Maroder Zustand Acht Rheinbrücken in NRW laut IHK stark gefährdet

Düsseldorf · Die Industrie- und Handelskammern der Region schlagen Alarm: Ein noch schlimmeres Verkehrschaos drohe wegen des maroden Zustandes vieler Rheinbrücken. Der Verkehrsminister räumt ein, dass Umleitungen besser werden müssen.

Rheinbrücke Leverkusen/ A1-Rheinbrücke - die wichtigsten Infos
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Das ist die A1-Brücke bei Leverkusen

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Foto: US

Ein Horrorszenario des Straßenverkehrs in unserer Region haben am Donnerstag die sieben Industrie- und Handelskammern des Rheinlandes im Landtag beschrieben: Es sei bereits jetzt eine Katastrophe, dass halbwegs große Lastwagen die Autobahnbrücke bei Leverkusen schon lange nicht mehr passieren können - das führt zu Staus rund um Köln bis nach Düsseldorf und Bonn, es zwingt Unternehmen zu kostspieligen Umwegen, es trifft Zehntausende Pendler.

Nun zeigte die zeitweise Sperrung der A40-Brücke in Duisburg, was auf die Region zusätzlich zukommen könnte: Würde die marode Rheinbrücke Neuenkamp dauerhaft gesperrt, würden an Werktagen zusätzlich 44.000 Fahrzeuge zusätzlich auf die A42 strömen. Bis zu 28.000 Autos und Motorräder würden die A44 belasten, so die Prognose der IHKs.

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Foto: schnettler

Noch schlimmer wäre es, wenn die Leverkusener Brücke wegen ihres schlimmen Zustandes sogar ganz gesperrt werden müsste: Dann würde die A46 im Süden von Düsseldorf täglich mit 34.000 Autos mehr belastet - Dauerstau zwischen 7 und 9.30 Uhr wäre wohl zu erwarten. Und die südliche Autobahnbrücke von Köln sei dann zu 220 Prozent der Kapazität belastet - 84.000 Autos mehr am Tag würden über sie fahren.

Die Beispiele zeigen laut den IHKs, dass die ganze Region ein integriertes Baustellen - und Umleitungsmanagement braucht. Dies bestätigt Hans-Paul Kienzler, Verkehrsexperte im Düsseldorfer Büro des Forschungsinstituts Prognos: "NRW und speziell das Rheinland benötigen einen Masterplan für den Straßenverkehr. Nur so können notwendige Sanierungen koordiniert werden, und nur so können Umwege vernünftig geplant werden."

Dabei spielt der Zustand der Rheinbrücken eine riesige Rolle: Neben den zwei erwähnten Sanierungsfällen in Leverkusen und Duisburg sehen die IHKs bei weiteren sechs Rheinbrücken das Risiko drohender Teil- oder Vollsperrungen wegen ihres schlechten Zustandes. Nur vier von zwölf Brücken, die Straßen NRW manage, seien in gutem Zustand - darunter die Düsseldorfer Flughafenbrücke A44 und die Rheinquerung der A46 im Süden der Stadt (obwohl dort aktuell auch einige Bauarbeiten an den Pylonen laufen). Bei allen anderen seien Probleme zu befürchten. Straßen NRW widerspricht der Diagnose nicht.

Rheinbrücke Leverkusen: Lkw-Sperre auf der A1
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Das ist die Lkw-Sperre auf der A1

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Foto: Miserius, Uwe

Auch der neue NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) sieht den Zwang zu schnellem Handeln. "Der Druck ist groß und wir arbeiten sehr konzentriert", sagte er auf Anfrage. Die Krise sei Ergebnis, "wenn man die Infrastruktur zu lange vernachlässigt". Allerdings müsse sich keiner um die Sicherheit Sorgen machen: "Unsere Rheinbrücken werden engmaschig überwacht."

Nun plane das Land konzentriert: "Bei den Neubauten in Leverkusen und Duisburg werden die neuen Brücken jeweils aus zwei Bauwerken bestehen, von denen jedes alleine den heutigen Verkehr aufnehmen kann. 2020 soll auf der A1 die erste Brückenhälfte fertig sein, 2023 in Neuenkamp. Danach werden die alten Brücken abgerissen und die zweiten Bauwerke errichtet."

Nicht anders sieht sein Amtsvorgänger Michael Groschek die Lage - jetzt ist er SPD-Chef in NRW. Groschek fordert so wie die IHKs und auch Wüst schnellere Planungsverfahren: "Der Planungsdschungel muss endlich gelichtet werden, damit wir Bagger rollen lassen."

Er streitet allerdings ab, dass es vorrangig die Zurückhaltung der abgewählten rot-grünen Landesregierung war, die zu den maroden Brücken und Straßen führte: "Nachdem der Süden und der Osten sich viel zu lange das Geld untereinander aufgeteilt haben, haben wir als alte Landesregierung den Geldstrom an Rhein und Ruhr gelenkt. Die neue Landesregierung badet jetzt in der Geldflut, die nicht in der Planungsebbe versiegen darf."

So sehr sich alle Experten in der Diagnose einig sind, ist keineswegs sicher, dass die Lage besser wird. So kritisierten die IHKs, dass Baustellen auf Autobahnen und auf wichtigen Landstraßen nicht ernsthaft koordiniert würden. Minister Wüst gibt das Problem zu: "Das Baustellenmanagement sollte neben den Baustellen immer auch die Ausweichstrecken und die anderen Verkehrsträger wie die Bahn im Blick haben. Das ist sicher noch verbesserungswürdig, vor allem auch in der Zusammenarbeit mit den Kommunen. Da sind wir dran."

Auch bei Sanierungen drängen die IHKs. So sollten nicht nur die Ersatzneubauten der A1- und der A40-Brücke im beschleunigten Planungs- und Genehmigungsverfahren durchgeführt werden, sondern auch die Uerdinger Brücke (Bundesstraße 288) und die neu geplante Autobahn A553 zwischen Niederkassel und Godorf inklusive neuer Rheinbrücke.

(RP)
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