Mehr Gefangene aus Maghrebstaaten NRW will aggressive Häftlinge aus Nordafrika besser integrieren

Münster · Verständigungsprobleme, respektloses Verhalten, Temperamentsausbrüche: Seit Monaten häufen sich die Klagen von Gefängnisbediensteten über nordafrikanische Insassen Die NRW-Justiz will Integration und Verständigung verbessern.

Das Personal in den Gefängnissen in NRW klagt über anhaltende Probleme mit einer gewachsenen Zahl von Häftlingen aus Nordafrika. Mit Integrationsbeauftragten und Sprachkursen versucht Nordrhein-Westfalens Justiz deshalb die Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen. Seit Jahresbeginn haben in den 36 Anstalten insgesamt 46 Integrationsbeauftragte ihren Dienst angetreten.

Sie sollen bei Konflikten vermitteln und die Bediensteten in interkulturellen Fragen beraten. Ihre Aufgabe sei es auch, eine Datei mit Adressen von Dolmetschern anzulegen, denn häufig hapere es schon bei der sprachlichen Verständigung.

Die Zahl der Gefangenen aus den Maghrebstaaten hat sich zwischen 2014 und 2016 mehr als verdoppelt, sie ist derzeit nur leicht auf etwas mehr als 800 zurückgegangen. Mehrheitlich kommen sie aus Algerien und Marokko. Nach Berichten aus den Vollzugsanstalten gebe es darunter einige, die sehr schwieriges Verhalten zeigten, sagte ein Sprecher des Justizministeriums.

Sie seien fordernd und aufbrausend, verbunden auch mit der Drohung, sich selbst zu verletzen oder umzubringen. Auch fielen einige durch besondere Respektlosigkeit gegenüber dem Personal auf, insbesondere gegenüber Frauen.

Laut Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschland trifft das Problem mehr oder minder alle Bundesländer zu. Experten weisen jedoch daraufhin, dass Gefangene aus anderen Kulturkreisen oder aus dem Bereich der organisierten Kriminalität den Justizvollzug immer wieder vor Herausforderungen stellten. Angesichts der Verdopplung nordafrikanischer Insassen in NRW-Gefängnissen hatte Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) bereits im Sommer 2016 Maßnahmen angekündigt, die helfen sollen, diese Gruppe besser zu integrieren.

In einem weiteren Schritt setzt Nordrhein-Westfalen auf ein besseres Angebot für Häftlinge mit keinen oder mangelnden Deutschkenntnissen. Landesweit sollen nach und nach 26 Lehrerstellen besetzt werden.
Pädagogen, die bereits in den Gefängnissen tätig sind, seien als Deutschlehrer für Ausländer fortgebildet worden. Getestet werde zudem, ob Tablets bei Verständigungsschwierigkeiten als elektronische Dolmetscher helfen können.

Der Bund der Strafvollzugsbediensteten bleibt aber skeptisch. Integrationsbeauftragte und Sprachlehrer seien zwar ein guter Ansatz. "Das reicht aber hinten und vorne nicht", kritisierte der NRW-Vorsitzende Peter Brock. Nur eine Aufstockung des Personals insgesamt helfe, die anhaltenden Probleme mit Gefangenen mit hohem Aggressionspotential zu lösen. "Wenn ein Bediensteter pro Schicht 40 bis 45 Leute betreut, ist das schon viel Arbeit. Sind dann da Problemfälle drunter, dann stoßen sie an ihre Grenzen", mahnte er.

(lnw)
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