Serie "Unser Rhein" Kohle gesucht, "weißes Gold" gefunden

Kleve · In Rheinberg-Borth wird seit 90 Jahren Steinsalz aus der Tiefe geholt. Per Bahn rollt es zur Verladestelle Momm am Rhein.

Düsseldorf aus der Luft
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Foto: Stadt Düsseldorf/ Kurt Nellessen

Eine kleine rote Diesellok zieht eine lange Reihe brauner Waggons über die Schienen parallel zum Rhein. Darin das "weiße Gold" des Niederrheins. Steinsalz. Im Rheinberger Stadtteil Borth gefördert. Im Steinsalzbergwerk der European Salt Company (esco). Dem einzigen in Nordrhein-Westfalen. Von dort wird es über eine Werksbahntrasse zur Verladestelle Momm bei Ossenberg transportiert. Noch.

Ab Januar 2015 wird die Weseler Traditionsfirma Hülskens jährlich gut 300.000 Tonnen, die bisher in Ossenberg auf Binnenschiffe verladen wurden, im Weseler Stadthafen umschlagen. Schon heute findet der größere Teil der esco-Förderung auf der Straße den Weg zum Kunden.

Sie stammt aus einer mächtigen Salzlagerstätte, die vor über 200 Millionen Jahren entstand. Damals schwappten die Wellen eines Binnenmeeres über die Senken des Niederrheins. 1897 stieß ein Bohrtrupp nahe Budberg bei der Suche nach Kohle auf diesen Schatz, der in Borth in einer Tiefe von 700 bis 1000 Metern liegt. Die Nachricht vom Salzfund ließ die Solvay-Marktstrategen aufhorchen. Sie wussten, dass Salz mehr war als ein wichtiges Lebensmittel. Sie hatten das Know-how, das es zum bedeutenden Industrie-Rohstoff machte.

Der Bau des Borther Salzschachtes begann 1906. Mit Handschaufeln. Auf freier Wiese wurde ein fünf Meter tiefer Vorschacht von 12,8 Meter Durchmesser ausgehoben. Kältemaschinen sorgten dafür, dass sich rings um den Schacht zur Stabilisierung des Erdreichs ein Frostmantel legte. Die Idee war gut, konnte aber nicht alle Schwierigkeiten ausräumen: Schon in 30 Meter Tiefe gab es den ersten Wassereinbruch. Im Mai 1909 hatten sich die Schachtbauer bis auf 330 Meter vorgearbeitet, Ende 1910 waren 375 Meter erreicht. Es dauerte elf Jahre, bis man bei 558 Meter auf Steinsalz stieß. Immer wieder brachten Wassereinbrüche die Arbeiten zum Stillstand. Die Endteufe von 820 Metern wurde am 21. April 1925 erreicht. Die regelmäßige Förderung begann 1926. Dazu werden in die rund 200 Meter mächtige Salzschicht Kammern von bis zu 600 Meter Länge, 24 Meter Breite und 18 Meter Höhe gesprengt, um das "weiße Gold" zu gewinnen. Bis zur Jahrtausendwende waren annähernd 130 Millionen Tonnen Salz aus dem Bergwerk gefördert worden.

Die Marketingstrategen haben eine Vielzahl von Verwendungszwecken ausgetüftelt. Da ist zum einen das Auftausalz - ein Geschäft mit erheblicher Schwankungsbreite: Bei strengem Frost stehen die Lastzüge der Winterdienste vor dem Werktor Schlange und reißen den Borthern die Förderung quasi aus den Händen; die Kehrseite der Medaille: Fällt der Winter einmal aus, wird das Streusalz höchstens in den Depots eingelagert. Aber mit der Förderung aus Borth kann man ja auch noch Speisen würzen, Fisch und Fleisch konservieren und mancherlei in der Industrie tun. Etwa bei der Soda-Produktion. Insoweit war der Borther Schacht gleichsam "Geburtshelfer" für die Solvay-Fabrik im benachbarten Ossenberg.

Vor gut drei Jahren begann der Konzern K+S, zu dem das Bergwerk Borth seit 2002 gehört, mit dem Ausbau der Sparte "Pharmasalz": Für vier Millionen Euro wurde eine neue Siloanlage gebaut. Um die 330 Arbeitsplätze im Werk (Stand Ende 2013) zu sichern, will esco stärker auf stabile Segmente setzen. Pharmasalz und Wasserenthärtungssalze beispielsweise oder auch Futtermittelsalz.

(RP)
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