Milliarden-Projekt RRX: Bahn-Konkurrenten gewinnen Riesenauftrag für NRW

Gelsenkirchen/Düsseldorf · Die Deutsche Bahn hat einen großen Auftrag im deutschen Regionalverkehr an die Konkurrenz verloren: Von 2018 an sollen fünf stark genutzte Regionallinien zwischen Aachen, Köln und dem Ruhrgebiet von dem britischen Privat-Bahnunternehmen National Express und Abellio Rail NRW, einer Tochter der niederländischen Staatsbahn, betrieben werden.

 Die Computerzeichnung zeigt ein geplantes Siemens-Modell des RRX-Zuges. Der Bahnverkehr in NRW soll mit schnelleren Zügen und neuen Gleisen modernisiert werden.

Die Computerzeichnung zeigt ein geplantes Siemens-Modell des RRX-Zuges. Der Bahnverkehr in NRW soll mit schnelleren Zügen und neuen Gleisen modernisiert werden.

Foto: dpa, mg

Das haben die zuständigen Verkehrsverbünde am Dienstag nach einer europaweiten Ausschreibung beschlossen. Bisher fährt die Bahn auf den Strecken, sie hatte sich auch an der neuen Ausschreibung beteiligt. Die neuen Verträge gelten für 15 Jahre. Gegen die Vergabeentscheidung ist innerhalb von zehn Tagen Einspruch möglich. "Wir waren auf Grund unserer Personalkosten bei dieser Ausschreibung auf den hintersten Plätzen", sagte eine Bahn-Sprecherin dazu. "Ein Einspruch vor der Vergabekammer wäre allein aus diesem Grund kaum sinnvoll." Die Verkehrsverbünde erklärten dagegen, nicht die Personal-, sondern unterschiedliche Energiekostenansätze hätten den Ausschlag gegeben.

Bei der Bahn sind 750 bis 800 Mitarbeiter betroffen. Sie werden aber nicht arbeitslos. Ihnen würden andere Arbeitsplätze bei der Bahn angeboten, sagte eine Sprecherin. Für viele bedeute das allerdings, dass sie NRW verlassen müssen. Außerdem werde die Bahn sich bemühen, den Beschäftigten Arbeitsplätze möglicherweise bei den siegreichen Wettbewerbern zu sichern. Auch die Verkehrsverbünde appellierten an bisherige und künftige Betreiber, ihr Personal auszutauschen.

Der Nahverkehr an Rhein und Ruhr soll in den nächsten Jahren unter dem Stichwort "Rhein-Ruhr-Express" (RRX) mit schnelleren Zügen und zusätzlichen Gleisen für Milliarden Euro beschleunigt und modernisiert werden. Für den Bau und die Wartung der neuen Züge hat bereits Siemens den Zuschlag bekommen, den Schienenausbau übernimmt die Bahn. National Express und Abellio als Betreiber der Linien stellen Lokführer und Zugbegleiter und übernehmen das unternehmerische Risiko.

Im Vorfeld der Entscheidung hatte die Bahn der NRW-Landesregierung vorgeworfen, die Bahn-Mitarbeiter hängen gelassen zu haben. Die Landesregierung hätte den neuen Betreibern die Übernahme des Bahn-Personals über das Tariftreuegesetz vorschreiben können.

Im einzelnen geht es um die Regionallinien 4 (Aachen-Dortmund), 5 (Koblenz-Wesel) und 6 (Köln/Bonn-Minden), die an National Express gehen. Abellio übernimmt die RE 1 (Aachen-Hamm) und RE 11 (Düsseldorf-Hamm mit Weiterfahrt nach Kassel). National Express übernimmt dabei mit 8,4 Millionen Zugkilometern mehr als die Hälfte des Gesamtauftrages.

"Es werden nicht Stellen abgebaut, sondern es werden mehr Jobs", sagte National-Express-Geschäftsführer Tobias Richter. Das ergebe sich allein dadurch, dass künftig mehr Zugbegleiter in den Zügen eingesetzt werden müssten. National Express führe derzeit Verhandlungen mit der Lokführergewerkschaft GDL über einen Tarifvertrag und werde jüngere Lokführer auf demselben Niveau bezahlen wie bei der Bahn. Ältere Lokführer teils mit Beamtenverträgen könnten im Falle einer Einstellung jedoch nicht mit einer so hohen Bezahlung rechnen wie bisher.

Auch ein Abellio-Sprecher zeigte sich überzeugt, dass sein Unternehmen rechtzeitig genug Lokführer und Zugbegleiter finden werde. Der Abellio-Deutschland-Chef Stephan Krenz kündigte an, in NRW "ein absolutes Premiumprodukt auf die Schiene zu setzen".

Bereits im Frühjahr hatte eine Ausschreibungsniederlage der Bahn Schlagzeilen gemacht: Dabei hatte ebenfalls National Express den Betrieb des Nürnberger S-Bahn-Verkehrs und damit erstmals ein komplettes Großstadtnetz für sich entschieden. Gegen diese Entscheidung hatte die Bahn erfolgreich Widerspruch eingelegt. Nun liegt der Fall beim Oberlandesgericht München, das im Juli entscheiden soll.

National Express-Chef Richter wollte nach dieser Erfahrung am Dienstag den Ausschreibungssieg noch nicht feiern: "Wir sind Nürnberg-geschädigt. Der Sekt bleibt zu."

(dpa)
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