NRW Feuerwehr beklagt immer mehr unnötige Tiereinsätze

Essen · Hundewelpen in der Kanalisation, eingeklemmte Katzen oder getrennte Entenfamilien: Tierrettungen stehen bei der Feuerwehr mittlerweile auf der Tagesordnung. Doch nicht alle Alarmierungen sind berechtigt.

 Jüchener Feuerwehrmann rettet Katze aus Neubau (Archiv).

Jüchener Feuerwehrmann rettet Katze aus Neubau (Archiv).

Foto: Picasa

Ein Anrufer meldet sich mit einem Notfall bei der Essener Feuerwehr. Er habe eine Schlange in seinem Garten entdeckt. Ein Löschfahrzeug mit fünf Männern rückt unverzüglich aus. Was die Feuerwehrmänner vorfinden: einen alten Schnürriemen.

Irrtümer wie dieser passieren zwar selten. Allgemein steigt aber die Zahl der Einsätze wegen Katzen, Hunden oder Vögeln. "Tiereinsätze beschäftigen uns mittlerweile täglich", sagt Ulrich Bogdahn, Leiter der Essener Feuerwehrwache. Rund 400 Einsätze kämen pro Jahr zusammen. "Vor zwei bis drei Jahren waren es vielleicht halb so viele." Was Bogdahn ärgert: Viele Alarmierungen seien nicht berechtigt, sagt der Feuerwehrmann.

Es gilt das Prioritätenprinzip: "Mensch, Tier, Sachwert"

Bei Bränden, Unfällen, Überschwemmungen und ähnlichen Ereignissen muss die Feuerwehr Hilfe leisten und retten - nach dem Prioritätenprinzip: "Mensch, Tier, Sachwert". So lautet ihr öffentlicher Auftrag. Und so schreibt es auch das Gesetz für Brandschutz, Hilfeleistung- und Katastrophenschutz vor. "Wenn Menschen in Not sind, helfen wir gerne", sagt Bogdahn. "Aber manchmal können Menschen das Problem auch eigenständig lösen. Ohne dass es wehtut."

Zum Beispiel wenn eine Katze hinter den Schrank gefallen ist und feststeckt. Oder wenn ein Eichhörnchen sich im Netz des Fußballtores im Garten verfangen hat. Bei genauerem Hinsehen hätte eine Frau aus Essen eventuell auch erkannt, dass es sich beim angeblichen Skorpion in der Küche in Wahrheit um eine Schabe handelte.

"Wir beobachten, dass Menschen in der Großstadt zunehmend unselbstständiger werden. Sie wollen von uns einen Rundum-Service", sagt Bogdahn. "Dabei fährt doch auch niemand zum Notarzt, wenn er sich in den Finger geschnitten hat." Zumal es immer sein könnte, dass die Einsatzkräfte der Feuerwehr an einem anderen Ort dringender gebraucht werden.

"Ich habe noch nie ein Katzenskelett im Baum gesehen"

Auch in Duisburg rückt die Feuerwehr fast täglich für Tierrettungen aus. "Die Hochphase beginnt jetzt im Winter", sagt Feuerwehrmann Benjamin Küfer. "Leute rufen an, weil sie Angst haben, der Schwan könnte im See einfrieren."

Ginge es nach einem Duisburger Kollegen, der namentlich nicht genannt werden will, würde die Feuerwehr auch nicht mehr für Katzen in Bäumen ausrücken - er hält es für unnötig. "Ich habe noch nie ein Katzenskelett im Baum gesehen. Wenn sie Hunger bekommt, wird sie es selber herunterschaffen."

Der 44-Jährige erinnert sich an einen Einsatz wegen einer Entenfamilie: Eine Straße trennte die Küken von der Mutter. Anstatt selber tätig zu werden, riefen Passanten die Feuerwehr. "Wieso nehmen die Leute nicht einen Korb oder eine Tüte und bringen die Küken auf die andere Straßenseite?", fragt sich der Feuerwehrmann. "3000 Euro kostet so ein Einsatz, wenn wir mit unserer Truppe von acht Leuten kommen."

Grundsätzlich müssen Bürger in NRW für die Einsatzkosten aber nicht aufkommen, wenn sie die Feuerwehr in einem Notfall alarmieren. Das regelt das Brandschutzgesetz des Landes.

Rat der Feuerwehr: Genau hinschauen

Der Duisburger Feuerwehrmann Küfer empfiehlt: "Wenn eine Katze auf einem hohen Baum sitzt, versuchen Sie zuerst, das Tier mit Futter zu locken." Außerdem helfe es, genau hinzuschauen. Ist das Tier verletzt? Blutet es? Und wenn man selbst dem Tier nicht helfen könne oder es zu gefährlich sei, solle man die 112 gewählt werden.

"Auf der A3 hatten wir vergangene Woche einen Unfall mit eingeklemmtem Pferd im Anhänger", sagt Phillip Steinberg, Leiter der Berufsfeuerwehr Solingen-Wuppertal. "Das ist natürlich ein Fall für uns." So sei auch der Hundewelpe, der sich in der Kanalisation verlaufen hat, ein Fall für die Einsatzkräfte. Aber das Reh, das sich in den Vorgarten verirrt hat, oder der Wellensittich, der ausgebüxt und auf das Dach geflogen ist, stelle keine Gefahr da.

Essener Feuerwehr übt Umgang mit Schlangen

Im Bergischen versucht die Berufsfeuerwehr, Tierrettungen möglichst an private Unternehmen weiterzugeben. "Wer Hilfe sucht, kann 24 Stunden bei uns anrufen. Für kranke oder tote Tiere vermitteln wir aber an andere Spezialisten", betont Steinberg.

Die Essener Feuerwehr hat sich mittlerweile für tierische Rettungen ausgerüstet: Handschuhe, spezielle Netze und Fanggeräte gehören zur Ausstattung. Auch auf Einsätze mit exotischen Haustieren sind die Essener vorbereitet. Ein Besuch im Terra-Zoo in Rheinberg ist fester Bestandteil des Ausbildungsprogrammes. Dort wird der Umgang mit echten Schlangen geübt.

(laha)
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