NRW Nordafrika-Banden auf Raubtour in Zügen

Dortmund · Die Bundespolizei warnt vor jungen Männern aus Marokko und Algerien, die in Dreiergruppen Reisende in der Bahn ausrauben. Dabei wenden sie eine Masche an, bei der sie ihre Opfer ablenken.

Diese Männer sollen schlafende Reisende bestohlen haben
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Diese Männer sollen schlafende Reisende bestohlen haben

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Die kennen wir doch, sagten sich die beiden Bundespolizisten, als ihnen die drei Männer aus Marokko und Algerien (19, 20 und 27 Jahre alt) im Regionalexpress von Hamm nach Düsseldorf entgegenkamen. Erst am Vortag hatten die Beamten die Nordafrikaner im Zug beim Diebstahl erwischt und wieder laufen lassen müssen, da sie als Asylbewerber eine feste Meldeadresse besitzen.

Und auch diesmal fanden die Beamten bei der Kontrolle des 20-Jährigen ein gestohlenes Portemonnaie einer Frau. Die Bundespolizisten, die auf dem Weg zur Arbeit waren, nahmen die Kriminellen vorläufig fest. Gegen sie wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Bandendiebstahls eingeleitet. Nach der Anzeigenaufnahme konnten die Täter jedoch wieder gehen. "Das ist frustrierend, aber wir können sie halt nicht ins Gefängnis stecken", so Jürgen Karlisch von der Bundespolizeiinspektion Dortmund. "Man kann davon ausgehen, dass sie wieder auf Beutetour in den Zügen gehen."

Taschendiebe - das sind ihre Maschen
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Die Tricks der Taschendiebe - davor warnt die Polizei

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Foto: Polizei Köln

Dieser Fall vom vergangenen Wochenende ist alles andere als ein Einzelfall. Es ist mittlerweile trauriger Dienstalltag bei der Bundespolizei in Nordrhein-Westfalen, beinahe schon Routine. Die Sicherheitskräfte beobachten seit Monaten mit wachsender Sorge, dass Banden aus Nordafrika landesweit Reisende in Zügen ausrauben. "Es ist oft so, dass wir noch dabei sind, die Anzeige in den Computer einzugeben, da ist der Täter schon wieder frei und begeht die nächste Tat", so Karlisch. Die Bundespolizei habe seit Langem auf dieses Problem hingewiesen, "aber erst nach den Vorkommnissen in Köln in der Silvesternacht nimmt man unsere Warnungen allmählich ernst", sagt er. Doch was dagegen tun könne man nicht wirklich. "Das Einzige, was wir mit unserer Arbeit bewirken können, ist, den Dieben mit unseren Kontrollen den Spaß an den Raubzügen zu nehmen, es ihnen zu erschweren", so Karlisch.

Die Masche der kriminellen Banden ist immer gleich: Sie sind in der Regel zu dritt, meist junge Männer zwischen 16 und 30 Jahren. Sie kundschaften ihre Opfer schon auf dem Bahnsteig aus. An Wochenenden suchen sie gezielt nach Betrunkenen, die im Zug einschlafen. Wenn die Bahn kommt, steigen sie zusammen ein, teilen sich dann aber auf, um nicht aufzufallen. Jeder hat eine zugewiesene Aufgabe. Wenn es geht, setzt sich einer neben das Opfer, der sogenannte Zieher, der das Handy oder die Geldbörse stiehlt. Einer schiebt Wache, der sogenannte Schatten, er hält Ausschau nach Polizisten und Bahnmitarbeitern, sucht aber auch neue Opfer. Der dritte Täter verwickelt das Opfer in ein Gespräch, der sogenannte Ablenker. Von Überwachungskameras lassen sich diese Kriminellen nicht abschrecken.

Wenn es ihnen nicht gelingt, ihr Opfer im Sitzen auszurauben, wenden sie den sogenannten Antanztrick beim Aussteigen an. Das heißt, sie bedrängen die Personen, kreisen sie ein, fassen sie an, lenken sie ab und entwenden dabei die Wertgegenstände. "Sie sind hochprofessionell. Eine Gruppe kann mehrere Züge in einer Nacht durchkämmen, also stundenlang Leute ausrauben", so ein Fahnder. "Unsere Ermittlungen führen uns häufig in Flüchtlingsunterkünfte."

Die Deutsche Bahn kennt das Problem der Taschendiebbanden in den Zügen und arbeitet eng mit der Bundespolizei zusammen. "Wenn wir wissen, dass eine Bande unterwegs ist, gibt es Warndurchsagen in den Zügen und im Bahnhof", sagte ein Bahnsprecher. "Wir bitten die Reisenden dann, besonders vorsichtig zu sein." Die Bahn investiert nach eigenen Angaben jährlich rund 160 Millionen Euro in Sicherheitsmaßnahmen. Die regionalen Leitstellen rufen im Gefahrenfall Einsatzkräfte an den Ort des Geschehens. "In kürzester Zeit fällt die Entscheidung, wer am schnellsten eingreifen kann - ob Bundespolizei, unser Sicherheitsdienst oder die Landespolizei", betont der Bahnsprecher. Doch gegen die nordafrikanischen Banden helfe das wenig, so ein Bundespolizist. "Von den Diebstählen bekommen die Opfer meist nichts mit. Dementsprechend kann auch niemand verständigt werden beziehungsweise schnell zur Hilfe kommen", so der Fahnder.

Auch wenn sich mit Videokameras in den Zügen die Taten nicht verhindern lassen, helfen sie der Polizei doch bei der Aufklärung und der Fahndung nach den Tätern. Derzeit hat die Dortmunder Bundespolizei Fahndungsfotos von drei Männern veröffentlicht (siehe Bilder). Sie wurden dabei gefilmt, wie sie in einem Regionalexpress von Münster nach Essen und der Eurobahn zwischen Düsseldorf und Dortmund schlafende Fahrgäste ausgeraubt haben.

(csh)
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