Tödliche Unfälle Tierschützer fordern Pferdekutschenverbot

Wesel · Pferde sollen nach dem Willen von Tierschutzverbänden keine Planwagen und Kutschen mehr ziehen. Es gab viele tödliche Unfälle. Außerdem würden die Tiere häufig überanstrengt.

Bei einem Kutschenunfall in Hennef wurden im vergangenen Oktober acht Menschen verletzt.

Bei einem Kutschenunfall in Hennef wurden im vergangenen Oktober acht Menschen verletzt.

Foto: Jasmin Zühlke/ ANC-News

Den Polizisten bot sich ein trauriges Bild, als sie am vergangenen Wochenende auf einer Landstraße in Wesel eintrafen. Ein schwer verletztes Pferd lag nach einem Unfall am Boden. Ein Veterinär musste das leidende Tier sofort einschläfern. Das Pferd hatte eine Kutsche mit zwei Personen gezogen, in die ein Auto mit hoher Geschwindigkeit von hinten hineingefahren war. Die Wucht des Aufpralls war so enorm, dass die Kühlerhaube des Autos vollständig zerstört wurde. Der Kutscher wurde dabei leicht, sein Beisitzer schwer verletzt.

Immer häufiger kommt es zu solchen Unfällen mit Fuhrwerk wie in Wesel. Im Durchschnitt ereignen sich in Deutschland jeden dritten Tag solche Zwischenfälle auf den Straßen - meistens mit tödlichem Ausgang für die Vierbeiner. Im vergangenen Jahr wurden allein bei 60 Vorfällen insgesamt 88 Fahrgäste verletzt, einige von ihnen schwer.

Damit müsse endlich Schluss sein, fordern Tierschutzorganisationen. "Die langsamen Pferdekutschen verursachen gefährliche Situationen. Sie gehören einfach nicht in den modernen Straßenverkehr", sagt Peter Höffken, Fachreferent der Tierschutzorganisation Peta. Die Kutschen seien nicht mit verkehrstauglicher Beleuchtung, Airbags oder Bremssystemen ausgestattet. "Die einzige Lösung zum Schutz von Mensch und Tier ist daher ein generelles gesetzliches Verbot von Kutschfahrten", betont Höffken.

Eine ähnliche Meinung vertritt auch der Deutsche Tierschutzbund. "Wir sehen Kutschfahrten für Touristen äußerst kritisch, da den Tieren aus Kostengründen häufig nicht genug Pausen gegönnt werden und sie sich überanstrengen", erklärt Lea Schmitz, Sprecherin des Tierschutzbundes. Diese Praxis müsse unterbunden werden.

Autofahrer sollten viel Abstand halten

Die Verkehrswacht NRW ist besonders gegen Pferdekutschenfahrten in Innenstädten und Bereichen, wo viel Lärm und Krach herrscht. "Da gehören solche von Pferden gezogenen Wagen nicht hin", sagt Mathias Schiffmann von der Verkehrswacht. Gegen Fahrten in ländlichen Regionen wie der Eifel oder dem Sauerland habe er hingegen keine Einwände, "weil es da kaum Verkehr gibt, durch den sich die Tiere erschrecken können".

Schiffmann rät allen Autofahrern, sich Pferdekutschen ganz langsam zu nähern und möglichst mit weitem Abstand zu überholen. Unter keinen Umständen sollte gedrängelt oder gehupt werden. Das könnte die Tiere nervös machen und im schlimmsten Fall dazu führen, dass sie ausscheren. So entstünden die meisten Unfälle.

Selbst Anbieter von Planwagen- und Kutschfahrten hätten nichts dagegen, wenn es verboten werden würde, dass Pferde die Gefährte ziehen. "Schon jetzt setze ich aus Tierschutzgründen bei 90 Prozent meiner Fahrten Traktoren als Zugmaschinen ein", sagt Jürgen Knorsch aus Kamp-Lintfort, der solche Fahrten am Niederrhein organisiert. Auch viele seiner Kunden wünschten sich das.

Wegen der derzeit hohen Temperaturen von bis zu 40 Grad will er schon jetzt auf den Einsatz von Pferden verzichten. "Die Tiere gehören bei dem Wetter in den Schatten gestellt und nicht vor eine Kutsche gespannt", sagt er. Es gibt aber auch andere Meinungen in der Branche. Stefan M., der ebenfalls Pferdekutschfahrten für Junggesellenabschiede, Vatertagstouren und Hochzeiten in NRW durchführt, will nicht auf Pferde verzichten. "Solange die Leute das wollen, biete ich das an", sagt er. "Die meisten, die bei mir eine Fahrt buchen, wollen von Pferden und nicht von lauten Traktoren gezogen werden", sagt er. Das habe auch etwas mit Romantik und Tradition zu tun.

Der Tierschutzbund rät allen, die nicht auf Fahrten mit Pferdekutschen verzichten möchten, sich vorher gut zu informieren und sich die Unternehmen vor Ort anzuschauen. Die Tiere sollten in einem guten Pflege- und Ernährungszustand sein. Man sollte darauf achten, dass das Fell sauber und glänzend ist, die Hufe gut gepflegt, nicht zu lang oder ausgebrochen sind und dass die Hufeisen richtig sitzen.

"Der Anbieter der Kutschfahren sollte zudem genug Tiere besitzen, damit auch lange Pausen möglich sind und sie sich regenerieren können", sagt Lea Schmitz. Zusätzlich müssten kurze Pausen während einer Tour eingeplant sein, in denen die Pferde mit Futter und Wasser versorgt werden müssten.

(RP)
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