Nordrhein-Westfalen Tausende Handy-Knöllchen im Monat

Düsseldorf · In NRW bleibt die Zahl der Verstöße gegen das Telefonverbot am Steuer hoch. Ab sofort gelten zwar schärfere Strafen, aber Experten zweifeln an der Wirkung. Die Industrie arbeitet an technischen Lösungen.

 Eine Frau tippt während der Fahrt auf ihrem Handy herum (Symbolfoto).

Eine Frau tippt während der Fahrt auf ihrem Handy herum (Symbolfoto).

Foto: dpa

Verstöße gegen das Handy-Verbot am Steuer werden ab sofort härter geahndet. Wer während der Fahrt zum Smartphone greift oder sich das Mobiltelefon ans Ohr hält, muss statt 60 Euro nun mindestens 100 Euro Bußgeld bezahlen.

Hinzu kommt wie schon bisher ein Punkt in der Flensburger Verkehrssünderdatei. Im Fall einer Sachbeschädigung drohen sogar 200 Euro Bußgeld, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot. Darüber hinaus wird jetzt auch die Bedienung von Laptops, Tablets sowie von Navigationsgeräten ohne Sprachsteuerung während der Fahrt bestraft.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) begrüßte die Gesetzesverschärfungen, die der Bundesrat bereits im September beschlossen hatte. "Keine Whatsapp-Nachricht ist es wert, das eigene und das Leben anderer zu gefährden", sagte Reul. Die hohe Zahl der Verstöße gegen das Verbot und die rasante technische Entwicklung bei Smartphones hätten die Gesetzesverschärfung unumgänglich gemacht, sagte Reul. Daneben sei aber auch Präventionsarbeit wichtig.

Nicht nur Autofahrer, auch Fahrradfahrer verstoßen gegen Handy-Verbot

Nach Angaben des Innenministeriums zählte die Polizei allein im September 10.642 Verstöße gegen das Handy-Verbot in Nordrhein-Westfalen, davon 1723 durch Fahrradfahrer. Im August waren es 11.606 und im Juli 11.526 Fälle.

Die Düsseldorfer Autobahnpolizei erwischte am Mittwoch bei einer Schwerpunktkontrolle auf der Autobahn 57 innerhalb von zwei Stunden 66 Verkehrsteilnehmer, die ihr Handy während der Fahrt nutzten. "Auffallend war dabei, dass 58 Fahrer nicht telefonierten, sondern das Telefon durch Tippen auf der Tastatur bedienten", sagte ein Sprecher. "Insbesondere bei Staulagen oder im Stop-and-go-Verkehr auf Autobahnen ist das sehr gefährlich."

Funktion "Beim Fahren nicht stören" beim neuen iPhone-Betriebssystem

Verkehrsexperten warnen jedoch, dass die höheren Geldstrafen allein nicht ausreichen. "Das schreckt nicht ab. Das Handy am Steuer hat das Fahren unter Alkoholeinfluss als Gefahrenquelle Nummer eins abgelöst", sagte ADAC-Verkehrsexperte Markus Langlitz. "Die Prävention muss daher deutlich verbessert werden. Den Menschen muss klar werden, dass die Ablenkung hinterm Steuer brandgefährlich ist. Leider ändern viele erst ihre Einstellung, wenn es zu spät ist", sagte er.

Auch die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Sarah Philipp, betonte, dass Aufklärung der wirksamste Weg zur Vermeidung von Unfällen und für mehr Verkehrssicherheit sei.

Die Industrie setzt unterdessen auf technische Lösungen. Das neue Betriebssystem von Apples iPhone zum Beispiel erkennt anhand von Bewegungen und Netzwerkinformationen, ob sich sein Nutzer im Auto befindet - und bietet ihm dann die Funktion "Beim Fahren nicht stören" an.

Anwalt: Auf keinen Fall Handy freiwillig aushändigen

Die Autohersteller arbeiten gleichzeitig an einer besseren Verbindung von Fahrzeug und Smartphone über die Freisprechanlage. Bei BMW lassen sich beispielsweise auch E-Mails per Spracheingabe erstellen oder Termine ändern, auch die Verwendung von Nachrichten-Apps ist bei Herstellern wie Audi längst möglich.

Der Düsseldorfer Verkehrsrechtler Joachim Zimmermann rät indes Autofahrern, die wegen eines Handyverstoßes von der Polizei angehalten werden, von ihrem Schweigerecht Gebrauch machen. "Polizisten unterstellen bei Verkehrsverstößen Autofahrern gerne, dass sie durch die Nutzung ihres Handys abgelenkt waren", sagte der Rechtsanwalt.

"Freiwillig aushändigen sollte man das Handy auf keinen Fall. Der Beschlagnahme durch die Polizei sollte man immer widersprechen", betonte Zimmermann.

(frin)
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