionäre geschlichen haben. Wie erwartet sei es zum Streit gekommen und dies sei der Moment gewesen, um zuzuschlagen.

Täter waren brutal

Erst schlugen die Mörder, so die Anklage, Enno Springmann nieder und erdrosselten ihn, dann wandten sie sich seiner Frau Christa in deren Arbeitszimmer zu. Ihr Kopf wurde heftig auf den Schreibtisch geschlagen, dann wurde sie den Ermittlern zufolge mit einem Schal erdrosselt.

Anschließend hätten die Täter die Villa verwüstet und eine Vitrine zerbrochen, um den Eindruck eines Einbruchs zu erwecken. Einen Tag später waren die Leichen des betagten Paares entdeckt worden. Die Ermittler wunderten sich schnell, dass nichts fehlte.

Als Mäzene und Sponsoren hatten die Opfer Enno und Christa Springmann viele Jahre lang in Wuppertal Künstler und Kunst unterstützt, sogar mit einer eigenen Stiftung. Entsprechend groß war in der Stadt die Bestürzung über das Verbrechen.

Lange Spurensuche

Es begann eine wochenlange, akribische Spurensuche: Spezialisten zweier Landeskriminalämter und des Bundeskriminalamtes untersuchten "Quadratzentimeter für Quadratzentimeter", hatte es geheißen. Auch eine Drohne kam zum Einsazt, um Luftbilder des großen Anwesens zu liefern.

Die Anklage stützt sich auf DNA-Spuren, Faserfunde und Telekommunikationsdaten. 76 Zeugen und acht Sachverständige wurden benannt. Die ersten neun Zeugen, allesamt Verwandte der beiden Angeklagten, verweigerten am Freitag die Aussage. Das Gericht hat für den Indizienprozess bis September zunächst 35 Verhandlungstage angesetzt. Den Angeklagten droht lebenslange Haft. Der Prozess wird am 9. April fortgesetzt.

Als Nebenkläger tritt in dem Verfahren der Sohn der Mordopfer auf - der zugleich der Vater des mutmaßlichen Doppelmörders ist. Der Bremer Rechtsanwalt Udo Würtz vertritt ihn im Gerichtssaal: "Er will sich Klarheit verschaffen, was passiert ist", sagte Würtz im Vorfeld. "Er will die Wahrheit erfahren." Es sei eine "fürchterliche Vorstellung" für den Vater, dass der eigene Sohn seine Eltern umgebracht haben könnte.

(sef/lnw)
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