Sturm-Bilanz "Friederike" war schneller — "Kyrill" war teurer

Düsseldorf · Auf den Tag genau elf Jahre vor "Friederike" hat Orkan "Kyrill" im Jahr 2007 über Deutschland gewütet. Der angerichtete finanzielle Schaden war damals größer als am Donnerstag, obwohl "Friederike" teilweise höhere Windgeschwindigkeiten erreichte.

 Orkan Friederike fegte am Donnerstag über Deutschland hinweg.

Orkan Friederike fegte am Donnerstag über Deutschland hinweg.

Foto: Uwe Heldens

Die durch "Friederike" angerichtete Schadenssumme wird nach ersten Schätzungen der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ungefähr 500 Millionen Euro betragen. Am 18. Januar 2007 verursachte "Kyrill" dagegen einen vierfach höheren Schaden von rund zwei Milliarden Euro in Deutschland.

 In Solingen lagen Mülltonnen auf den Straßen.

In Solingen lagen Mülltonnen auf den Straßen.

Foto: Köhlen Stephan

Deutschlandweit wurde am Donnerstag zeitweise die Windstärke 12 und mehr gemessen. Mit 203 Stundenkilometern auf dem Brocken im Harz übertraf "Friederike" den Top-Wert von "Kyrill", der vor elf Jahren seine Spitzenböe von 202 Kilometern pro Stunde auf dem Wendelstein in Bayern hatte. Eine Chronik zu den heftigsten Stürmen aller Zeiten lesen Sie hier.

Starkwindband setzt sich ab

Doch zog "Kyrill" in der Fläche viel stärker über das Land hinweg und verursachte deshalb auch einen größeren Schaden. Bei "Kyrill" traten die Orkanböen bei Gewittern an den dazugehörigen Kaltfronten auf. Bei "Friederike" kam es stattdessen zu den stärksten Böen in einem nur ungefähr 200 Kilometer breiten Streifen hinter einer Kaltfront. Für den kleineren Streifen war ein sogenannter Sting-Jet verantwortlich, wie es Diplom-Metereologe Christian Herold vom Deutschen Wetterdienst (DWD) erklärt. Bei einem Sting-Jet wird ein Starkwindband bis in untere Luftschichten "abgesenkt". Dies führt im Gegensatz zu normalen Sturmtiefs auf relativ kleinem Raum zu extremen Böen.

Ein weiterer Grund für weniger Baumumstürze und damit weniger Schäden bei "Friederike" war die Beschaffenheit des Bodens. Dieser war bei "Kyrill" durch vorherigen Regen und Gewitter noch ein wenig feuchter und weicher, wodurch sich die Bäume leichter entwurzeln ließen. Der feuchte Boden ist dafür verantwortlich, dass auch bei niedrigeren Windgeschwindigkeiten Bäume schneller fallen, erklärt Cornelia Urban vom DWD.

Ela traf auf belaubte Bäume

Hätten "Friederike" und "Kyrill" nicht im Januar, sondern zu einer späteren Jahreszeit gewütet, wäre der Schaden wahrscheinlich größer ausgefallen. Denn im Winter tragen Bäume keine Blätter und bieten dem Wind damit weniger Angriffsfläche, so dass sie nicht so schnell umstürzen, wie zum Beispiel beim Gewittersturm "Ela" an Pfingsten 2014.

Bei "Ela" traf der Wind auf belaubte Bäume. Windgeschwindigkeiten von 142 Stundenkilometern und Spitzenböen der Windstärke 11 und 12 sorgten in Düsseldorf, wo der Ausnahmezustand ausgerufen werden musste, für verheerende Schäden. Allein die Landeshauptstadt verlor durch "Ela" 30.000 Bäume, weitere 24.000 benötigten intensive Pflegemaßnahmen, um sie zu erhalten. Über 300 Autos lagen im Juni 2014 in Düsseldorf unter umgestürzten Bäumen oder ausgebrochenen Kronen. Dies war nun in der Landeshauptstadt nicht der Fall, auch weil am Donnerstag Windgeschwindigkeiten von "nur" 116 Stundenkilometern gemessen wurden.

Sturmsaison begann schon im September

"Friederike" war bislang der Höhepunkt einer heftigen Sturmsaison, die für den DWD Mitte September ungewöhnlich früh mit Sturm "Sebastian" eröffnet wurde. "Xavier" und "Herwart" folgten im Oktober, "Herwart" erreichte schon fast Windgeschwindigkeiten von "Kyrill". Anfang des Jahres sorgte das Tief "Burglind" für Schäden und Hochwasser, "Friederike" war nun das schwerste Unwetter seit "Kyrill" vor elf Jahren.

Die Häufung an schweren Stürmen liegt laut Deutschem Wetterdienst an der seit dem Herbst vorherrschenden Westwetterlage. Tiefdruckgebiete ziehen in raschen Abfolgen vom Nordatlantik kommend über die Nordsee in Richtung Südskandinavien. Ihre Ausläufer beeinflussen das Wetter in Mitteleuropa, indem sich an der Südflanke der Tiefdruckgebiete bei großen Temperaturunterschieden immer wieder Randtiefs bilden. Diese können sich dann zu Sturmtiefs entwickeln.

(gaa)
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