Kriminalfälle aus NRW Ungelöste Verbrechen — "Wir geben die Hoffnung niemals auf"

Düsseldorf · Es gibt Kriminalfälle, die erst nach Jahren oder Jahrzehnten aufgeklärt werden können. Und es gibt Verbrechen, die bleiben für immer ungesühnt. Ein Überblick über ungelöste Fälle aus der Region.

NRW: Ungelöste Kriminalfälle und Morde
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Ungelöste Vermissten- und Kriminalfälle in der Region

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Foto: Polizei

Seit über zweieinhalb Jahren fehlt von Pierre Pahlke aus Essen jede Spur. Doch Ende März 2016 kam wieder Bewegung in die Ermittlungen: Die Beamten der Polizei Essen gingen in den Niederlanden Hinweisen einer Detektei nach, die von der Familie des geistig behinderten jungen Mannes beauftragt wurde. Zeugen wollten den Vermissten in Amsterdam gesehen haben. Doch die Spuren liefen ins Leere: "Die Beschreibung der Zeugen passte leider nicht zu einem geistig behinderten jungen Mann, der auf dem Stand eines Vier- bis Fünfjährigen ist", sagt Peter Elke, Sprecher der Polizei Essen unserer Redaktion.

Pierre Pahlke wird seit dem 17. September 2013 vermisst. Seine Familie hat die Hoffnung ihn zu finden, nie aufgegeben. In einem Penny-Markt auf der Langemarckstraße in Essen wurde er an diesem Tag zwischen 19.15 Uhr und 20 Uhr zum letzten Mal gesehen. Seither fehlt von Pierre Pahlke jede Spur. Zum Zeitpunkt des Verschwindens war er 21 Jahre alt.

Die Polizei geht von einem Verbrechen aus, sein Umfeld sei sehr intensiv abgesucht worden. Durch seine Behinderung bewegte sich der 21-Jährige nur in einem sehr kleinen Radius. Seit dem Sommer 2012 lebte er in einem Wohnheim in Essen-Frillendorf. Von dort aus ging er regelmäßig zu Fuß in umliegende Supermärkte, durfte dort von seinem Taschengeld kleinere Besorgungen erledigen. Darüber hinaus war er wegen seiner Behinderung hilfs- und orientierungslos. "Er kannte seine Grenzen sehr genau und hat sich daran gehalten", so der Polizeisprecher. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass er sich aus eigenem Antrieb aus seinem gewohnten Gebiet wegbewegt hat.

 Der damals 21-jährige Pierre Pahlke wird seit 2013 vermisst.

Der damals 21-jährige Pierre Pahlke wird seit 2013 vermisst.

Foto: Polizei

"Je mehr Zeit vergeht, desto unwahrscheinlicher wird es"

Um ungelöste Verbrechen aufzuklären, gehe man auch Jahre später noch jedem Hinweis nach, sagt Elke. "Wir geben die Hoffnung in diesen Fällen niemals auf." Jedoch gelte auch: "Je mehr Zeit vergeht, desto unwahrscheinlicher wird es." Trotzdem gibt es Fälle, in denen Familien nach vielen Jahren endlich die langersehnte Gewissheit erhielten. "Manchmal meldet sich bei Mitwissern und auch bei den Tätern selbst erst nach Jahren das Gewissen, manchmal im Alter, durch Krankheit oder kurz vor dem eigenen Ende", so der Sprecher. Die Schuld, die sie lange verdrängt haben, wiegt dann zu schwer.

Die Familie von Pierre Pahlke will nicht aufhören, zu hoffen. Sie wird jedem Hinweis nachgehen, bis das Schicksal des jungen Mannes geklärt ist. Für Angehörige und Familien ist die Gewissheit eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Trauerbewältigung.

Weitere ungelöste Kriminalfälle aus NRW

Fall: Annette Lindemann vermisst

Ort: Gelsenkirchen

Letztes Lebenszeichen: 2010

Das ist passiert: 44 Jahre alt war die Polizistin Annette Lindemann aus Gelsenkirchen-Buer, als sie verschwand. Der schwarze Van der vierfachen Mutter tauchte vier Wochen später wieder auf. Brennend in einem dichten Wald in Marl. Die Polizei geht davon aus, dass Annette Lindemann umgebracht wurde. Tatverdächtig ist bis heute ihr Ehemann Dirk L., der ebenfalls als Polizeibeamter arbeitete und das Opfer mit einer Geliebten betrogen haben soll.

Annette Lindemann wird seit 2010 vermisst.

Annette Lindemann wird seit 2010 vermisst.

Foto: Polizei Essen

Aktueller Stand: Beweisen kann die Polizei den Verdacht bis heute nicht. 2015 wurde nach neuen Hinweisen eine Halde mit Baggern abgetragen, darunter wurde Annette Lindemanns Leiche vermutet. Gefunden wurde sie nicht.

Ort: Köln

Tatjahr: 2015

Das ist passiert: Am 21. Dezember 2015 entdeckt eine 28-jährige Joggerin im Blücherpark in Köln-Bilderstöckchen die Leiche eines Mannes. Kurz darauf steht fest: Bei dem Toten handelt es sich um den 31-jährigen Thomas K. aus Müngersdorf, der zuletzt am 6. Dezember gesehen worden war. Er hatte zuletzt bei der Firma Kötter Security gearbeitet.

Aktueller Stand: Die Polizei geht von einem Mord aus. Mit einer Plakataktion sucht sie seit Januar 2016 nach Hinweisen, die zum Täter führen könnten. Bisher vergeblich.

