Nachwuchsmangel macht zu schaffen So groß ist die Not bei den Rettungsschwimmern in NRW

Düsseldorf · Vor der bevorstehenden Freibadsaison fehlt in vielen Städten in NRW noch Aufsichtspersonal. Allein in Remscheid werden noch 30 Fachkräfte gesucht. Selbst beim DLRG fehlen Rettungsschwimmer. Denn es mangelt an Nachwuchs.

 Ein Rettungsring in einem Freibad (Symbolfoto).

Ein Rettungsring in einem Freibad (Symbolfoto).

Foto: dpa/Ole Spata

E s ist kurz nach halb neun am Donnerstagabend, als Shir ihre Freundin Alina im Düsseldorfer Rheinbad im Kreuzhebegriff aus dem Wasser zieht. Es ist nur eine Übung. Im Ernstfall kann der Griff aber Leben retten. Einmal in der Woche trainieren die beiden Mädchen bei der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) für ihre Ausbildung zur Rettungsschwimmerin. Dafür müssen sie unter anderem 300 Meter mit Kleidung schwimmen können - und das möglichst unter zwölf Minuten. Nicht leicht, finden die beiden. Aber machbar.

Junge Menschen wie Shir und Alina sind beim DLRG mittlerweile die Ausnahme. "Wir haben große Nachwuchssorgen", erklärt Michael Grohe, Sprecher der DLRG in Nordrhein-Westfalen. "Von unten kommt kaum noch etwas nach. Kinder und Jugendliche fehlen, die Rettungsschwimmer werden wollen", betont Grohe. Und die Auswirkungen des Nachwuchsmangels sind bereits spürbar.

Mancherorts drohen verkürzte Öffnungszeiten

In vielen Städten in NRW fehlen für die bevorstehende Freibadsaison Rettungsschwimmer und anderes Badpersonal, wie eine Umfrage unserer Redaktion in der Region ergeben hat. "Derzeit ist es sehr schwierig, am Arbeitsmarkt Fachangestellte für Bädertechnik zu gewinnen", sagt etwa Marc Hoffmann von der Stadt Bonn. "Diese werden aber benötigt, um während der Öffnungszeiten die Betriebsaufsicht sicherzustellen", betont er. Gesucht werden fast überall Personen, die eine Ausbildung als Rettungsschwimmer haben und mindestens 18 Jahre alt sind.

Könnten wegen des Mangels Schwimmbäder im Sommer geschlossen bleiben? Soweit wird es wohl nicht kommen, ist man sich in den betroffenen Kommunen einig. Aber es drohen mancherorts verkürzte Öffnungszeiten, wenn Personal fehlen sollte. Wie zum Beispiel in Remscheid. Allein dort werden 30 Fachkräfte gesucht, die am Beckenrand aufpassen. Benötigt werden sie an 70 Tagen von Mitte Mai bis Ende August. "Ihr Einsatz erfolgt je nach Wetterlage in Absprache mit dem Freibad-Team", erklärt eine Stadtsprecherin.

Auch in Mettmann und in Kamp-Lintfort sucht man noch Aushilfskräfte - wenn auch nicht so viele wie in Remscheid. Es sei derzeit nicht klar, ob diese auch gefunden würden, sagt Christoph Müllmann, Erster Beigeordneter der Stadt Kamp-Lintfort. "In der Freibadsaison haben wir wesentlich längere Öffnungszeiten für die Öffentlichkeit und mehr zu beaufsichtigende Wasserfläche und deshalb einen deutlich höheren Personalbedarf", erklärt Müllmann. "Zum Teil können wir das dadurch auffangen, dass in der Sommersaison Überstunden auf- und im Winter wieder abgebaut werden."

Saison beginnt vielerorts in der ersten Mai-Woche

In Duisburg werden 16 Rettungsschwimmer, drei Kassierer und zwei Fachangestellte für Bäderbetriebe gesucht. "Das in den Bädern eingesetzte Stammpersonal ist so bemessen, dass damit der Badebetrieb in den ganzjährig betriebenen Hallenbädern sichergestellt werden kann", erklärt Stadtsprecherin Gabi Priem. "Personalreserven für das Freibad werden nicht vorgehalten."

n Bonn versucht man dem Mangel an Rettungsschimmern zu begegnen, indem man künftig verstärkt Auszubildende für diesen Beruf einstellt. "In diesem Jahr sollen sechs entsprechende Ausbildungsplätze besetzt werden", sagt Stadtsprecher Hoffmann.

Wer sich jetzt noch zum Rettungsschwimmer ausbilden lassen möchte, der muss sich beeilen. Denn die Zeit drängt. Die Freibadsaison beginnt vielerorts in der ersten Mai-Woche. Bei gutem Wetter auch schon früher. "Eine Ausbildung dauert mehrere Wochen. Im Idealfall drei Monate", erklärt Grohe. Zudem müsse man schon sehr gut schwimmen können und über eine entsprechende Fitness verfügen.

Viele Bäderschließungen in den vergangenen Jahren

"Wer sich gerade über Wasser halten kann, der hat in so einem Kursus nichts verloren", betont Grohe. Aber selbst wer über entsprechende körperliche Voraussetzungen verfügt und gewillt ist, eine Ausbildung zu machen, dürfte es schwer haben, kurzfristig noch einen Kursplatz zu bekommen. "Es fehlt fast überall im Land an Trainingsstätten, sprich Schwimmbädern, und auch an Trainern", sagt Grohe.

Schuld an der Misere seien die vielen Bäderschließungen in den vergangenen Jahren. Laut DLRG sind in Deutschland in den vergangenen Jahren bis zu 400 Bäder geschlossen worden, weil die Städte sparen müssen - Hunderte weitere sollen noch dichtgemacht werden. Grohe warnt: "Wenn das nicht gestoppt wird, wird es irgendwann keine Rettungsschwimmer mehr geben, die an Flüssen wie dem Rhein oder an Seen auf Schwimmer aufpassen."

(csh)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort