Neuss Wie der Rhein die Architektur am Ufer prägt

Neuss · In der Kita St. Martinus, im Restaurant Rheinterrasse und im Pfarrheim St. Cyriakus hat der Fluss Einfluss auf die dortige Architektur.

Neuss: Wie der Rhein die Architektur am Ufer prägt
Foto: Linda Hammer

Die kleinen Bewohner der "Grünen Gruppe" haben die beste Aussicht: Vom frisch gedeckten Frühstückstisch aus schauen die Zwei- bis Sechsjährigen der Kita St. Martinus in Uedesheim direkt auf ihr Piratenschiff - und das fließende Wasser im Hintergrund.

"Wir haben alles zum Rhein hin geöffnet", erklärt Rudolf Welzel vom Neusser Architekturbüro "r2w". Er hat den Neubau des Kindergartens mit der wohl schönsten Aussicht in ganz Neuss auf einem Grundstück direkt an der Martinuskirche, wo vorher die Kapläne der Gemeinde mit Rheinblick wohnten, geplant. Nach einer nur zehnmonatigen Bauzeit konnten die rund 50 Kinder im August 2012 ihr Piratenschiff zwischen Kita und Rheinufer in Beschlag nehmen.

"Der Rhein ist immer präsent, nicht nur draußen, sondern auch drinnen", sagt Martina Kamp, geschäftsführende Vorsitzende des Kirchenvorstands von St. Martinus. Damit spielt die 52-Jährige, die den 1,45 Millionen Euro teuren Neubau des Pfarrzentrums betreut hat, auf den sandfarbenen Boden an, der wie Rheinstrand aussieht. Dazu gibt es eine gelochte "Blubberdecke", Garderoben in Wellenform, eine Wasserlandschaft im Bad, ein riesiges Bullauge und das Highlight - ein großes Spielschiff mit Mast, Steuerrad und Kommandobrücke, von der aus die kleinen Piraten auf den Rhein schauen und auf die Weltmeere hinaussegeln - zumindest im Spiel. "Die Kinder haben den Bau begleitet und gesehen, wie ihre neue Kita am Rhein entsteht - so haben sie sich hier gleich wohlgefühlt", erzählt Kamp.

Auch die Jugendlichen und Erwachsenen der Gemeinde schätzen die schöne Aussicht und die Nähe zum Fluss. Im Pfarrsaal oder auf der Dachterrasse im ersten Stock genießen etwa die Senioren der Pfarrei einen Kaffee oder lauschen einem Vortrag - selbstverständlich mit Rheinblick. "Fließendes Wasser beruhigt - das merkt man den Kindern und Erwachsenen an, die sich hier aufhalten", sagt Kamp über die gelungene Einbindung des Flusses ins Gemeindeleben.

Restaurantpächter Zoran Samardzic bekam das Geplätscher des Rheins, das Kreischen der Möwen und das Hupen der Schiffssirenen gratis dazu, als er sich vor etwas mehr als zwei Jahren dazu entschloss, die Rheinterrasse zu übernehmen. In dem Uedesheimer Restaurant in Form eines großen weißen Schiffes, das vor Samardzics Übernahme viele Monate leer stand, bekommen die Gäste neben kulinarischen Highlights echtes Urlaubsfeeling serviert: "Das Restaurant ist etwas ganz Besonderes", sagt Samardzic, der aus Kroatien stammt und lange das Restaurant "Alter Bahnhof" in Nievenheim führte. "Die traumhafte Aussicht verändert sich hier ständig, durch die vorbeifahrenden Schiffe und das Fließen des Wassers." Im Sommer strömen sonntags die Ausflügler in Scharen auf die beiden Terrassen am Bug und Heck des Schiffes oder sitzen auf einer Holzbank an der Reling mit Blick aufs Wasser. "Bei Kaffee und Kuchen oder frischem Spargel aus der Region lassen sie sich "einfach treiben", sagt Samardzic.

Ganz so "relaxed" kann sich Rita Justenhoven-Ockermann in Grimlinghausen dem Flussgeschehen nicht hingeben. Schließlich muss sie an ihrem Schreibtisch mit Rheinblick ihre Büroarbeit erledigen. "Trotzdem schaue ich gerne auf den Rhein - das macht den Blick weit und inspiriert mich", sagt die Gemeindereferentin des Pfarrverbands "Rund um die Erftmündung", die im Pfarrhaus von St. Cyriakus an der Rheinuferstraße lebt und arbeitet. Vor etwa 80 Jahren habe sich der damalige Pfarrer Werner Pütz schräg gegenüber dem Pfarrheim einst sogar sein ganz persönliches Badehäuschen bauen lassen, erzählt Justenhoven-Ockermann. Überhaupt genoss der Grimlinghausener um 1920 gerne ein Bad im Rhein. Heute ist das ganz anders. Dennoch genießt Rita Justenhoven-Ockermann die Aussicht auf den Fluss - auch wenn sie selbst nicht gerne mit dem Schiff fährt. "Ich schaue dem Fluss nur gerne vom Fenster aus zu. Er ist meine Heimat", sagt die dreifache Mutter.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort