Studie des NRW-Innenministeriums Polizisten - geprügelt und gedemütigt

Schloss Holte-Stukenbrock · 80 Prozent der Schutzpolizisten werden im Einsatz verletzt oder beleidigt. Das geht aus einer neuen Studie hervor. "Der Arbeitsalltag von Polizisten ist noch gefährlicher, als die nackten Zahlen vermuten lassen", sagt NRW-Innenminister Ralf Jäger. Die Gewerkschaft der Polizei fordert eine konsequentere Bestrafung der Täter.

Die Zahl der Angriffe auf Polizisten ist deutlich höher als bislang angenommen. Das geht aus einer Studie hervor, die NRW-Innenminister Ralf Jäger am Montag vorgestellt hat. Danach wurden im Jahr 2012 insgesamt 5982 Straftaten gegen Polizisten registriert, mehr als 1800 Beamte wurden im Einsatz zum Teil schwer verletzt. "Das ist zu viel", sagte der SPD-Politiker.

Rund 80 Prozent der Polizisten, die mit Bürgern zu tun haben, wurden geschlagen, gestoßen oder beleidigt. Anzeige erstatten jedoch nur wenige. Vier von fünf Beamten halten eine strafrechtliche Verfolgung der Angreifer entweder für aussichtslos oder befürchten im Falle einer Anzeige sogar dienstliche Nachteile.

Unbeteiligte mischen sich vermehrt ein

Innenminister Jäger forderte die Vorgesetzten auf, Gewalt gegen die Beamten ernst zu nehmen. Betroffene Beamte dürften nicht Gefahr laufen, als "Weicheier" stigmatisiert zu werden. Laut Umfrage zählen Prellungen (68 Prozent) zu den häufigsten Verletzungen, die nach Angriffen diagnostiziert werden. 58 Prozent der Beamten erleiden Schürfwunden, 17 Prozent Zerrungen, zehn Prozent tragen offene Wunden davon.

"Der Arbeitsalltag von Polizisten ist noch gefährlicher, als die nackten Zahlen vermuten lassen", sagte Jäger. So beklagen die befragten Beamten, dass sich immer häufiger auch unbeteiligte Personen bei Einsätzen einmischen, Festnahmen lautstark kommentieren und mit Smartphones aufzeichnen. Die NRW-Polizei will die Beamten durch eine effektive Weiterbildung in regionalen Trainingszentren jetzt besser auf Gefahrensituationen vorbereiten.

CDU-Politiker fordert Mindestrafe

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte die Landesregierung auf, die Ergebnisse der Studie ernst zu nehmen. "Wenn wir die zunehmende Gewalt gegen Polizisten eindämmen wollen, brauchen wir eine konsequente Ahndung von Gewaltdelikten", sagte GdP-Landeschef Arnold Plickert. Viele Beamte fühlen sich von der Justiz im Stich gelassen. Auch beim Training sieht die GdP Handlungsbedarf. "Viele Polizisten erhalten nicht die Vorbereitung auf schwierige Konfliktsituationen, die sie eigentlich benötigen", erklärte Plickert.

Peter Biesenbach, Innenexperte der CDU im Düsseldorfer Landtag, verlangte die Einführung einer Mindeststrafe von sechs Monaten für Täter, die Widerstand gegen Polizeibeamte leisten. Bisher hätten es SPD und Grüne nicht für nötig gehalten, sich ernsthaft mit der Forderung auseinanderzusetzen, sagte der CDU-Politiker.

Schwerwiegende Folgen

Robert Orth, innenpolitischer Sprecher der FDP, erklärte hingegen, die bisherigen Gesetze reichten aus. "Es gibt bereits heute die Möglichkeit, bei Gewalt gegen Polizeibeamte Haftstrafen bis zu drei Jahren — in besonders schweren Fällen sogar bis zu fünf Jahren — auszusprechen", erläuterte der Liberale. Dieser Korridor sei "ausreichend". Die Grünen-Politikerin Verena Schäffer mahnte stärkere Hinweise auf Unterstützungsangebote für die Polizisten und eine bessere Einsatznachbetreuung an.

Das Erleben von Gewalt kann für die Opfer zu schwerwiegenden Folgen führen. 40 Prozent der Polizisten, die einem Angriff ausgesetzt waren, leiden unter Schlafstörungen, Nervosität und Reizbarkeit. Jeder Fünfte musste nach dem Vorfall ärztlich versorgt werden, knapp zehn Prozent der Polizeibeamten wurden in der Folge des Angriffs krankgeschrieben.

(RP)
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