Neuregelung für kommunale Geschwindigkeitsmessungen Ordnungsämter dürfen an mehr Orten blitzen

Düsseldorf · Die Ordnungsämter in Nordrhein-Westfalen haben ab sofort größere Freiheit in der Verkehrsüberwachung. Polizeigewerkschaft und ADAC befürchten das reine Auffüllen von klammen Gemeindekassen.

Blitzer im Rhein-Kreis Neuss - wo aktuell geblitzt wird
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Aktuelle Blitzer im Rhein-Kreis Neuss - hier wird geblitzt

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Foto: Martin van der Pütten

Die nordrhein-westfälischen Städte und Gemeinden dürfen künftig überall an ihren Straßen Tempokontrollen errichten und zu schnelle Autofahrer "blitzen". Die Landesregierung habe eine Vorschrift geändert, die den Ordnungsämtern von größeren Städten und Kreisen nun erlaubt, überall dort zu blitzen, wo zu schnell gefahren wird, teilte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Montag mit. Und nicht nur an Unfallschwerpunkten wie zuvor.

Durch die Neuregelung könnten die Kommunen in NRW besser auf Gefahren im Straßenverkehr reagieren. "Die Experten in den Kreisen und Städten wissen, wo Blitzen für mehr Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern in ihrer Region sorgt. Deshalb bedeutet die größere Flexibilität für die Kommunen auch gleichzeitig mehr Verkehrssicherheit", so Innenminister Ralf Jäger. "Es geht nicht darum, mehr Geld einzunehmen".

ADAC und Gewerkschaft der Polizei reagierten skeptisch

NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) sieht auch in Kommunen mit Geldnot keine Gefahr, dass die neue Freiheit zu finanziell motivierten Kontrollen an ungefährlichen Stellen führt: "Nicht rational begründbare Kontrollen würden vor Ort schnell entlarvt", sagte er.

Der ADAC ist skeptischer: "Wir fordern, dass nicht der Stadtsäckel über die Kontrollstellen entscheidet", sagte Sprecherin Jacqueline Grünewald. Insofern habe die bisherige Beschränkung auf Unfallschwerpunkte und Gefahrenstellen besseren Schutz vor Willkür geboten.

Die Entscheidung von Innenminister Jäger gefährde die Akzeptanz der Verkehrskontrollen, kritisierte die Gewerkschaft der Polizei (GdP). "Wenn Blitzer in Zukunft überall aufgebaut werden dürfen, besteht die Gefahr, dass die Städte und Kommunen vor allem da kontrollieren, wo die Blitzer das meiste Geld in die klammen Kassen spülen, und nicht an Unfallschwerpunkten", warnte GdP-Landesvorsitzender Arnold Plickert. Die GdP fordert deshalb, dass die Einnahmen mit den Kontrollen nicht in die kommunalen Kassen, sondern in den Landeshaushalt fließen. "Wenn das Geld ans Land fließt, können wir verhindern, dass die Blitzer an den falschen Stellen aufgebaut werden", so Plickert.

Die Polizei müsse Herr des Verfahrens bleiben, ob an bestimmten Straßen Kontrollen durchgeführt werden oder nicht. Bisher waren die Kontrollen der Kommunen auf Unfallbrennpunkte oder besonders schutzwürdige Stellen wie vor Schulen und Kindergärten beschränkt.

Geschwindigkeitskontrollen werden angekündigt

Für die Verkehrsüberwachung können die Ordnungsämter sowohl mobile, als auch stationäre Messanlagen nutzen. Die Geschwindigkeitsmessungen sollen in Zukunft angekündigt werden. "Mit dieser Transparenz hat die NRW-Polizei sehr gute Erfahrungen gemacht", betonte Jäger. Diese Regelung sei ein weiterer Baustein in der Strategie der Landesregierung für mehr Sicherheit im Straßenverkehr.

Verkehrsminister Michael Groschek unterstützt die Neuerung: "Es geht hier ganz klar um mehr Verkehrssicherheit und weniger Tote. Denn noch immer ist das Rasen der Killer Nr.1 auf den Straßen in NRW. Die kommunale Verkehrsüberwachung soll da greifen, wo die Gefahren für die Kleinsten am Größten sind - also vor allem innerorts." In den ersten fünf Monaten diesen Jahres starben 52 Menschen im Straßenverkehr wegen überhöhter Geschwindigkeit. Das ist ein Rückgang um 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (- 17). "Wir sind auf dem richtigen Weg. Aber jeder Tote im Straßenverkehr ist einer zu viel", bekräftigte der Innenminister.

Ralf Jäger hat sich die Bekämpfung von Rasern auf die Fahne geschrieben. Erst vor wenigen Wochen fand erneut ein Blitz-Marathon in Nordrhein-Westfalen statt, bei dem Polizei und Ordnungsämter 24 Stunden lang verstärkt die Geschwindigkeit der Autofahrer kontrollierten. Die Aktion ist so erfolgreich, dass sie nun bundesweit exportiert werden könnte.

(anch)
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