Kreis Paderborn 38-Jähriger nach Säure-Angriff auf Ex-Freundin gefasst

Hövelhof · Beziehungsdrama im Kreis Paderborn: Ein Mann verätzt das Gesicht seiner Ex-Freundin mit aggressiver Säure und flüchtet. Der wegen Gewalttaten Vorbestrafte konnte in Bayern gestoppt werden und wird nun dem Haftrichter vorgeführt. Das Opfer schwebt in Lebensgefahr.

Ein 39 Jahre alte Frau aus Hövelhof im Kreis Paderborn ist von ihrem Ex-Freund mit einer säurehaltigen Flüssigkeit lebensgefährlich verletzt worden.

Ein 39 Jahre alte Frau aus Hövelhof im Kreis Paderborn ist von ihrem Ex-Freund mit einer säurehaltigen Flüssigkeit lebensgefährlich verletzt worden.

Foto: dpa, mg cul

Einen Tag nach dem Säureanschlag des Mannes auf seine Ex-Freundin in Hövelhof bei Paderborn befindet sich die 39-Jährige weiterhin in akuter Lebensgefahr. Der 38-Jährige, nach dem bundesweit gefahndet wurde, konnte am Freitagnachmittag in Bayern gefasst werden. Wie die Staatsanwaltschaft Paderborn und mehrere Polizeidienststellen mitteilten, hatten Beamte des Polizeipräsidiums Oberbayern/Süd das zur Fahndung ausgeschriebene Auto auf der Autobahn nahe Rosenheim erkannt und den 38-Jährigen italienischer Herkunft festgenommen.

Der Tatverdächtige fuhr auf der Autobahn 8 in Richtung Salzburg. Die Beamten lotsten den Fahrer auf einen Parkplatz und stellten bei seiner Kontrolle fest, dass es sich bei ihm um den zur Festnahme ausgeschriebenen Tatverdächtigen handelte. Er ließ sich widerstandslos festnehmen und wurde in Gewahrsam gebracht. Von dort aus soll er am Samstag dem zuständigen Haftrichter vorgeführt werden, um den durch die Staatsanwaltschaft Paderborn beim Amtsgericht Paderborn erwirkten Haftbefehl verkünden zu lassen.

Ihm wird vorgeworfen, seiner früheren Freundin am Donnerstagnachmittag aufgelauert zu haben. Als sie mit dem Fahrrad nach Hause zurückkehrte, habe er ihr hochkonzentrierte Säure ins Gesicht geschüttet, sagte Polizeisprecher Ulrich Krawinkel am Freitag.

Nach ersten Ermittlungen geht die Mordkommission davon aus, dass es sich bei dem Täter um den ehemaligen Freund der Frau handle, sagte Krawinkel. Informationen des WDR zufolge, nach denen die Frau zunächst bei Bewusstsein war und ihren Ex-Freund als Täter genannt haben soll, wollte der Polizeisprecher nicht bestätigen.

Un/Sichtbar - Frauen überleben Säure
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Die Frau, die ätzende Dämpfe eingeatmet hatte, war noch am Donnerstag in eine Spezialklinik nach Bochum geflogen worden. Um welche Art von Säure es sich handelte, blieb zunächst noch unklar. Die Polizei warnte vor dem Flüchtigen. Er sei wegen Gewaltdelikten vorbestraft und es sei in Befragungen in seinem Umfeld angeklungen, dass er bewaffnet sein könnte. Dies wurde bisher aber nicht bestätigt.

Anwohner des Mehrfamilienhauses waren dem Opfer zu Hilfe geeilt und hatten Rettungskräfte alarmiert. Während der Rettung der 39-Jährigen verletzten sich auch zwei der Nachbarn, vier Rettungshelfer und der Notarzt beim Kontakt mit der Säure.

Säureanschlag in Hilden: Prozess beginnt
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Der Vorfall im Kreis Paderborn erinnert an einen Fall aus Hilden: Für einen Anschlag mit Schwefelsäure auf eine 21-jährige Frau in Hilden kurz vor Sylvester 2012 hatte das Landgericht Düsseldorf zwei Männer aus Langenfeld zu Haftstrafen verurteilt.

Der Ex-Freund (23) des Opfers hatte, so der Urteilsspruch des Gerichts, aus Eifersucht einen Kumpan (19) damit beauftragt, die Frau mit Säure zu übergießen und dauerhaft zu entstellen. Die 21-Jährige wurde im Gesicht verätzt, an Hals, Brust und Rücken. Als Auftraggeber soll der Ex-Freund wegen besonders schwerer Körperverletzung für fünf Jahre und sieben Monate in Haft. Sein Kumpan erhielt dreieinhalb Jahre Jugendstrafe.

Der Vorsitzende des Deutschen Berufsverbands Rettungsdienst, Marco König, sprach von einer Zwickmühle für die Helfer: "Einerseits haben sie vor sich einen leidenden, hilfsbedürftigen Menschen. Andererseits bringen sie sich selbst in Gefahr", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Dazu komme die emotionale Komponente, nämlich das Wissen darum, welche furchtbaren Folgen solch ein Säureanschlag habe, wie entstellt das Opfer danach sein könne. Da es sich um Einzelfälle handle, spiele der Umgang mit Säure in der Ausbildung keine große Rolle.

Nach Angaben der Opferorganisation Acid Survivors Foundation (ASF) ist Säure in vielen Ländern oft problemlos und günstig zu haben. Der Grund für die Attacken sei meist Eifersucht, oder wenn die Frau das Recht auf eigene Entscheidungen für sich beanspruche, beispielsweise eine Hochzeit ablehne. Laut ASF sind 99 Prozent der Täter Männer, die Opfer mehrheitlich Frauen.

Attacken zielten auf das Gesicht, "um zu zerstören, was für viele Mitglieder der Gesellschaft eine der wichtigsten Ressourcen der Frau ist - ihre Schönheit", heißt es auf der Homepage der Organisation. Die Attentate sind ein weltweites Phänomen. Der Hilfsorganisation Acid Survivors Trust International (ASTI) zufolge treten sie weder in bestimmten ethnischen Gruppen noch in bestimmten Religionsgruppen auf. Anschläge gebe es in vielen Ländern Afrikas, Südostasiens, der Karibik, im Nahen Osten - und auch in Deutschland.

(lnw)
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