Serie "Unser Rhein" Touristen lieben die kleine Piwipper Fähre

Langenfeld · An den warmen Sommerwochenenden im Juli und August hat das Piwipper Böötchen Hochkonjunktur. Dann setzen viele Familien mit Kinderwagen oder Fahrradanhänger an der Marienkapelle auf die Dormagener Seite über, um in der Dorfgastschenke Haus Piwipp Kaffee und Erfrischungen zu genießen.

 Rheinaue Worringen gegenüber Monheim

Rheinaue Worringen gegenüber Monheim

Foto: Stephan Kaluza

Radler nutzen das kleine Schiff, weil sie die Rundtour nach Zons und am Fluss entlang abkürzen möchten und statt in Langel an der Piwipp übersetzen. "Wir können auch Senioren im Rollstuhl oder mit Rollatoren befördern", sagt Heiner Müller-Krumbhaar, Vorsitzender des Vereins Piwipper Böötchen. Über 10 000 Fahrgäste registrierte er in diesem Jahr bereits von April bis Anfang Juli. Im vergangenen Jahr nutzten 25 000 Menschen die Verbindung von Monheim nach Dormagen. "Auch für 2014 rechnen wir mit ähnlichem Zuspruch", sagt er und stellt fest: "Das sind verlässliche Zahlen. Das Böötchen ist etabliert". Die Mund-zu-Mund-Propaganda bewirke ihr Übriges. "Teilweise kommen die Menschen von weit her." Das ehemalige Fahrgastschiff "Ruhrstahl" kann maximal 25 Personen plus Fahrräder befördern. Damit über den Rhein zu schippern, das sei schon ein ganz anderes Gefühl, als mit der großen Autofähre in Baumberg oder Hitdorf überzusetzen, merkt Müller-Krumbhaar an. "Man spürt den Fluss ganz anders und ist dem Wasser näher."

 An den Wochenenden setzten viele Radfahrer von Monheim auf die Dormagener Seite über.

An den Wochenenden setzten viele Radfahrer von Monheim auf die Dormagener Seite über.

Foto: Matzerath

Im April 2010 hatte sich der Verein "Piwipper Böötchen" gegründet. Federführend waren damals der umtriebige Chef der Paniker, Emil Drösser, und Heiner Müller-Krumbhaar, Schwiegersohn des ehemaligen Heimatvereinsvorsitzenden Hans-Kurt Peters. Beide arbeiten auch weiterhin im Vorstand. Ihr Ziel damals war es, die alte Fährverbindung, die 1977 aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt worden war, wieder aufleben zu lassen. Dank zahlreicher und potenter Unterstützer ist das Unterfangen gelungen. "Wir sind zwar weiterhin auf Spenden angewiesen und haben noch 20 000 Euro Schulden", sagt der Vorsitzende. Doch in ein bis zwei Jahren hoffe man, sei die Summe abgetragen. Taufpate der "Piwipp" war im September 2012 übrigens Patrick Schwarz-Schütte, dessen Vater Rolf Schirmherr des Vereins ist.

Das Böötchen fährt von April bis 12. Oktober immer samstags, sonntags und an Feiertagen von 10.30 bis 18 Uhr. Zwei Euro zahlen Erwachsene (mit oder ohne Rad), Kinder bis 14 Jahre zahlen einen Euro, Kleinkinder dürfen kostenlos mitfahren. Das Böötchen ist vielseitig nutzbar. Neben den regulären Fährüberfahrten können Familienausflüge und Geburtstage gebucht werden. Auch heiraten ist auf dem Rhein möglich. Als erstes Paar gaben sich im März 2013 Julia Schneider und Heinz Eichstädt auf der Fähre das Ja-Wort.

Schiffsführer Wolfgang Hoffmann bringt das Böötchen sicher auf die andere Seite. Er sei zwar die meiste Zeit im Einsatz, werde aber von drei weiteren Schiffsführern unterstützt, so Müller-Krumbhaar. Diese Berufsbezeichnung werde auf dem Fluss verwendet. Ein Kapitän - wie Hoffmann oft angesprochen wird - hingegen steuere beispielsweise ein Kreuzfahrtschiff auf dem Ozean. Seine beiden Söhne, die den Verein bereits ehrenamtlich mit ihrem technischen Know-how unterstützen, erwerben die notwendigen Patente, um vielleicht später einmal die "Piwipp" steuern zu können. Das sei zunächst eine Option, denn der Vater werde auch in den kommenden Jahren aktiv am Steuer stehen, betont Müller-Krumbhaar.

Unfälle habe es mit dem Böötchen seit Betriebsbeginn zum Glück noch nicht gegeben. Jedoch bereite dem Team in dieser Saison das Niedrigwasser des Rheins Probleme. "Wenn der Kölner Pegel wie Anfang Juli unter zwei Meter fällt, müssen wir über die Kribben ablegen." 34 ehrenamtliche Fährhelfer kassieren im Wechsel bei der Überfahrt. "Das ist zwar ein anstrengender, aber auch ein schöner Job", glaubt Müller-Krumbhaar. "Man trifft den ganzen Tag nur auf freundliche und gut gelaunte Gäste." Der Vereinsvorsitzende sieht den Plänen der Stadt, 20 Meter vom Stromkilometer 714 entfernt einen großen Anleger bauen zu wollen, "erwartungsvoll" entgegen. Der soll für große Schiffe ausgelegt sein, das Feuerwehrboot könne dort liegen und auch Gastanleger hätten neben dem Böötchen genug Platz. Mit der Fertigstellung wird laut Chefplaner Thomas Waters 2015 gerechnet. Die Abstimmungen mit dem Schifffahrtsamt in Köln und der Bezirksregierung Düsseldorf sind angestoßen. Für die Tourismus-Marke "Neanderland" wäre die Anlegestelle ein Gewinn.

Und noch einen Grund zur Freude hat Müller Krumbhaar, auch wenn der Anlass eigentlich ein trauriger ist. Mit dem Jahr 2017 rücke die Gelegenheit näher, eine 800-Jahr-Feier anlässlich der Ersterwähnung der Monheimer Schifffahrt auszurichten. Am 5. Juni 1217, hat der Vorsitzende anhand einer Transcription und Urkundenübersetzung herausgefunden, sei ein Kreuzfahrerschiff aus Monheim an den Klippen bei Brest gesunken.

(RP)
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