Tumulte am Wahlabend in Dortmund Polizei: "Alkoholisierte Politiker" störten Einsatz

Düsseldorf · NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) bewertet den Polizeieinsatz bei Ausschreitungen am Kommunalwahlabend in Dortmund als sachgerecht. Anhänger der Partei "Die Rechte" hatten versucht, das Rathaus zu stürmen. Die Polizei gibt Politikern des bürgerlichen Lagers sogar eine Mitschuld an den Tumulten.

Dortmund: Rechtsradikale wollen Wahlparty stürmen
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In einem Bericht des Innenministeriums an den Landtag heißt es, dass sowohl die Aufklärungsmaßnahmen der Polizei vor dem Zwischenfall, als auch der Einsatz "verhältnismäßig" gewesen seien. In dem Bericht sind auch kritische Anmerkungen zum Verhalten von Kommunalpolitikern enthalten. So berichtet die Polizei von "deutlich alkoholisierten Politikern, die aus dem Rathaus heraus auf den Friedensplatz getreten waren."

Diese Gruppe, die aus dem linken und bürgerlichen Lager kam, störte die Arbeit der Beamten erheblich, "indem sie untereinander stritten und nicht bereit waren, polizeilichen Ansprachen Folge zu leisten." So übten einige Kommunalpolitiker sogar verbal Druck auf die Beamten, "sobald die Maßnahmen nicht den Vorstellungen der Anwesenden entsprachen."

Fäuste, Flaschen und Pfefferspray

Was war geschehen? Am Abend der Kommunalwahl hatten sich rund 100 Menschen aus dem linken und bürgerlichen Lager einer Gruppe von Rechtsextremen der Partei "Die Rechte" entgegengestellt. Erst gab es verbale Auseinandersetzungen. Als die Rechten versuchten, sich Zugang zum Rathaus zu verschaffen, flogen Flaschen und es wurde Pfefferspray eingesetzt.

Kritisch äußert sich der Bericht auch zum Verhalten von Teilnehmern der Menschenkette vor dem Rathaus: "Während die Einsatzkräfte die Gruppe der Angehörigen der rechten Szene räumlich zurückdrängten, wurde fortwährend aus dem Rücken der Polizeibeamten heraus aus der bürgerlichen/linken Gruppierung versucht, die vorhandenen Lücken in der Polizeikette auszunutzen, um Angehörige der rechten Gruppierung mit Schlägen und Tritten zu attackieren, was die Emotionen unter den Rechten immer wieder anheizte."

Es gab neun Verletzte. Darunter auch die Grünen-Politikerin Daniela Schneckenburger, die von einem Faustschlag getroffen wurde. Der Polizei war von Beteiligten vorgeworfen worden, sie habe die Lage unterschätzt.

"SS-Siggi" sitzt im Rathaus

Schneckenburger, Landespolitikerin und OB-Kandidatin bei der Kommunalwahl, sagte wdr.de, der Bericht enthalte eine "pauschalisierende und damit diffamierende Einschätzung über Politiker vor Ort". Sie habe weder Gewalthandlungen gegen die Rechten noch betrunkene Politiker gesehen, die die Polizei gestört hätten. Der Polizeibericht verharmlose das Bedrohungspotenzial der Neonazis.

An diesem Donnerstag will sich der Innenausschuss des Landtages mit dem Thema befassen. Seit dem vergangenen Mittwoch sitzt der ehemalige Hooligan von Borussia Dortmund Siegfried Borchardt, auch "SS-Siggi" genannt, als Vertreter der Partei "Die Rechte" im Rathaus.

Dortmund gilt als eine der Hochburgen der Rechtsextremen, wie auch im NRW-Verfassungsschutzbericht 2013 zu lesen war. Im bürgerlichen Viertel Dorstfeld werden ganze Straßenzüge von Neonazis bewohnt, die der Partei "Die Rechte" angehören. Verfassungsschutzpräsident Burkhard Freier sagte damals, dass die Partei eine "extremistische Partei" sei, die "wesensverwandt mit der NSDAP" sei.

(rpo/lnw)
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