Ort: Aachen

Tatjahr: 2012

Das ist passiert: Der damals 41-jährige Michael Hubert Bonnie verschwindet am 4. März 2012 spurlos. Nach der Geburtstagsfeier eines Freundes fährt er nachts mit einem VW Golf nach Hause. Als der Freund feststellt, dass Bonnie seinen Haustürschlüssel vergessen hat, fährt er ihm nach. Bonnies Auto steht vor dem Bauernhof, auf dem Bonnie wohnt. Ein Fenster steht offen, Musik läuft, der Autoschlüssel steckt. Doch Michael Bonnie ist nirgendwo. Erst am 7. Januar 2013 wird 500 Meter von seinem Wohnort entfernt in einem Abwasserkanal ein skelettierter Körper gefunden. Es handelt sich um die Leiche Bonnie. Die Obduktion ergibt, dass er vermutlich durch Messerstiche getötet wurde.

Aktueller Stand: Bis heute konnte der Fall nicht aufgeklärt werden, alle Spuren verliefen im Sande. Bonnie hatte 14.700 Euro auf dem Speicher des Hauses versteckt. Woher das Geld stammt ist nicht bekannt. Auch nach der Ausstrahlung des Falls in der Serie "Aktenzeichen XY" gingen keine Hinweise ein, die zur Aufklärung des Verbrechens führten.

Ort: Düsseldorf/Essen

Tatjahr: 2000

Das ist passiert: Der in Düsseldorf lebende Eduard Merkher wurde am 30. April 2000 tot im Rhein-Herne-Kanal aufgefunden. Er war gefesselt und bekleidet. Zunächst galt Merkher als nicht identifizierbarer Toter, erst nach fünf Monaten erstattete seine Ex-Frau eine Vermisstenanzeige. Daraufhin konnte das Opfer identifiziert werden. Ermordet wurde Merkher vermutlich im Schlafzimmer seiner Wohnung. Das 34-jährige Opfer stammte aus Moldavien.

Aktueller Stand: Der Fall ist bis heute ungelöst.

Ort: Oberhausen

Tatjahr: 1997

Das ist passiert: Am 9. August 1997 grillte Cindy Koch mit ihrer Familie. Anschließend fuhr sie mit einer Freundin in mehrere Diskotheken, zuletzt in die "Turbinenhalle". Von dort aus brachte sie ihre Freundin nach Hause. Gegen 3.40 Uhr hörte ihre Mutter sie im Haus. Dort zog sich Cindy um und fuhr erneut in die Disco. Um sieben Uhr kam Cindy Koch wieder nach Hause. Der Mutter fiel auf, dass Cindy das Auto auf der Beifahrerseite verließ. Den Fahrer konnte sie nicht erkennen. Vermutlich traf sich Cindy in der "Turbinenhalle" mit ihrem Mörder traf und ihn anschließend mit nach Hause nahm. Der Täter würgte und drosselte Cindy bis zur Bewusstlosigkeit, ehe sie durch mehrfache Messerstiche getötet wurde.

Aktueller Stand: Am Tatort fand die Polizei auch Blutspuren einer unbekannten Person. Eine Spur zum Täter gibt es bis heute nicht.

Ort: Oberhausen

Letztes Lebenszeichen: 2013

Das ist passiert: Die Polizei geht aufgrund der Spurenlage davon aus, dass die 57-jährige Doris Seyffarth am 20. Mai 2013 Opfer eines brutalen Verbrechens wurde. Die arbeitslose 57-Jährige war zum Zeitpunkt ihres Verschwindens Single, hatte aber einen großen Freundeskreis. Sie war gerade im Begriff, in eine andere Wohnung umzuziehen, als sie und ihr Auto verschwanden. In ihrer Wohnung gab es keine Einbruchsspuren, zunächst deutete nichts auf ein Verbrechen hin. Als fünf Wochen später ihr Pkw zwei Kilometer von ihrer Wohnung entfernt wieder auftaucht, beginnt die Kripo Essen zu ermitteln. In der blitzsauberen Wohnung von Doris Seyffarth findet die Polizei mithilfe eines chemischen Mittels überall in der Wohnung Blutspuren, die der Täter oberflächlich weggewischt hatte. Ein DNA-Test beweist: Das Blut stammt von der Vermissten. Zunächst wird ein Mann verdächtigt, den ein Bekannter der Frau einige Tage vor ihrem Verschwinden in ihrer Wohnung angetroffen hatte. Er reparierte laut der Aussage Doris Seyffarths ihren Computer. Doch die Suche mithilfe eines Phantombildes führte ins Leere.

Aktueller Stand Bis heute konnte die Leiche von Doris Seyffarth nicht gefunden werden, ebensowenig ihr Mörder.

Ort: Krefeld

Tatjahr: 1991

Das ist passiert: Der 26-jährige Michael Krieger hielt sich am 1. Januar 1991 in seinem Sonnenstudio auf, wo er Inventur machte. Kurz darauf war er mit seiner Mutter verabredet. Doch dazu sollte es nicht kommen. Sein Mörder stach sechzehn Mal mit einem Messer zu, einer der Stiche traf direkt ins Herz. Auch die Kehle wurde ihm zwei Mal durchgeschnitten. Die Tür zum Sonnenstudio war unverschlossen, neben der Kasse lagen Geldscheine. Zeugen konnten eine vage Täterbeschreibung abgeben, sie sahen den Mann aber nur von hinten. Das Motiv ist noch immer unklar. Die Tatausführung läßt auf einen persönlichen Racheakt, also eine Beziehungstat, schließen.

Aktueller Stand: Der Mörder von Michael Krieger wurde nie ermittelt.

(tak)
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