Serie Unser Rhein Der Fluss ist Lebensraum für Millionen Fische

Düsseldorf · Die Wasserqualität des Rheins hat sich in den vergangenen Jahrzehnten enorm verbessert. Rund 50 Fischarten, aber auch Muscheln und Krabben leben mittlerweile wieder im Fluss.

Serie Unser Rhein: Der Fluss ist Lebensraum für Millionen Fische
Foto: Stephan Kaluza/Rheinprojekt-Edition

Ein einzelner Fisch hat im Mai für Schlagzeilen und wahre Begeisterungsstürme gesorgt. Denn nach vielen Jahren wurde endlich wieder ein Maifisch im Rhein gefangen, der nicht zuvor ausgesetzt worden war; er hat sich also selbstständig vermehrt. Damit leben im Rhein wieder rund 50 verschiedene Fischarten, die zeigen, wie erfolgreich in den vergangenen Jahrzehnten die Wasserqualität und die Lebensbedingungen für die Tiere verbessert wurden.

Viele der Anfang der 1970er Jahre ausgestorbenen Fische sind zurückgekehrt, darunter der Lachs, die Flunder, die Meerforelle und das Flußneunauge. Aber nicht nur früher verschwundene Tiere leben wieder im Rhein, es haben sich auch viele gebietsfremde Fische, so genannte Neozoen, angesiedelt. Begünstigt wurde dies besonders durch den Bau des Rhein-Main-Donau-Kanals, der vor rund 20 Jahren fertig gestellt wurde und seitdem eine Verbindung zwischen Nordsee und Schwarzem Meer herstellt.

Aus dem Schwarzen Meer sind vor allem Tiere der Familie der Grundeln über Donau und Main in den Rhein eingewandert. Die rund zehn Zentimeter großen Tiere breiten sich rasch aus. "Wir wissen noch nicht, wie sich das auf die Tierwelt auswirken wird. Die Universität Köln untersucht das im Moment. Klar ist, dass dort, wo es viele Grundeln gibt, weniger Nahrung für andere Arten vorhanden ist", sagt Ludwig Steinberg vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv).

Nicht die Konkurrenz, sondern die schlechte Wasserqualität war aber früher der Hauptgrund für das Verschwinden vieler Fischarten. Bis in die 1970er Jahre war es fast überall üblich, das Abwasser ungeklärt in den Strom zu leiten. "Der Rhein wandelte sich vom Fischgewässer zum Abwasserkanal", sagt Steinberg. Die empfindlichen Arten verschwanden sofort. Wurden noch 1949 fast 12 000 Kilogramm Aal im Rhein gefangen, waren es 1963 nur noch 1700 Kilogramm. Nur die gegen Wasserverschmutzung relativ unempfindlichen Arten wie Rotauge, Brassen und Hasel überlebten die dreckige und wenig nährstoffreiche Brühe. Zeitweise machten diese drei Arten mehr als 80 Prozent der Fischbestände aus.

Der Tiefpunkt der Verschmutzung war 1969 erreicht, als durch hoch giftiges Schädlingsbekämpfungsmittel innerhalb einiger Tage rund 40 Millionen Fische zwischen Bingen und den Niederlanden starben. Danach setzte bei den Rhein-Anliegern ein Umdenken ein. Neue rechtliche Vorgaben brachten Großkonzerne und Kommunen dazu, Kläranlagen zu bauen.

Eine weitere ökologische Katastrophe, der Brand beim Baseler Chemiekonzern Sandoz 1986, bei dem durch Löschwasser der Rhein verseucht wurde, führte zum Aktionsprogramm Rhein. "Das Ökosystem des Rheins soll in einen Zustand versetzt werden, bei dem heute verschwundene, aber früher vorhandene Arten (zum Beispiel der Lachs) im Rhein wieder heimisch werden können", heißt es zu den Zielen des Programms.

Nicht mehr nur die Wasserqualität, sondern auch das Lebensumfeld der Tiere sollte durch Renaturierungsmaßnahmen verbessert werden. Denn die Begradigung des Stroms und der Bau von Barrieren wie Wehren und Turbinenanlagen, welche die Fische nicht überwinden können, hatten ebenfalls zu einer drastischen Abnahme der Arten geführt. Fische, die zum Laichen die Ströme hochwandern, konnten ihre angestammten Plätze nicht mehr erreichen. Die Vermehrung blieb somit aus.

Inzwischen gibt es an solchen Stellen immer häufiger Fischtreppen. Noch ist aber nicht an allen Stellen ein Durchkommen für die Wanderfische gewährleistet. Das Wanderfischprogramm des Landes NRW sieht hier noch Handlungsbedarf. Dennoch: "Der Rhein hat sich positiv entwickelt", sagt Steinberg. Bis auf den Stör und die Heringsart Finte sind alle Tiere zurückgekehrt oder wurden durch aufwendige Zuchtprogramme neu angesiedelt. Mehrere Millionen Larven des Maifischs mussten beispielsweise dafür über mehrere Jahre ausgesetzt werden, bis sich endlich der Erfolg einstellte. Inzwischen können auch alle Fische aus dem Rhein wieder verspeist werden. Die vorhandenen Rückstände wie Dioxin und von Medikamenten im Körper der Fische sind nicht lebensbedrohlich.

Nur beim Aal gibt es keine Verzehrempfehlung, da sich in seinem fettreichen Körper mehr Giftstoffe als bei anderen Tieren ablagern. "Von Natur aus giftige Fische gibt es bei uns nicht. Lediglich rohes Aalblut und der Laich und das Bauchfleisch der Barbe zur Laichzeit sind unverträglich und verursachen Übelkeit", sagt Steinberg.

(gre)
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