Düsseldorf Preise für Betreuung steigen

Düsseldorf · In älteren Unterkünften zahlt Nordrhein-Westfalen nur 500 Euro pro betreutem Flüchtling, in neuen Häusern deutlich mehr. Dabei droht in den Kommunen neues Ungemach.

Die Betreuung von Flüchtlingen in NRW und bundesweit folgt einem einfachen Muster: Die Verantwortung wird von der jeweils höchsten Ebene nach unten delegiert - Flüchtlinge und Kommunen tragen am Ende die Hauptlast. Die wichtigsten Antworten.

Wie werden die Flüchtlinge verteilt?

In Deutschland angekommene Flüchtlinge und Asylbewerber werden direkt auf die Bundesländer nach ihrer Bevölkerungsanzahl verteilt. Dabei steigt die Zahl deutlich: 2012 hatten in NRW nur 15 028 Menschen Asyl beantragt, dieses Jahr werden es mehr als 35 000, nächstes Jahr könnten bis zu 45 000 Flüchtlinge zusammenkommen. In NRW steuert die Bezirksregierung Arnsberg die Verteilung der Flüchtlinge.

Wohin kommen die Flüchtlinge?

In der Erstaufnahme kümmert sich das Land um die Flüchtlinge, die nach einer Übergangszeit von den Kommunen übernommen werden. Dabei greift das Land auf Hilfsorganisationen und Unternehmen zurück, die für Geld die Flüchtlingsheime betreuen. Drei der aktuell 18 Häuser betreut der Malteserhilfsdienst, fünf das Deutsche Rote Kreuz (DRK), sechs die jetzt in die Kritik geratene Firma European Homecare aus Essen, die anderen vier Häuser werden von Johannitern und Kolpingwerk betrieben.

Wird die Unterkunft immer teurer?

Ja. Die schon lange bestehenden Unterkünfte in Hemer und Schöppingen konnten mit je rund 500 Plätzen relativ günstig betrieben werden. Pro Person zahlt das Land nach Informationen unserer Zeitung nur etwas über 500 Euro im Monat (inklusive Essen, Miete, teilweise Kleidung und einer gewissen sozialen Betreuung, ohne die Arztkosten).

Die neueren Häuser wie in Neuss oder Kerken sind kleiner und kosten darum im Schnitt mehr pro Betreutem. Auch weil es immer schwerer wird, Unterkünfte und dafür geeignetes Personal zu finden, sind für die kleineren Häuser pro Kopf oft rund 1000 Euro im Monat fällig. Flüchtlingshilfsorganisationen begrüßen aber die Einrichtung eher kleinerer Einrichtungen, weil die Menschen da besser und individueller betreut werden könnten.

Die Bezirksregierung Arnsberg betont, sich auch in großen Häusern Mühe zu geben: "Wenn wir eine Turnhalle günstig dazumieten können, dann nehmen wir das wahr, um die Menschen besser zu betreuen", sagt Volker Milk, Regierungsvizepräsident in Arnsberg.

Wie werden die Preise vereinbart?

Das Land versucht, die Aufträge auf mehrere Träger zu verteilen, um bei den Preisen nicht erpressbar zu sein und um das Wachstum zu bewältigen. Wegen des Zeitdrucks beim Aufbau neuer Kapazitäten gibt es nur teilweise wirkliche Ausschreibungen. So berichtet das DRK, zwei Häuser bereits aufgebaut zu haben, obwohl noch unklar ist, wie viel Geld es am Ende wirklich gibt.

Gibt es einen Unterschied zwischen öffentlich-rechtlichen Trägern und privaten Heimbetreibern?

Die Landesregierung sieht private Träger und soziale Hilfsorganisationen als ebenbürtig, weil beide ihre Dienstleistung kommerziell abrechnen. Dafür hat das DRK beispielsweise eine eigene Firma gegründet. Das Unternehmen soll Gewinne machen.

Beschäftigt nur European Homecare einen privaten Sicherheitsdienst?

Nein, es scheint so, dass alle Betreiber von Flüchtlingsheimen private Sicherheitsfirmen beschäftigen, um einerseits die Einrichtungen vor Angriffen zu schützen, andererseits aber auch in den Häusern selber für Ordnung zu sorgen. So wird auch gegen Mitarbeiter eines Wachdienstes ermittelt, der in Bad Berleburg für das DRK arbeitet.

Droht noch eine Zeitbombe?

Die Landesregierung hat gestern nur ein Sofortprogramm für die vom Land selbst organisierten Unterkünfte vorgestellt. Da werden die Sicherheitsdienste nun viel härter überprüft. Doch die meisten Flüchtlinge wechseln nach einer Übergangszeit in städtische Unterkünfte. Auf Nachfrage räumte Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) gestern ein, dass die Kommunen sich nicht an die Vorgaben für eine stärkere Kontrolle der Sicherheitsdienste halten müssen: "Es gilt die kommunale Selbstverwaltung."

Gelindert wird das Problem allerdings, weil viele Kommunen, wie Leverkusen oder Köln, auf Betreuung in Wohnungen setzen.

(RP)
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