Studie NRW-Schulleiter vermissen Unterstützung durch Politik

Düsseldorf · Die deutschen Schulleiter fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Das ist die zentrale Erkenntnis einer Forsa-Umfrage, die der Lehrerverband Bildung und Erziehung (VBE) am Freitag beim Schulleiterkongress in Düsseldorf vorstellte.

 Ein Schüler meldet sich, eine Lehrerin steht an einer Tafel (Archivfoto).

Ein Schüler meldet sich, eine Lehrerin steht an einer Tafel (Archivfoto).

Foto: dpa

82 Prozent der 1200 in ganz Deutschland befragten Schulleiter gaben an, es belaste sie, dass Politiker bei ihren Entscheidungen den Schulalltag nicht genug beachteten. Für NRW liegt dieser Anteil sogar bei 84 Prozent; hier wurden 252 Schulleiter befragt. Insgesamt geben sie der Schulpolitik nur die Note Vier.

Als konkrete Probleme nannten die Schulleiter mehrheitlich Zeit- und Lehrermangel sowie insgesamt knappe Ressourcen und steigenden Verwaltungsaufwand. Folgerichtig stehen bei den Änderungswünschen mehr Zeit und mehr Geld ganz oben. Schulleiter unter 40 können sich mehrheitlich auch vorstellen, ihren Job mit anderen zu teilen.

Die jüngeren Schulleiter sind zudem besonders selbstkritisch. Von ihnen räumt mehr als ein Viertel ein, die Aufgaben nur gelegentlich, selten oder nie zur eigenen Zufriedenheit erfüllen zu können. In höheren Altersgruppen liegt dieser Anteil zum Teil nur halb so hoch. "Die Politik ist auf dem besten Weg, die nächste Generation Schulleitung zu ruinieren", kritisierte VBE-Chef Udo Beckmann. 59 Prozent der unter 40-Jährigen gäben an, unzureichend auf ihre Aufgabe vorbereitet worden zu sein — doppelt so viel wie im Durchschnitt.

An den Schulen in NRW ist der Lehrermangel — zumindest in der Wahrnehmung der Schulleiter — besonders akut: Knapp die Hälfte klagt über unbesetzte Stellen. 53 Prozent in NRW berichten auch, an ihrer Schule seien Seiteneinsteiger tätig, also Personen, die für ihren Unterricht keine Lehramtsausbildung haben. Im Bundesschnitt liegt dieser Anteil nur bei 37 Prozent. Zugleich geben 74 Prozent an, diese Seiteneinsteiger seien auf ihre Aufgabe nicht systematisch pädagogisch vorbereitet worden — neun Prozentpunkte mehr als im Bundesschnitt.

Nach Angaben der Kultusministerkonferenz lag im Schuljahr 2016/17 der Anteil der Seiteneinsteiger an allen Neueinstellungen bei gut acht Prozent, mit steigender Tendenz. Besonders hoch ist der Anteil der ohne Vorbereitung tätigen Seiteneinsteiger nach der VBE-Umfrage an Grundschulen; am Gymnasium liegt er unter dem Durchschnitt.

Auch berufsbegleitende Qualifizierungen sind in NRW offenbar seltener als in anderen Ländern. "Wenn schon Seiteneinstieg, dann mit entsprechender Vorqualifizierung", forderte VBE-NRW-Chef Stefan Behlau: "Den Lehrerberuf erlernt kein Mensch nebenbei."

Trotz aller Probleme gehen allerdings fast alle Schulleiter gern zur Arbeit — 95 Prozent im Bundesschnitt, 96 Prozent in NRW. Und 73 Prozent (in NRW sogar 81) würden ihren Beruf auf jeden Fall oder wahrscheinlich weiterempfehlen.

(fvo)
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