Nach Diesel-Urteil Landtag lehnt Fahrverbote in NRW ab

Düsseldorf · Seltene Einmütigkeit im Düsseldorfer Landtag: Zu Diesel-Fahrverboten soll es im Industrie- und Transitland Nordrhein-Westfalen auf keinen Fall kommen. Für Nachrüstungen soll die Autoindustrie bezahlen. Eine Außenseiterposition nimmt die AfD ein.

 Abgas kommt aus dem Auspuff eines Autos (Symbolbild).

Abgas kommt aus dem Auspuff eines Autos (Symbolbild).

Foto: dpa, mku kno nwi

Alle Fraktionen des Düsseldorfer Landtags haben sich gegen Diesel-Fahrverbote in Nordrhein-Westfalen ausgesprochen. Für dieses Ziel müssten nun alle zur Verfügung stehenden Gegenmaßnahmen schleunigst mobilisiert werden, unterstrichen Abgeordnete aus Regierungs- und Oppositionsfraktionen am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde.

Dies sei möglich, sagte Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU). "Diesel-Fahrverbote sind schleichende Enteignungen für Pendler", mahnte er. Lediglich die AfD-Fraktion hält generell den EU-Grenzwert für Stickoxid für maßlos übertrieben.

Anlass für die von AfD und Grünen beantragte Aktuellen Stunde war das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Dienstag. Die Leipziger Richter haben Diesel-Fahrverbote in Ausnahmefällen erlaubt, aber gleichzeitig auf die Verhältnismäßigkeit möglicher Maßnahmen gepocht.

Land will Kommunen unterstützen

Betroffen von dem Urteil sind zunächst die Städte Düsseldorf und Stuttgart, um die es in dem Verfahren ging. Auswirkungen kann das Urteil aber auch auf Köln, Dortmund, Oberhausen, Wuppertal, Hagen, Aachen, Leverkusen, Gelsenkirchen, Solingen und Essen haben. Auch dort wurden die zulässigen Stickoxid-Werte regelmäßig überschritten.

Die Landesregierung werde die Kommunen mit einem Bündel von Maßnahmen unterstützen, kündigte Wüst an. Dazu zählten die Nachrüstung und vorgezogene Modernisierung von Linienbussen, Programme für einen attraktiveren Nahverkehr, den Ausbau der Radwege, die Elektromobilität und Ladeinfrastruktur, die Forschung und Entwicklung synthetischer Kraftstoffe sowie die Chancen der Digitalisierung. Dafür stünden allein aus dem Programm für kommunalen Klimaschutz insgesamt 100 Millionen Euro zur Verfügung.

Autoindustrie soll zahlen

Überraschend große Übereinstimmung zwischen CDU, SPD, Grünen und FDP zeigte sich in der Entschlossenheit, jetzt die Automobilindustrie für Diesel-Nachrüstungen in die Pflicht zu nehmen. Ebenso wie Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU) forderten sie, dass die Kosten weder an den Diesel-Besitzern noch an den Steuerzahlern hängenbleiben dürften. "Es darf nicht sein, dass die Autobauer sich entziehen und die Dieselbesitzer im Regen stehenlassen", unterstrich auch der FDP-Abgeordnete Bodo Middeldorf.

Nach Überzeugung der SPD sollten die Rechte der Betroffenen gegenüber der Autoindustrie mit einer Musterfeststellungsklage geklärt werden. Der SPD-Abgeordnete Andé Stinka forderte die CDU auf, dies zu unterstützen. Außerdem könnte das Land für eine Übergangszeit ein staatlich-subventioniertes Umweltticket für Bus und Bahn unterstützen, schlug die SPD vor. So könne besonders belasteten Städten schnell geholfen werden.

Die Grünen verlangen, neben Nachrüstungen für alle Dieselfahrzeuge, bundesweit eine blaue Plakette zur Kennzeichnung schadstoffarmer Fahrzeuge einzuführen. In der Vergangenheit habe es "eine Kumpanei zwischen Autoindustrie und Bundesregierung" gegeben, die strengere Abgaswerte verhindert und Schummeleien ermöglicht habe, kritisierte Grünen-Fraktionschef Arndt Klocke.

Für den CDU-Abgeordneten Rainer Deppe wäre die blaue Plakette hingegen, "nur die Vorbereitung für ein Fahrverbot". Dies treffe am Ende die Leute, die sich kein teureres, neues Auto leisten könnten und sei daher ein "unsozialer, falscher Weg".

AfD spricht von "öko-radikalen Planzielen"

Die AfD ist zwar ebenso wie die anderen Fraktionen gegen Diesel-Fahrverbote, nahm in der Debatte aber dennoch eine Außenseiterposition ein. Sie sieht die EU-Grenzwerte für Stickoxid als "öko-radikale Planziele". Tatsächlich hätten sich bei Tests mit Nagetieren erst bei der zweihundertfachen Belastung der Luft Atemwegsbeschwerden eingestellt, argumentierte der AfD-Abgeordnete Christian Blex. Aus Sicht des CDU-Abgeordneten Deppe hatte BlexRede hingegen "an sich schon gewisse Grenzwerte überschritten".

Der AfD-Abgeordnete äußerte Unverständnis, warum in Deutschland die Messstationen "in preußischer Obrigkeitshörigkeit" an den am meisten belasteten Hauptverkehrsadern, wie der Düsseldorfer Corneliusstraße, aufgestellt werden. Dies sei nicht repräsentativ für eine Stadt oder gar das Land. Durch solche Verzerrungen würden Millionen deutscher Diesel-Besitzer "kriminalisiert und enteignet", meinte er.

(oko)
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